Brenda Joyce
Limonade und mehreren Gläsern.
»Sehr gern«, antwortete Francesca.
Sie nahmen Platz, und Sarah schenkte die
Limonade ein, wobei ihre Finger grüne Farbflecke auf dem Kristallkrug
hinterließen. Sie schien es gar nicht zu bemerken.
Die beiden Frauen nahmen schweigend einen
Schluck aus ihren Gläsern. Francesca konnte sich vorstellen, warum sich Sarah
in ihren Bruder verliebt hatte – vermutlich hatte sie nicht viele Verehrer und
gewiss keinen wie Evan. Aber sie konnte immer noch nicht verstehen, was Evan,
der sich gemeinhin um die schönsten und kokettesten Frauen bemühte, an Sarah
fand.
»Wie lange kennen Sie meinen Bruder schon?«, fragte Francesca,,
nur, um das Schweigen zu brechen, obwohl sie die Antwort ja schon kannte.
»Gerade einmal zwei Wochen«, erwiderte Sarah
ernst.
»Wie
romantisch!«, rief Francesca.
Sarah zeigte den Anflug eines Lächelns,
erwiderte aber nichts.
»Evan scheint völlig vernarrt in Sie zu sein«,
fuhr Francesca fort. »Sie werden Hunderte von Damen eifersüchtig machen.«
Sarah sah sie mit festem, ruhigem Blick an.
»Ich bin davon überzeugt, dass es viele gebrochene Herzen in der Stadt geben
wird. Ihr Bruder ist ein sehr gut aussehender und charmanter Mann.«
Francesca
war davon überzeugt, dass ein unausgesprochenes »Aber« in der Luft hing, doch
als Sarah nichts weiter hinzufügte, sagte sie: »Sie müssen im siebten Himmel
sein.«
Sarah
stellte ihr Glas ab und hielt den Blick gesenkt. Als sie Francesca dann ansah,
trug ihr Gesicht jenen ernsten Ausdruck, den Francesca kannte. Nur, dass sie
soeben eine ganz andere, lebhafte und strahlende Sarah kennen gelernt hatte.
»Ich freue
mich sehr, die Frau Ihres Bruders zu werden«, sagte sie nach einer Weile.
In Francescas Kopf begannen Alarmglocken zu läuten. Hier stimmte
irgendetwas nicht. »Er ist gewiss eine gute Partie«, erwiderte sie.
Sarah nickte. »Ja, das ist er. Meine Mutter ist begeistert, und
Ihre Eltern sind es auch.«
Das klang beinahe so, als sei Sarah selbst gar nicht begeistert.
Obwohl Francesca wusste, dass es sie eigentlich nichts anging, sagte sie:
»Sarah, irgendetwas scheint an der Sache nicht zu stimmen, oder?«
»Aber
nein, es ist alles in Ordnung.«
»Lieben
Sie Automobile?«, erkundigte sich Francesca einer Eingebung folgend. »Evan hat einen neuen Roadster. Bei
gutem Wetter verbringt er ganze Nachmittage damit, auf Long Island Auto zu
fahren. Es macht ihm großen Spaß.«
Sarah
zögerte. »Ich nehme an, ich werde lernen, Gefallen daran zu finden«, sagte sie.
»Er besitzt auch eine Jacht. Im Sommer feiern wir an Bord die
wundervollsten Partys«, erzählte Francesca lächelnd. »Sie segeln doch gern,
oder?«
»Ehrlich gesagt, werde ich leicht seekrank«, antwortete Sarah
leise.
Offenbar verhielt es sich genau so, wie Francesca
es vermutet hatte – ihr Bruder und Sarah hatten nichts miteinander gemein,
außer, dass sie ineinander verliebt waren. »Nun, ich war ehrlich gesagt
überrascht, als Evan mir gestand, dass es ihn erwischt hat.«
»Erwischt?«
»Sie wissen schon. Dass er die Liebe entdeckt hat.« Sie lächelte
aufmunternd.
Sarah schwieg. Dann warf sie einen sehnsüchtigen Blick über ihre
Schulter zu dem Gemälde auf der Staffelei. Es war noch nicht fertig gestellt
und zeigte eine junge Frau in einem wunderschönen, moosgrünen Abendkleid, deren
rotes Haar zu einer Hochsteckfrisur aufgetürmt war. Die Frau blickte den
Betrachter mit einem schelmischen Gesichtsausdruck an. Hinter ihr waren
dunkelgrüne Samtvorhänge zu erkennen, und ihre Hand ruhte, wie Francesca
vermutete, auf der Lehne eines Stuhls, der noch nicht gemalt worden war.
»Sie ist wunderschön«, sagte Francesca.
Sarahs Gesicht hellte sich auf. »Ja, das ist sie. Sie ist meine
Cousine und sozusagen das schwarze Schaf der Familie. Obwohl sie noch nicht einmal dreiundzwanzig Jahre zählt, ist sie bereits
verwitwet. Seit dem letzten Sommer lebt sie dank des Vermögens ihres Mannes auf
großem Fuße in Paris.«
Es war das erste Mal, dass Francesca Sarah
laut lachen hörte. »Ich habe das Bild kurz vor ihrer Abreise begonnen. Ihr Name
ist Bartolla Benevente. Ihr Mann war ein italienischer Graf. Sie erinnert mich
immer an Eliza Burton.«
Francesca blickte das Gemälde verblüfft an und
stellte fest, dass es sich in der Tat so verhielt. Zwar gab es keine wirkliche
Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen, aber Bartolla strahlte das gleiche
Selbstbewusstsein und die gleiche Lebendigkeit aus wie Eliza Burton.
Francesca
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