Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
nicht!«, beklagte sich Yulian kopfschüttelnd, während er in morbider Faszination zusah, wie das Ding immer weiter schmolz. Er beobachtete, wie seine eigenen Züge sich verzerrten, flüssig wurden und in dicken Tropfen herunterrannen. »Welche weißen Magier? Harry Keogh? Den kenne ich nicht.«
Aber er kennt dich! Zuerst bin ich dran, Yulian, und dann du! Harry Keogh kennt uns beide, und er weiß, wie man uns töten kann: durch Pflock, durch Schwert und durch Feuer. Du behauptest, du könntest die Gegenwart von Feinden spüren! Hast du dann nicht gemerkt, dass Feinde gerade jetzt ganz nahe bei dir lauern? Es sind die gleichen wie hier. Zuerst ich, und dann bist du an der Reihe!
Selbst im Traum spürte Yulian, wie seine Kopfhaut prickelte. Die geheimen Beobachter natürlich! »Was muss ich tun?«
Räche mich und rette dich! Auch das bedeutet ein und dasselbe. Denn sie wissen, was wir sind, Yulian, und sie können uns nicht am Leben lassen. Du musst sie töten, denn sonst werden sie dich mit Sicherheit töten!
Der letzte Fetzen menschlichen Fleisches fiel von der Albtraumgestalt ab und enthüllte die wahre innere Form. Yulian zischte erschrocken, zog sich ein wenig zurück und musterte dieses bloß liegende Gesicht des Bösen. Er sah Thibors Fledermausschnauze, die an den Spitzen eingerollten Ohren, die langen Kiefer und rot glühenden Augen. Der Vampir lachte ihn an. Es klang wie das tiefe Bellen eines großen Hundes. Eine gespaltene Zunge zuckte rot in einer zahnbewehrten Höhle. Dann loderten die Flammen mit einem Mal auf, als hätte sie ein gewaltiger Blasebalg aufgepeitscht. Sie umzüngelten die Gestalt des Schreckens, die sich unter ihrer liebevollen Umarmung schwarz verfärbte und zu Ascheflocken zerfiel.
Am ganzen Körper bebend und schweißnass fuhr Yulian von seinem Bett hoch. Und wie aus einer Million Meilen Entfernung vernahm er ein letztes Mal Thibors ferne, schwache Stimme: Räche mich, Yuliaaan!
Er stand in dem dunklen Zimmer auf, schritt unsicher zum Fenster und blickte in die Nacht hinaus. Dort draußen war ein denkender Verstand. Ein Mann, der das Haus beobachtete. Der wartete.
Der Schweiß auf seiner Haut trocknete und ließ ihn vor Kälte erschauern, doch er blieb an seinem Platz stehen. Die Panik verflog und wich Zorn und Hass. »Dich rächen, Vater?«, hauchte er schließlich. »Oh ja, darauf kannst du dich verlassen!«
In der schwach glänzenden nachtdunklen Fensterscheibe wirkte sein Spiegelbild wie das Echo der Kreatur des Traums. Aber Yulian war weder schockiert noch überrascht. Es bedeutete lediglich, dass seine Verwandlung nun vollständig war. Er blickte durch die Reflexion hindurch die dunkle flüchtige Gestalt hinter der Hecke an … und grinste. Und sein Grinsen war wie eine Einladung, durch die Pforte der Hölle zu treten.
Am Fuß der Kreuzhügel warteten Kyle und Quint, Krakovic und Gulharov. Es war nicht kalt, aber sie standen dicht zusammengedrängt, als suchten sie Wärme.
Das Feuer erstarb langsam. Der Wind, der kurz zuvor wie aus dem Nichts aufgekommen war, hatte sich wieder gelegt, wie der röchelnde letzte Atemzug eines sterbenden Riesen. Menschliche Gestalten, halb von den schwarzen Rauchschwaden und den Bäumen verdeckt, schufteten über ihnen und im Osten der verwüsteten Zone, um das Feuer an einer unkontrollierten Ausbreitung zu hindern und nieder zu halten. Ein rußgeschwärzter, in einen blauen Overall gekleideter kräftiger Kerl stolperte unter den Bäumen am Fuß des Abhangs hervor und kam auf die Vampirjäger zu. Es war der rumänische Vorarbeiter Janni Chevenu.
»Sie!« Er packte Krakovic am Arm. »Eine Seuche, haben Sie gesagt! Aber haben Sie es gesehen? Haben Sie das … das Ding gesehen, bevor es verbrannte? Es hatte Augen und Mäuler! Es hat um sich geschlagen, sich gewunden, und es … es … mein Gott! Mein Gott! «
Unter all dem Ruß und Schweiß war Chevenus Gesicht kreidebleich. Nur langsam klärte sich sein Blick. Er sah von Krakovic zu den anderen hinüber. Die hageren Gesichter, die ihn anblickten, spiegelten das gleiche Gefühl wider: einen Schrecken, der nicht geringer war als der Chevenus.
»Eine Seuche also«, wiederholte er. »Aber das war keine Art von Seuche, wie ich sie jemals erlebt hätte.«
Krakovic schüttelte sich, wie um den Schrecken loszuwerden. »Ja, es war eine Seuche, Janni«, erwiderte er schließlich. »Und zwar von der schlimmsten Sorte. Sie können sich glücklich schätzen, dass Sie diese Seuche ausgelöscht haben.
Weitere Kostenlose Bücher