Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
der Dunkelheit besser sehen zu können.
Er sah den sterbenden Mann: einen hochgewachsenen, gut aussehenden Mann, was sein gutes starkes Blut erklären mochte, seine Qualität und Menge.
Ein intelligenter Mann mit hoher Stirn. Und doch lag er hier verkrümmt auf der harten Erde, und das Leben floss aus ihm bis hin zum letzten heißen Tropfen.
Thibor war nicht in der Lage, ihn zu retten, und er hätte das ohnehin nicht getan. Aber genauso wenig wollte er ihn verschwenden. Ein flüchtiger Blick aus dem obszönen Auge, um sicherzugehen, dass die Frau noch nicht aus ihrer Ohnmacht erwachte, und dann sandte er eine Unzahl winziger roter Mäuler aus seinem klaffenden Gesicht nach oben: Röhren wie kleine Schmollmünder, die in die offene Wunde glitten und die allerletzten Tropfen der heißen Flüssigkeit aufsaugten, die dort noch flossen.
Dann –
Thibors gesamte höllische Persönlichkeit gab sich der reinen Ekstase hin – dem schwarzen Genuss, dem unheiligen Rausch –, diese rote lebenserhaltende Flüssigkeit direkt aus den Adern eines Opfers zu saugen. Es war … es war einfach unbeschreiblich schön!
Es war wie bei der ersten Frau im Leben eines Mannes. Nicht wie der ungeschickte hastige unkontrollierte Erguss auf den Bauch eines Mädchens oder in ihr Schamhaar hinein, sondern wie beim ersten Mal, wenn er in einem Akt der Erlösung seinen heißen Samen in eine stöhnende befriedigte Frau hineinpumpt. Es war wie beim ersten getöteten Gegner in einer Schlacht, wenn der Kopf des feindlichen Kriegers fällt oder das Schwert tief in den Hals oder das Herz eindringt. Es war der scharfe, beißende Schmerz eines Sprunges ins eiskalte Wasser eines Bergsees; der Anblick eines Schlachtfeldes, auf dem die übereinandergeworfenen Leichen eines Heeres dampfen und stinken; die Bewunderung von Kriegern, die das Banner eines Mannes in Anerkennung seines Sieges schwenken. Genauso süß war die Ekstase jetzt – doch leider ging sie nur zu schnell vorbei.
Das Herz des Mannes pumpte nicht mehr. Sein Blut, das wenige, was noch davon übrig war, stand still. Die breiten roten Lachen verfestigten sich und verkrusteten die verfaulenden Blätter. Bevor es richtig begonnen hatte, war das prachtvolle Festmahl bereits vorüber.
Oder doch nicht …?
Das Thibor-Ding drehte sein Stielauge der Frau zu. Sie war blass, attraktiv, feingliedrig. Sie wirkte wie das hübsche Spielzeug eines reichen Bojaren, mit dünnem aristokratischen Blut gefüllt. Fiebrige rote Flecken gaben ihren Wangen einen Hauch von Frische, doch ansonsten war ihre Haut totenblass. Es war kalt, würde noch kälter werden, und sie würde erfrieren, wenn das alte Ding unter der Erde sie nicht vorher tötete.
Der Tentakel mit dem Auge an der Spitze verlängerte sich, schob sich weiter aus der Erde. Er war graugrün gesprenkelt, doch jetzt pulsierten darin blutrote Äderchen direkt unter der protoplasmischen Haut. Er näherte sich schwankend der Frau und richtete sich schließlich vor ihrem Gesicht auf.
Ihr schwacher unregelmäßiger Atem ließ das Auge beschlagen, sodass der Vampir es ein Stück zurückzog. An ihrem Hals flatterte eine dicke Ader wie ein erschöpfter Vogel. Ihre Brust hob und senkte sich, hob sich und …
Das phallische lidlose Auge schwankte über ihrem Hals, beobachtete das Pulsieren ihrer Schlagader. Dann löste sich das Auge ganz langsam auf und die roten Adern des leprösen Stiels bebten unter der Haut und verfärbten sich zu einem tieferen Rot. Anstelle des Auges bildete sich nun eine Reptilienschnauze, sodass der Tentakel wie eine blinde gesprenkelte Schlange wirkte. Die Kiefer öffneten sich, und eine gespaltene Zunge zitterte zwischen Reihen nadelspitzer Reißzähne. Speichel tropfte aus den Mundwinkeln und fiel auf die schmutzige Erde. Der Kopf des ekelerregenden Gewürms schob sich zurück und bildete das tödliche »S« einer zum Zuschlagen bereiten Kobra.
Und –
– und das Thibor-Geschöpf riss sich gewaltsam zusammen und ließ alle körperlichen Aktivitäten sofort ersterben, erstarrte auf dem Fleck. Im letzten Moment war ihm bewusst geworden, was es zu tun beabsichtigte, und in welch extreme Gefahr es seine zügellose Lust bringen würde.
Dies waren nicht mehr die alten Zeiten, sondern völlig neue! Das zwanzigste Jahrhundert! Außerhalb uralter vergilbter Chroniken war sein Grabmal hier unter den Bäumen längst vergessen! Doch wenn er dieser Frau das Leben raubte, was dann? Ah! Er wusste, was dann folgen würde!
Suchtrupps würden
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