Brenda Joyce
riesigen,
lavendelfarbenen Schleife. Die Robe wäre
selbst an der schönsten, verführerischsten aller Frauen eine Katastrophe
gewesen, doch an Sarah Channing wirkte sie einfach nur lächerlich. Francesca
hatte spontan Mitleid mit der jungen Frau.
»Miss Channing und ich haben uns neulich bei
Sherry's kennen gelernt«, sagte Evan lächelnd. »Ich aß mit einem Freund zu
Mittag, und sie dinierte dort mit ihrer Mutter.«
Francesca hatte angenommen, dass die atemberaubende Brünette neben
Sarah Channing das Interesse ihres Bruders geweckt
habe, und sie spürte, wie ihr vor Verblüffung der Mund offen stehen blieb. Doch
es gelang ihr, ihre Gesichtszüge rasch wieder unter Kontrolle zu bekommen.
»Ein wundervolles Restaurant«, brachte sie hervor und blickte die junge Frau
überrascht an, die bisher noch kein Wort gesprochen hatte und die, wie sich
Francesca eingestehen musste, für einen Mann wie ihren Bruder ziemlich
gewöhnlich war. Sarah lächelte flüchtig.
»Ich habe
schon des Öfteren dort gegessen«, fuhr Francesca höflich
fort, in der Hoffnung, Sarah aus der Reserve zu locken.
»Wirklich?«,
erwiderte Sarah leise.
»Es ist
das beste Restaurant der Stadt«, schwärmte die Brünette mit den erstaunlich
grünen Augen und der noch erstaunlicheren Figur. Francesca glaubte sich zu
erinnern, dass es Miss Berlendt war. Sie war genau der Typ Frau, mit dem ihr
Bruder für gewöhnlich flirtete, doch Evan hatte kaum einen Blick für sie übrig.
»Ich liebe das Sherry's auch«, stimmte Miss Marcus, die hübsche
Blondine, zu. »Neulich haben Mama und ich dort nach dem Einkaufen gegessen. Hatte übrigens schon jemand Gelegenheit,
sich die Sonderangebote bei Macy's anzusehen? Ich habe mir dort gestern ganz wundervolle
Ziegenlederhandschuhe und eine fabelhafte Gesichtscreme gekauft.«
Von nun an drehte sich das Gesprächsthema der beiden Freundinnen
nur noch um einige der exklusivsten Kaufhäuser
der Stadt – das Macy's, Lord und Taylor's und Bergdorf Goodman. Evan beugte den Kopf zu Sarah hinunter
und fragte sie, ob er sie in den Ballsaal hinaufbegleiten dürfe.
Obwohl Francesca wusste, dass es sich nicht
gehörte zu lauschen, blendete sie das Geplapper der beiden jungen Frauen aus
und spitzte die Ohren, um mitzubekommen, was ihr Bruder sagte.
Sarah schaute nur kurz zu Evan auf und schlug dann gleich wieder
die Augen nieder. Sie war ganz offensichtlich schüchtern. »Gewiss«, sagte sie
leise.
Francesca mochte ihren Augen und Ohren kaum trauen und fragte sich
überrascht, ob ihr Bruder wohl ernsthafte Gefühle für diese Sarah Channing
hegte. Evan hatte bereits Sarahs Arm genommen.
»Wir gehen nach oben. Wer Lust hat, kann sich
uns anschließen«, sagte er. Dann zögerte er einen Moment lang, bevor er
fortfuhr: »Fran, warum besuchst du Sarah nicht einmal?«
»Nun ...«,
stammelte Francesca und blinzelte verlegen. Es fiel ihr schwer, ihrem Bruder
eine Bitte abzuschlagen, aber worüber in aller Welt sollte sie sich bei einem
solchen Besuch mit Miss Channing unterhalten? Francesca versuchte sich
vorzustellen, wie sie Sarah gestehen würde, dass sie Studentin am Barnard
College war. Oder wie sie sie einlud, sich ihr zu einem Wohltätigkeitsbesuch
auf Blackwell Island anzuschließen. Sarah würde zweifellos in Ohnmacht fallen.
In diesem
Moment murmelte Sarah: »Das wäre reizend.« Sie schien von der Idee ebenso wenig
begeistert zu sein wie Francesca – oder lag es nur an ihrer Schüchternheit?
»Ich komme
gern einmal zu Besuch«, sagte Francesca großzügig, bevor Evan Sarah lächelnd
davonführte.
Francesca folgte den beiden einige Schritte,
um sie noch eine Weile beobachten zu können. Ihr Bruder redete auf die junge
Frau ein, die mit leicht eingezogenem Kopf lauschte und Evan hin und wieder ein
flüchtiges Lächeln schenkte.
Francesca wusste nicht, was sie von der
Angelegenheit halten sollte. Ihr Bruder war ein Mann von großer Intelligenz und
von noch größerer Leidenschaft – leidenschaftliche Naturen lagen bei den
Cahills in der Familie. Selbst ihre Mutter war bisweilen imstande, ihre Meinung
auf lautstarke und temperamentvolle Weise kundzutun, wenn ein Thema sie
interessierte. Francesca dachte an die vielen Diskussionen, die sie mit
ihrem Bruder geführt hatte. Zudem war er ein ausgesprochen rühriger Mann: Er
liebte Automobile, jagte, segelte, spielte Polo und lief Ski. Wie konnte er
sich da für eine sanftmütige Frau wie Sarah Channing interessieren? Nun, vielleicht
stimmte es ja wirklich, dass sich
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