Brenda Joyce
wenn
die Kutsche durch ein Schlagloch fuhr, stieß Bragg mit seinem Knie gegen
Francescas. Sie warf ihm mehrere verstohlene Blicke von der Seite zu, doch er
schien in Gedanken versunken zu sein und starrte nur geradeaus.
»Bragg? Ich habe gute Neuigkeiten«, sagte sie
schließlich nervös.
Er wandte sich ihr halb zu. »Woher wussten
Sie von Daisy und Rose? Haben Sie sich etwa noch einmal mit Calder unterhalten?«
Francesca biss sich auf die Lippe. Obgleich Joel mit in der Kutsche
saß, spürte sie Braggs männliche Ausstrahlung und Kraft überdeutlich. Es war,
als nehme er den Raum in dem Brougham ganz für sich ein.
»Ich verstehe. Sie haben Calder und mich also
belauscht.«
Sie zögerte für einen Moment und sagte dann: »Aber doch nur, weil
ich besorgt war.«
Er schüttelte den Kopf. »Heiligt denn der Zweck Ihrer Meinung
nach immer die Mittel?«
Sie erbleichte. »Natürlich nicht.«
»Und warum haben Sie es dann getan? Gewiss,
es macht einen großen Teil Ihres Charmes aus. Es hebt Sie von allen anderen
Frauen ab, die ich jemals in meinem Leben kennen gelernt habe. Aber es ist auch
sehr frustrierend. Wenn ich eine Tür öffne, weiß ich nie, ob nicht Francesca
Cahill dahinter hervorspringt – wie ein Kastenteufel.« Er sprach das Wort aus, ohne
dabei zu lächeln.
Aber er schien nicht wütend zu sein; sein Ton war eher sanft. Sie
wagte ein kleines Lächeln. »Ich bin also einzigartig?« Diese Vorstellung gefiel
ihr.
»Ja,
schrecklich einzigartig.« Endlich lächelte auch er.
Francesca
war glücklich. Bragg war der einzige Mann – abgesehen von ihrem Vater –, der
sie verstand und zu schätzen wusste, dass sie anders war als die meisten
anderen Frauen. »Ich danke Ihnen, Bragg«, sagte sie.
Er seufzte. »Ich hatte eigentlich vor, Sie zu schelten, und nun
mache ich Ihnen Komplimente!«
»Aber das
ist doch nicht schlimm.« Sie strahlte und hätte beinahe seine Hand genommen,
hielt sich dann aber zurück. Stattdessen fragte sie: »Warum sind Sie nicht
wütend auf mich?« Das schien ihn zu amüsieren. »Hätten Sie es lieber, wenn ich
wütend wäre?«
»Gestern
Abend waren Sie es«, rief sie ihm in Erinnerung.
»Da
standen Sie ja auch neben einer Leiche«, erwiderte er. »Und das hatte ich
wirklich nicht erwartet.«
»Und heute
Morgen waren Sie auch wütend.«
»Das stimmt, denn ich ziehe es vor, dass Sie sich nicht in meine
Arbeit einmischen. Allerdings hatte ich in der Zwischenzeit Gelegenheit,
darüber nachzudenken. Sie waren mir während der Untersuchung des Burton-Falles
eine große Hilfe, Francesca.« Er kniff die Augen zusammen.
Sie errötete vor Freude und streckte die Hand aus, um seine zu
ergreifen, doch im selben Moment begann sie zu zittern und ließ ihre Hand
wieder fallen. »Ich habe wirklich nur die allerbesten Absichten. Genau wie Sie
bin ich entsetzt über jede Ungerechtigkeit.«
Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Ja, ich
weiß. Und deshalb bin ich auch zu dem Schluss gekommen, dass Sie vielleicht
doch eine Rolle in diesem Fall spielen sollten.« Er hob den Blick und sah sie
an.
Es lag ein seltsamer Ausdruck darin, aber das wurde Francesca erst
später klar, als sie darüber nachdachte. »Wirklich? Sie legen also Wert auf
meine Hilfe? Und wir werden wieder zusammenarbeiten?«, rief sie.
»Sind Sie sich sicher, dass Miss de Labouche
Ihre Klientin ist?« Francesca zögerte. Sie wusste, dass es nicht der richtige
Zeitpunkt war, Bragg etwas vorzutäuschen. »Ich bin mir sicher, dass Sie es
wird, wenn ich ihr meine Dienste gratis anbiete.«
Er lächelte erneut, sagte dann aber mit
ernster Stimme: »Sie wird immer noch vermisst, Francesca. Miss de Labouche ist
unsere Hauptverdächtige in diesem Fall, auch wenn Sie sie für unschuldig
halten. Ich muss die Dame unbedingt vernehmen.« Francesca begriff, worauf er
hinauswollte, und hätte beinahe vor Freude in die Hände geklatscht. »Sie wollen
also, dass ich sie finde?«
»Und das so schnell wie nur irgend möglich«, erwiderte er. »Ich
habe einen Beamten darauf angesetzt, aber er hat bereits alle Hände voll zu tun
mit einem weiteren wichtigen Fall. Sie haben doch sicherlich gehört, dass der
Schmuck von Mrs Graffs gestohlen wurde?«
»Ich glaube mich zu erinnern«, antwortete
Francesca.
»Mir ist klar, dass das eine sehr unkonventionelle Vorgehensweise
ist. Ich schlage vor, dass Sie allein arbeiten und mir – und nur mir! – Bericht
erstatten.«
Vor Freude verschlug es ihr die Sprache.
»Peter ist ein Alleskönner. Wenn Sie
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