Brenda Joyce
ganzer Absatz handelt von Shoz und
einigen der Neuerungen, die er eingeführt hat.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Hier
steht sogar etwas darüber, dass Shoz früher Anwalt war, sein Vater jedoch ebenfalls eine Ranch führte.
Allerdings ist weder die Rede davon, dass Shoz im Gefängnis war, noch davon, dass mein
Großvater diese Ranch aufgebaut hat. In dem Artikel geht es um die
Bewirtschaftung von Rinderfarmen, und Shoz wird in seiner Eigenschaft als
Rancher dargestellt. Kein Wort über meine Familie«, stellte er fest.
Francesca schauderte. »So also hat Craddock Shoz nach all den
Jahren ausfindig gemacht. Dann hat Shoz die Wahrheit gesagt: Craddock hasst
ihn. Bei dieser Angelegenheit geht es nicht um Geld, sondern um Rache.«
»Ganz
offenkundig«, bestätigte Bragg grimmig.
Francesca stellte sich dichter neben ihn. »Wenn Geld nicht das
Motiv ist – was bedeutet das dann für Chrissy?«
Bragg begegnete ihrem Blick. »Ich bete darum, dass sie noch am
Leben ist.«
Francesca musste endlich nach Hause zurückkehren –
eigentlich hatte man sie dort bereits früher am Morgen erwartet, gleich nach
der Ankunft des Zuges. Sie nahm sich vor, um drei Uhr nachmittags noch einmal
Harts Villa aufzusuchen, wenn sich auch die Familie wieder dort einfinden
würde.
Sie hoffte inständig, bis dahin möge jemand eine Spur entdeckt
haben, die sie zu Craddock und Chrissy führte.
Als sie die marmorgeflieste Eingangshalle betrat, machte sie sich
darauf gefasst, dass jeden Moment Julias Zorn über sie hereinbrechen würde.
Dabei schob sie den Gedanken von sich, dass Hart gelogen hatte, um zu
verhindern, dass sie sich in ihre eigenen Lügen verstrickte.
Im Haus herrschte eine eigentümliche Stille.
Francesca gab einem Bediensteten ihren Hut und Mantel. »Wallace,
wo sind die Übrigen?«
»Oben in der blauen Suite, Miss Cahill«,
erwiderte er.
Francesca stutzte. Die blaue Suite wurde für Gäste genutzt, war
allerdings – als die luxuriöseste Unterbringungsmöglichkeit, die die Villa der
Cahills zu bieten hatte – außerordentlich bedeutenden Gästen wie hohen Adligen
oder dem Präsidenten der Vereinigten Staaten vorbehalten. »Haben wir Besuch?«
»Es handelt sich um den jungen Mister Cahill«, teilte ihr der Diener
mit. »Er hatte einen Unfall.«
Francesca riss die Augen auf, und ihr Herz setzte einen Schlag
aus. »Was?! Was für einen Unfall? Geht es Evan gut?«
»Dr. Finney ist soeben gegangen ...«, setzte Wallace zu einer Erklärung
an.
Doch Francesca konnte nicht länger warten.
Wenn Evan zu Hause war, musste etwas Entsetzliches geschehen sein, und so
raffte sie ihre Röcke und hastete hinauf in die zweite Etage. Kaum hatte sie
den oberen Treppenabsatz erreicht, als sie auch schon die Stimme ihrer Mutter
hörte und gleich darauf die von Maggie Kennedy. Die Tür zur blauen Suite stand
offen. Francesca rannte den Flur entlang und stürmte in das Wohnzimmer.
Zuerst erblickte sie ihren Vater, der auf dem Sofa vor dem Kamin
saß. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben und wirkte verzweifelt.
»Papa?« Sie lief auf ihn zu, wobei ihr Blick durch die geöffnete
Schlafzimmertür fiel. Evan lag im Bett, einen großen Verband um den Kopf.
Maggie und seine Mutter umsorgten ihn. »Papa? Was ist geschehen?«
Als er aufblickte, erkannte sie, dass seine Augen feucht von ungeweinten
Tränen waren. »Dein Bruder war in eine Kneipenschlägerei verwickelt«, sagte
er.
»Eine Schlägerei?«, wiederholte sie tonlos.
»Er hat eine Gehirnerschütterung, zwei
gebrochene Rippen, ein gebrochenes Handgelenk und so viele Prellungen, dass man
sie gar nicht alle zählen kann. Beinahe hätte er ein Auge verloren – vermutlich
durch einen Fußtritt«, berichtete Andrew düster.
Francesca traute ihren Ohren kaum. Sie rannte
ins Schlafzimmer.
»Mrs Kennedy, bitte machen Sie sich keine Mühe«, sagte Evan gerade
mit leiser, schmerzerfüllter Stimme.
»Pssst. Das Laudanum trocknet Sie aus. Haben Sie denn nicht
gehört, wie Dr. Finney sagte, Sie müssten reichlich Wasser trinken?« Sie saß
neben ihm auf der Bettkante und hielt ihm ein Glas an den Mund.
Evan lag von zahlreichen Kissen gestützt. Ein
Verband bedeckte den oberen Teil des Kopfes, ein weiterer ein Auge. Dennoch
war die linke Seite seines Gesichtes zu sehen, die grauenhafte rote und
violette Verfärbungen aufwies. Sein rechtes Handgelenk steckte in einem
Gipsverband. Er trug einen Pyjama, doch die Jacke war nicht zugeknöpft, sodass
man die Verbände an seinem
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