Brenda Joyce
zu sein. Ich
möchte dich damit nicht verletzen, Francesca. Ich weiß sehr wohl, wie nahe du
und Bragg einander steht, aber ich finde nicht, dass du die
Richtige für ihn bist.«
Francesca sah sie verstimmt an. »Vor einem
Monat noch hätten mir deine Worte wehgetan, aber heute nicht mehr. Ich habe nur
Angst, dass diese Sache mit Calder viel zu überstürzt geschieht und mir völlig
entgleitet. Es ist beinahe so, als würde man in einer Kutsche mit
Höchstgeschwindigkeit dahinrasen, während man in Wahrheit lieber die Bremsen
betätigen würde.«
»Ich glaube, dass Hart dich vergöttert, und
die Tatsache, dass er dich heiraten möchte, anstatt dich zu verführen, sagt
doch eigentlich schon alles, oder nicht?« Sarah lächelte. »Also, was hat er dir
über seine Vorstellungen bezüglich des Porträts gesagt?«
Francesca tätschelte ihr den Rücken. »Es macht mir nichts aus,
nackt zu posieren.«
Sarah schrie entzückt auf. »Ich habe seit dem
Kunstunterricht in Paris keinen Akt mehr gemalt. Ich bin furchtbar aufgeregt.
Es wird wunderbar werden, und ich verspreche dir, dass wir alles bedecken
werden, was bedeckt gehört.«
Francesca lächelte verschmitzt, kreuzte die Beine,
hielt sich einen Arm vor die Brüste und fragte: »Soll ich einen Schal oder eine
Nerzstola baumeln lassen?«
Sarah lachte. »Das wäre ein wenig klischeehaft, findest du nicht?
Du kannst dich hinter dem Wandschirm entkleiden und den Morgenmantel
überziehen.«
Francesca tat, wie ihr geheißen. Dabei stieg
eine prickelnde Erregung in ihr auf. Sie posierte nackt für Hart! Der Gedanke
weckte ein Verlangen in ihr, das in diesem Augenblick gänzlich unpassend war.
Während sie ihr Korsett auszog, fragte sie: »Soll ich auch mein Haar öffnen?
Ich warne dich, ich werde gleich nicht mehr
züchtig aussehen.«
Sarah lachte. »Das sollst du ja auch gar
nicht, meine Liebe. Und nein, ich fände es besser, wenn du dein Haar aufgesteckt
lässt. Außerdem habe ich mir überlegt, dass du eine enganliegende Kette tragen
solltest. Am besten eine Perlenkette mit Diamanten. Meine Mutter besitzt eine,
die wir ausleihen könnten, wenn es so weit ist.«
»Wie du meinst«, willigte Francesca ein und schlüpfte in den
seidenen Jacquardkimono. Als der Stoff ihre nackte Haut liebkoste, lief ihr ein
wohliger Schauer über den Rücken und die Beine hinunter. Sie trat hinter dem
Wandschirm hervor. »Jedes Gemälde erzählt eine Geschichte, Francesca, und in
dieser Geschichte bist du gerade von einem Ball nach Hause gekommen und wartest
auf deinen frisch angetrauten Ehemann«, erklärte Sarah und führte sie zu einer
smaragdgrünen Chaiselongue, an deren Kopfteil mehrere Kissen lagen.
Francesca
spürte, wie sich das Prickeln verstärkte. »Und wer erzählt diese Geschichte, Sarah? Du oder Calder?«
»Ich, denn ich bin die Malerin«, erwiderte
Sarah fröhlich. »Entkleide dich noch nicht. Versuche erst einmal, eine bequeme
Position zu finden. Vielleicht auf der Seite, das Gesicht mir zugewandt und
die Schenkel gekreuzt, so wie du es eben im
Stehen getan hast.«
Francesca streckte sich auf der Chaiselongue
aus, lehnte sich in die Kissen und posierte, so gut sie es vermochte. Nachdem
sie ihre Beine übereinandergeschlagen und ihren Arm über ihre Brüste gelegt
hatte, fand sie, damit sei wohl genug verdeckt.
Sarah
jedoch runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Diese Pose ist mehr als klassisch, ihr fehlt jede Originalität.
Wir sollten uns etwas Besseres einfallen lassen. Setz dich auf, Francesca, halb
mit dem Rücken zu mir.«
Francesca gehorchte und blickte sich über die Schulter neugierig
zu Sarah um.
Die junge Malerin lächelte zustimmend.
»Genau. Jetzt noch ein bisschen weiter nach rechts. Ich würde deine Brust gern
im Profil sehen. Ja, das ist gut. Und jetzt setzt du einen Fuß auf den Boden
und winkelst das andere Bein an – ist das zu unbequem?«
»Ich weiß es noch nicht«, gab Francesca zurück, amüsiert über
Sarahs Eifer und zugleich selbst aufgeregt. Das hier erwies sich überraschenderweise als der perfekte Abschluss eines überaus
interessanten Tages. Sie konnte es kaum erwarten, Hart das fertige Porträt zu
zeigen.
»Ich glaube, das ist es. Jetzt bleib so – ich
helfe dir mit dem Kimono!«, rief Sarah. Sie eilte auf Francesca zu und half ihr
aus dem Kleidungsstück, wobei sie sie immer wieder ermahnte, sich nicht mehr
zu bewegen.
Francesca konnte sich nicht vorstellen, wie diese Pose in dem
Gemälde wirken würde. »Sieht es auch
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