Brenda Joyce
Ich selbst werde mit Mrs Van Arke sprechen. Es
ist zwar nur eine vage Vermutung, aber vielleicht weiß sie etwas darüber, wo
sich Craddock aufhält oder wie man zu ihm in Kontakt treten kann. In drei
Stunden kommen wir alle wieder hierher, um unsere Erkenntnisse zusammenzutragen
und uns zu beraten.«
Francesca hatte sich ein wenig von den Männern entfernt und
blickte aus dem Fenster. Nach einer Weile sah sie Brendan Farr auf der Fifth
Avenue mit zwei Detectives sprechen. Der Anblick verstärkte ihr Unbehagen noch.
Wenn Shoz schuldig war, konnte dieser Mann den Untergang über die
Familie Bragg heraufbeschwören.
Sie traute ihm nicht.
»Francesca?« Bragg war neben sie getreten. »Farr wird
herausfinden wollen, warum Sie sich kürzlich für Craddock interessiert
haben.«
»Ich weiß. Er wird mir die Fingernägel
herausreißen müssen, um etwas von mir zu erfahren. Ich mache mir große Sorgen,
Bragg.«
»Das sehe ich. Möchten Sie mir
vielleicht verraten, warum?«
Sie warf einen Blick über die
Schulter, doch die anderen Männer waren untereinander in Gespräche vertieft.
»Shoz ist schuldig. Ganz gewiss, ich spüre es.«
Bragg erschrak. Dann stieß er die Luft aus. »Lieber Gott, ich
bete, dass Sie sich irren!«
Sie fasste seine Hand. »Ich werde Farr folgen, Bragg. Er führt
etwas im Schilde. Haben Sie sein Gesicht gesehen, als er erfuhr, dass Craddock
Chrissy entführt hat?«
Bragg
schwieg abwartend.
»Er fährt nicht zum Polizeipräsidium zurück«, fuhr sie fort. »Er
nimmt sich eine Mietdroschke.«
Bragg folgte ihrem Blick, der durch das Fenster über die verschneiten
Rasenflächen zur Straße gerichtet war.
»Er winkt eine Droschke herbei, obwohl er über eine eigene Kutsche
mit einem Kutscher verfügt – ist das nicht seltsam?«, murmelte Francesca.
»Allerdings.« Bragg zögerte, dann entschied er: »Ich komme mit
Ihnen.«
»Was hat er
vor?«, hauchte Bragg ihr ins Ohr.
Sein warmer Atem rief verwirrende Gefühle in
ihr wach – er erinnerte sie an seine ebenso verwirrenden Berührungen in der
vergangenen Nacht. Sie veränderte ihre Sitzposition – beide saßen auf der
Rückbank einer Kutsche, die wenige Wagenlängen entfernt vom Eingang eines
schmuddeligen Hotels an der Forty-fourth Street, Ecke Fourth Avenue, stand.
Nur wenige Häuserblocks entfernt befand sich die Grand Central Station. Farr
hatte soeben mit zwei Detectives das Hotel betreten. »Ist es möglich, dass sich
Craddock dort versteckt hält?«, fragte Francesca aufgeregt.
Bragg legte ihr die Hand auf den Arm, um sie zurückzuhalten.
»Warten wir ab«, sagte er.
Es fiel ihr schwer, sich zu gedulden. Sie nickte, hielt noch einen
Moment lang vergebens nach dem Chief und seinen beiden Männern Ausschau und
wandte sich dann Bragg zu. Auch wenn dies weder der richtige Ort noch der
geeignete Zeitpunkt war, drängte es sie dennoch, die Frage zu stellen. »Was
wollte Leigh Anne?«
Seine Augen weiteten sich, und er seufzte
schwer, während er mit einer Hand durch sein goldbraunes, von blonden Strähnen
durchzogenes Haar fuhr – eine untypische Geste. »Weiß der Himmel.«
Das war alles andere als eine
befriedigende Antwort. »Sie will dich zurückhaben, nicht wahr?« Bei diesen
Worten schnürte es Francesca die Kehle zu. Aber sie musste es unbedingt wissen.
Er versteifte sich. »Jedenfalls will sie sich nicht scheiden lassen«,
entgegnete er.
»Du hast sie darauf
angesprochen?«, stieß Francesca hervor.
»Ich verabscheue diese Frau«,
versetzte er schroff. »Ja, ich habe ihr gesagt, dass ich mich scheiden lassen
will. Ich weiß nicht recht, welches Spiel sie spielt, Francesca. Aber sie kann
mich in furchtbare Schwierigkeiten bringen, und auch dich könnte sie empfindlich
verletzen.« Seine Augen verdunkelten sich.
»Du sollst dir keine Sorgen um
mich machen«, protestierte sie und drückte seine Hand.
»Ich mache mir aber Sorgen um dich, und daran wird sich auch in
Zukunft nichts ändern«, versetzte er entschieden. Er war so düster und
verbissen. »Können wir das Gespräch über meine Frau vielleicht auf später
verschieben?«
Francesca nickte. Dann erkundigte sie sich: »Hat sie auch mich
erwähnt?«
Er seufzte
erneut. »Ja.«
»Bragg!«
Er lächelte schwach. »Ich konnte nicht widerstehen. Sie fragte
mich, ob ich dich liebe. Ich habe ja gesagt.«
Ihr Herz schien in ihrer Brust Purzelbäume zu
schlagen. Wie hatte sie sich auch nur für einen Augenblick zu Calder Hart hingezogen
fühlen können? Ein warmes Gefühl der
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