Brenda Joyce
dabei um etwas
Schreckliches handelte.
»Halten Sie an, Kutscher, halten Sie sofort an!«, schrie sie und
hämmerte gegen die Trennscheibe.
Die Droschke kam mit einem Ruck zum Stehen, worauf das Pferd
protestierend in seinem Geschirr tänzelte.
»Wie viel?«, fragte Francesca, kramte in ihrer
Geldbörse und dachte fieberhaft nach. Sie musste unbedingt erfahren, was
geschehen war. Aber sie konnte wohl schlecht aus der Droschke springen und
unangemeldet zu den Burtons hinübereilen. Oder vielleicht doch?
Nachdem sie den Kutscher bezahlt hatte, stieg
Francesca eilig aus und fiel sogleich auf einer vereisten Stelle der Länge nach
hin. Sie atmete tief durch und rappelte sich auf. Als sie wieder auf den Füßen
stand, sah sie, dass sich soeben die Haustür der Burtons öffnete. Francesca
erblickte Bragg, der auf der Schwelle stand und in der für ihn typischen Art
gestikulierend mit vier Polizisten sprach, zwei davon in Zivil. Die beiden
Männer eilten aus dem Haus und auf eines der Polizei-Fuhrwerke zu, an dem
einige vor Kälte zitternde uniformierte Kollegen warteten. Bragg wandte sich
in Richtung Eingangshalle um, fuhr dann jedoch wie der Blitz wieder herum, da
er Francesca erblickt hatte.
Francesca hätte ihm nur allzu gern berichtet,
was sie an diesem Abend erlebt hatte, doch während sie auf das Haus zueilte,
ermahnte sie sich, kein Wort darüber zu verlieren. Hatte Bragg ihr nicht selbst
erklärt, dass sich Worte niemals wieder zurücknehmen ließen? Sie musste alles
erst noch einmal überdenken. Da sie nichts Nützliches erfahren hatte, konnte
sie ihm schließlich genauso gut am nächsten Tag von der Episode mit Gordino
erzählen, wenn sie es dann noch für nötig hielt. Doch sofort rührte sich ihr
schlechtes Gewissen – Bragg würde sicherlich wissen wollen, wo sich Gordino
aufhielt.
Er kam ihr über die Eingangsstufen
entgegengeeilt.
»Francesca?«, fragte er ungläubig, während sein Blick suchend
umherschweifte. Offenbar war er erstaunt, sie ohne Begleitung zu sehen.
Francesca zwang sich zu einem strahlenden Lächeln und fragte sich,
ob ihr wohl noch der Geruch nach Whiskey, Zigarettenrauch und aufdringlichem
Parfüm aus der Schenke anhaftete.
»Bragg!«, rief sie erleichtert.
Sie hatte das Gefühl, einen sicheren Hafen
erreicht zu haben, obgleich die Schrecken des Abends längst hinter ihr lagen.
Doch als sie über seine Schulter auf das hell erleuchtete Haus der Burton
blickte, dachte sie mit Grauen daran, was der Abend wohl noch an Entsetzlichem
bereithielt. »Was tun Sie um diese Zeit allein hier draußen?«, fragte der
Polizeipräsident, ergriff ihren Arm und zog sie unter eine Straßenlaterne, wo
er sie mit durchdringendem Blick musterte. »Geht es Ihnen gut?«
Plötzlich beugte er sich ein wenig vor und schnüffelte.
»Aber gewiss doch!«, rief sie mit gespielter Fröhlichkeit. »Ich
habe den Abend bei Connie verbracht. Ich gehe des Öfteren allein dorthin – es
ist ja nur um die Ecke, wie Sie wahrscheinlich wissen.«
Bragg starrte sie ungläubig an, doch
Francesca lächelte arglos, was gar nicht so leicht war. Aber warum sollte er an
ihrer Geschichte zweifeln? Sie war durch und durch glaubhaft – abgesehen davon
natürlich, dass sich eine junge Dame zu einer solchen Stunde niemals allein
nach Hause begeben würde, nicht einmal, wenn dieses Zuhause direkt um die Ecke
lag. Francesca war sich ziemlich sicher, dass es mindestens ein Uhr in der
Früh sein musste.
»Sie sind eine sehr schlechte Lügnerin, Francesca«, sagte Bragg
offen heraus.
Sie erstarrte.
»Ich kann nicht darüber reden«, erwiderte sie
nach einer Weile.
Er hielt immer noch ihren Arm fest und blickte grimmig drein.
»Wenn Sie mir versichern, dass Ihnen nichts geschehen ist, werde ich Ihre Entscheidung,
Ihre Privatangelegenheiten für sich zu behalten, respektieren müssen«, sagte
er.
Ihre Privatangelegenheiten. Francesca erinnerte sich mit einem Mal an die
Unterhaltung, die sie neulich mit Montrose geführt hatte. O Gott! Bragg
glaubte doch wohl nicht, dass sie sich mit einem Liebhaber getroffen hatte?
Aber natürlich glaubte er das! Schließlich hatte er auch eine heimliche Liebschaft
und musste annehmen, dass es sich bei anderen genauso verhielt.
»Vielen Dank«, brachte sie hervor und löste ihren Arm aus seinem
Griff.
Sein prüfender Blick wich nicht von ihrem
Gesicht, und sie konnte sehen, dass die Muskeln in seinem Kiefer arbeiteten.
»Was ist denn eigentlich geschehen?«, fragte Francesca, der
plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher