Brenda Joyce
strich ihr rosafarbenes Kleid glatt.
»Wie lange arbeitest du schon hier?«, fragte sie.
Dawn nahm anmutig auf dem Sofa Platz, wobei
die Strumpfbänder an ihren Schenkeln sichtbar wurden. »Ungefähr ein Jahr. Es
ist ganz angenehm hier. Die meisten Frauen sind nett und wetteifern nicht so
furchtbar miteinander«, sagte sie.
»Wetteifern?«, wäre es Francesca beinahe herausgerutscht, doch sie
konnte sich gerade noch bremsen.
»Man weiß natürlich nie, wie so
ein Abend verläuft. Einige der Gäste haben recht eigenartige Wünsche«, fuhr
sie fort und warf Francesca einen verschmitzten Blick zu. »Du wirkst so
damenhaft. Du wirst bestimmt sehr beliebt sein.«
»Das will ich hoffen«, brachte
Francesca heraus.
»Kürzlich hatten wir einen spanischen Prinzen hier«, fuhr Dawn
fort, als hätte sie Francesca gar nicht gehört. »Der hat so gut
ausgesehen! Ich habe inständig gehofft, dass er mich auswählen würde – und das
hat er auch getan! Mich und fünf andere Frauen. Er war einfach unersättlich,
Emerald.
Aber natürlich hat er einen Schwanzring benutzt.« Sie verzog das
Gesicht.
Francesca brachte mit größter Anstrengung ein Lächeln zustande.
Einen Schwanzring?
»Es dauerte drei Tage, bis er müde wurde. Aber wir haben dabei
alle ein Vermögen verdient, denn Madame Marceaux hat ihm zehntausend Dollar für
die Orgie berechnet, weil wir alle so erschöpft und wund waren.«
»Das ist eine Menge Geld«, flüsterte Francesca, die befürchtete,
dass ihre Wangen glühten. Was war ein Schwanzring? Sie würde Calder danach
fragen – nur dass sie nicht mehr mit ihm redete. Sie rief sich in Erinnerung,
dass sie Informationen benötigte. »Wie ist es, für Madame Marceaux zu
arbeiten?« Dawn zuckte mit den Schultern. »Aber mein Lieblingsfreier war
dieser Junge. Es war sein fünfzehnter Geburtstag. Sein Vater brachte ihn her,
und seine Wahl fiel auf mich. Keine Kniffe, keine Raffinessen, keine
Hilfsmittel. Er war auch noch gut gebaut und konnte die ganze Nacht. Ich muss
schon sagen, ich bin noch nie so oft gekommen.« Sie warf Francesca einen
verführerischen Blick zu.
»Ich bin froh, dass Madame Marceaux mir die Möglichkeit gibt,
hier zu arbeiten«, sagte Francesca. Inzwischen war ihr klar geworden, dass sie
sich auf etwas eingelassen hatte, dem sie nicht gewachsen war.
»Sie hat ein gutes Händchen bei der Wahl ihrer Damen der Nacht«,
hauchte Dawn. »Du bist so wunderschön. Du wirst gut fürs Geschäft sein.«
»Sie scheint eine sehr tüchtige Geschäftsfrau zu sein«, erwiderte
Francesca.
»Versuch sie ja nicht zu betrügen«, mahnte Dawn lachend. »Dann
wirst du hier nicht lange bleiben.«
Francesca zuckte innerlich zusammen – Schwindeln und Lügen galten
doch zweifellos als Betrug? »Wie lange leitet sie denn dieses Etablissement
schon?«
»Keine Ahnung.« Dawn, die dicht neben Francesca Platz genommen
hatte, setzte sich gerader hin. »Interessierst du dich für Solange, Emerald?«
»Wie bitte?«, entfuhr es Francesca.
»Oh.« Dawn lachte. »Ich dachte, dass du vielleicht ...« Sie
verstummte und strich leicht über Francescas Hand.
»Ich bin nur an einem guten Arbeitsverhältnis mit ihr interessiert.«
Dawn lächelte. »Lass uns ein Glas Wein trinken.« Sie erhob sich,
wobei ihr Morgenrock aufschlug und ihre nackten, vollen Brüste sichtbar wurden.
Francesca blickte rasch zur Seite. »Sie scheint sehr fair zu
sein«, sagte sie unsicher.
Dawn hatte eine Flasche weißen Burgunder aus einem Weinkühler
gezogen. Sie zuckte die Schultern. »Ich vergöttere unsere Madame. Wir alle tun
das.«
Francesca hatte das Gefühl, dass eher das Gegenteil der Fall war.
Ganz offensichtlich hatte Dawn nicht den Wunsch, über ihre Arbeitgeberin zu
reden. »Empfängt sie auch Freier?«, erkundigte sich Francesca neugierig, denn
sie erinnerte sich daran, dass Calder ihr vorgeschlagen hatte, ihn zu unterhalten,
indem sie mit Rose schlief.
Dawn wandte sich ihr zu, in jeder Hand ein Glas Weißwein.
»Selten«, antwortete sie knapp.
Francesca entschied sich, das Themas zu wechseln, ehe sie sich mit
ihren Fragen verdächtig machte. »Dürfen wir denn Alkohol zu uns nehmen?«,
fragte sie.
»Solange wir uns nicht betrinken«, erwiderte
Dawn, reichte ihr ein Glas und ließ die Hand anschließend über Francescas
Schulter gleiten. »Madame Marceaux zieht Alkohol den Drogen vor. Sie mag es,
wenn wir keine Hemmungen haben.« Sie ließ die Hand, die beinahe zärtlich über
Francescas Schulter gestrichen hatte, sinken.
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