Brenda Joyce
gehandelt.
Während sie noch darüber nachdachte, fiel Francescas Blick auf
einige Notizen, die zuoberst auf den Papieren und Büchern auf Braggs
Schreibtisch lagen. Unwillkürlich begann ihr Herz schneller zu schlagen.
Sie blickte rasch zur Tür hinüber. Deren obere Hälfte war zwar
verglast, doch es handelte sich um Milchglas, sodass man weder von drinnen noch von draußen jemanden genau erkennen konnte.
Francesca fuhr sich aufgeregt mit der Zungenspitze über die Lippen und blickte
zögernd auf den Schreibtisch hinab. Wenn Bragg hereinkäme, während sie die
Papiere auf seinem Schreibtisch nach Hinweisen durchsuchte, würde sie mit
Sicherheit in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
In dem Bemühen, nichts zu berühren, trat sie
noch näher an den Tisch heran und las eine der handgeschriebenen Notizen.
Ameisen, Sand, Wald, Park, Central Park?
Felder, Erde, Gras, hatte Bragg gekritzelt. In der Mitte des
Blattes standen die Worte Burton und Feinde. Sie waren dick
unterstrichen. Das war alles.
»Verflixt!«, murmelte Francesca. Als sie den
Zettel anhob, stellte sie fest, dass das darunter liegende Blatt unbeschrieben
war. Nachdem sie sich mit einem raschen Blick zur Tür vergewissert hatte, dass
niemand davor stand, öffnete sie einen beigefarbenen Aktendeckel. Auf dem
obersten Blatt standen Namen, die sie nicht kannte, und so schloss sie die Akte
rasch wieder.
Sie dachte kurz nach. Niemand wusste, um
welche Uhrzeit Jonny Burton entführt worden war. Sie würde dies so präzise wie
nur eben möglich herausfinden müssen. Sie fragte sich, ob es Bragg gelungen
war, die Zeit zwischen zwanzig Uhr und ein Uhr in der Frühe näher einzugrenzen.
Wenn sie doch nur die Dienstboten der Burtons selbst befragen könnte!
Bragg war gewiss kurz nach ein Uhr früh aus
dem Bett geholt worden. Er war noch um zehn Uhr heute Morgen im Haus der
Burtons gewesen. Francesca konnte sich nicht vorstellen, wann er die Zeit
gefunden hatte, in seinem Büro vorbeizuschauen, um sich die Notizen zu machen,
die sie gefunden hatte. Vielleicht hatte er sie kurz vor dem Termin um
dreizehn Uhr an der Kreuzung niedergeschrieben. Jedenfalls hatte er wohl seit
der Entführung nicht sehr viel Zeit in seinem Büro verbracht, was die geringe
Menge an Notizen und Material auf seinem Schreibtisch erklärte.
Trotz ihres schlechten Gewissens schob
Francesca ein paar Bücher und andere Aktenmappen beiseite, fand aber auf den
ersten Blick nichts, was mit dem Entführungsfall zu tun haben konnte. Als sie
gerade in Erwägung zog, eine der Schubladen zu öffnen, betrat plötzlich Bragg
das Büro. Wäre er auch nur eine Sekunde früher hereingekommen, hätte er sie
dabei erwischt, wie sie seine Papiere durchsuchte.
Sein Blick wanderte von ihrem unschuldigen
Lächeln zu seinem Schreibtisch. Er schloss langsam die Tür hinter sich. »Suchen
Sie etwas?«, fragte er und durchbohrte sie förmlich mit seinem Blick, während
er das Zimmer durchquerte.
Er hatte das Jackett ausgezogen und die Ärmel seines Hemdes bis
zu den Ellenbogen aufgerollt, sodass Francesca seine muskulösen, dicht
behaarten Unterarme sehen konnte.
»Nein«, erwiderte Francesca, immer noch lächelnd. »Ich habe
lediglich die Aussicht genossen.« Sie war erstaunt, wie leicht ihr das Lügen
fiel.
Er lehnte sich an die Schreibtischplatte und blickte Francesca
mit zusammengekniffenen Augen an.
»Die Aussicht? Oh, warten Sie, Sie meinen die
wundervolle Aussicht auf all die Taschendiebe, Prostituierten und Gauner?«
Francesca richtete sich kerzengerade auf. »Sie sollten sich nicht
über mich lustig machen. Immerhin bin ich noch nie in diesem Teil der Stadt
gewesen.«
»Nun, dann muss ich mich wohl entschuldigen«,
gab Bragg zurück. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu seinen Notizen.
»Haben Sie etwas gefunden, was Ihnen zusagt?«
Francesca spürte, wie ihre Wangen feuerrot
wurden. »Ihre Notizen haben meine Aufmerksamkeit erregt«, gestand sie
schließlich. »Bitte verzeihen Sie«, fügte sie schuldbewusst hinzu.
Der Polizeipräsident seufzte und rieb sich die
Schläfen. Francesca hatte den Eindruck, dass er unendlich müde und erschöpft
war. Plötzlich verspürte sie Mitleid mit dem Mann.
»Es tut
mir Leid«, flüsterte sie.
Sein Kopf fuhr in die Höhe, und jegliche
Verletzlichkeit, die sie in seinem Blick zu erkennen geglaubt hatte, war verschwunden.
Er stand auf.
»Setzen Sie sich, Miss Cahill«, sagte er in einem Tonfall, der
demjenigen glich, den er ihr gegenüber eine halbe
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