Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
Vom Netzwerk:
Sprache! Oder ist es dir lieber, daß wir zwei uns nachher in der Pfalz unterhalten?«
    Er schickte sich an, seine Hand auf die Schulter des Gefangenen zu legen. In diesem Moment blickte der König auf. »Laß ihn«, sagte er, während er seinen Falken koste. »Und entschuldige dich bei unserem Freund Ratibor für deine unbedachten Worte. Sag ihm, daß du gespaßt hast. Bei uns kam noch nie ein Gesandter zu Schaden, und so wird es auch künftig sein.«
    Der Mann ließ den Arm sinken und murmelte eine Entschuldigung. Als er fertig war, heftete Otto seine Augen auf den Gesandten und sagte: »Willst du wissen, was mir gerade durch den Kopf ging? Du wirst es vermutlich nicht erraten: Mir fiel ein, daß ich dir noch nicht ein einziges Mal etwas geschenkt habe. Was hältst du davon, wenn ich dir dieses Gespräch schenke, in dem ich dich bedauerlicherweise unterbrach? Ihr dürft nach Herzenslust miteinander plaudern, den ganzen heutigen Tag, meinethalben auch noch die Nacht hindurch, bis zu deiner Abreise. Was meinst du dazu?«
    Das ernste junge Gesicht des Gesandten versteinerte. »Du bist sehr großmütig, Herr König«, erwiderte er.
    »Sagen wir lieber: Ich übe mich darin, es zu werden, und dies, wie sich zuweilen zeigt, nicht ohne Erfolg. Und jetzt erlaubt mir, daß ich euch verlasse. Ich habe nämlich«, er stockte und krauste die Stirn, »ja, wie nennt man dieses Gefühl, wenn es einen leibhaftigen König befällt? Mir ist, ich habe … ach was!«, er winkte ab, »ich habe schlicht und einfach Durst. Wenn es euch ähnlich geht oder euch vom vielen Reden der Mund trocken wird, dann kommt zu uns. Es gibt einen vorzüglichen Wein.«
    Erneut griff er nach dem Reiher und schritt, von den Leibwächtern begleitet, leichtfüßig davon.
    »Weshalb bist du so schweigsam?« erkundigte sich der Gefangene, während er Otto hinterherschaute. »Hast du schon vergessen? Wir dürfen nach Herzenslust plaudern.« Und als der andere stumm blieb: »Es ist dein Geschenk. Ziere dich nicht länger und fange an.«
    Der Gesandte zuckte die Schultern. »Wozu?« sagte er träge. »Laß uns lieber den Vögeln lauschen.«
    »Den Vögeln?« Der Gefangene riß in gespielter Empörung die Augen auf. »Was hat denn das zu bedeuten? Doch nicht etwa, daß du undankbarer heidnischer Bastard die königliche Gabe verschmähst?«
    »Warum nicht? Da ich nun einmal keine Verwendung dafür habe …«
    Der Gesandte kniff die Augen zusammen. »Sag, fiel dir nichts an ihm auf?«
    »Nein. Oder doch: Er war schmutzig wie ein Waldteufel.«
    »Sonst nichts?«
    Der Gefangene schüttelte den Kopf. »Und dir?«
    »Sein Witz. Daß er klug ist, wußte ich, und seine außergewöhnliche Frömmigkeit glaube ich dir aufs Wort. Daß er über Witz verfügt, überrascht mich. Er wirkte auf mich stets so schwermütig, daß ich in seiner Gegenwart kaum zu schmunzeln wagte.«
    Der Gefangene überlegte, dann nickte er anerkennend. »Einen scharfen Blick hast du, Bruder. Bist eben nicht von ungefähr Gesandter. In der Tat, jetzt, wo du es sagst, fällt es auch mir auf. Aber was hat das mit unserem Gespräch zu tun?«
    »Viel, scheint mir. Denn bei einem Mann, den sein Amt binnen eines einzigen Tages derart verändert, muß man künftig auf alles gefaßt sein.«
    Der Gesandte lachte kurz.
    »Was bin ich nur für ein Narr! Von alters her heißt es bei uns, daß jemand, den man mit fürstlicher Macht betraut, zum zweiten Mal geboren wird. Weshalb hast du mich nicht daran erinnert?«
    In die Brandenburg zurückgekehrt, empfahl der Gesandte, vorläufig nichts zu unternehmen und auch den nördlichen Nachbarn von einer Erhebung abzuraten. Die darauffolgenden Monate gaben ihm recht, denn es geschah nichts, das einen Aufstand unumgänglich erscheinen ließ oder ihm besonderen Erfolg verhieß.
    Zwar war der neue König keineswegs untätig, doch regierte er so, daß man aus der Ferne den Eindruck gewinnen konnte, der Thron habe gar nicht den Besitzer gewechselt. Einige Wochen nach der Krönung zog er gegen die Redarier und ging aus dieser ersten Kraftprobe mit ihnen siegreich hervor. Im Februar vertrieb er ein ungarisches Heer, das von Franken aus in Sachsen einfallen wollte; zu einer Schlacht kam es dabei nicht.
    Zwei gewonnene Kriege während eines halben Jahres zeigten, daß er sein Erbe zu verteidigen wußte. Nichts deutete indes daraufhin, daß er es auch zu vergrößern beabsichtigte. Die Berichte über ihn stimmten vielmehr darin überein, daß er sich bei allem, was er tat,

Weitere Kostenlose Bücher