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Briefe in die chinesische Vergangenheit

Briefe in die chinesische Vergangenheit

Titel: Briefe in die chinesische Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Rosendorfer
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verstand nicht recht, was damit gemeint war, aber Frau Pao-leng war sogleich einverstanden, sagte mir, bevor sie es mir lange erkläre, solle ich einfach mitgehen, dann würde ich schon sehen, wie das sei. Sie finde es erfrischend und belebend.
    Ich will das jetzt nicht alles im einzelnen schildern. Zusammenfassend ist zu sagen, daß diese Schwitzkeller, die die Bezeichnung Sao-na tragen, erst in jüngerer Zeit aufgetreten sind. Wer sie erfunden hat, und was in einem Hirn vorgeht, das solches gebiert, ist mir ein Rätsel. Insgesamt hängt es mit der offenbar unstillbaren Sucht der Großnasen zusammen, sich naß zu machen. Auch davon werde ich Dir noch gelegentlich berichten. – Ich habe länger schon den Verdacht, daß die Großnasen einen merkwürdigen Hang haben, sich zu benetzen. Seit diese Erscheinung aufgetreten ist, wurden in vielen Häusern solche Schwitzkeller errichtet. (Auch im Hong-tel ist einer, habe ich inzwischen erfahren; aber ich gehe natürlich nicht hin.) Der Raum ist eng, mit Holz ausgeschlagen und so heiß, daß es einem den Atem verschlägt. Man bespritzt sich auch mit Wasser, obwohl man ohnedies schwitzt wie ein ängstliches Ferkel, man schlägt mit kleinen Reisigruten einander auf den Rücken, und ab und zu, das ist das Allerunangenehmste, muß man in kaltes Wasser steigen. Seit die Glühende Säule als Folterinstrument abgeschafft ist, gibt es wohl nichts Vergleichbares.
    Interessant war, und insofern verdanke ich diesem eigenartigen Martyrium neue Erkenntnis, daß sich die beiden Damen ohne jede Scheu vor mir vollkommen der Kleider entledigten. Ich meine: auch Frau Da-ch’ma ohne jede Scheu. Obgleich ich mich heftig sträubte, mußte auch ich es tun. Frau Pao-leng zischte mir zu, daß ich mich nicht so zieren solle. In einem Sao-na-Schwitzkeller sei dies so üblich, und wenn ich – wie ich zuletzt noch inständig bat – meine Hose anbehalten wolle, würde die Gastgeberin das als äußerst unhöflich empfinden.
    So saßen wir also da: Frau Pao-leng, Frau Da-ch’ma und ich. Wir schwitzten. Nach einiger Zeit wagte ich, meinen Blick auf die Gastgeberin zu wenden. Sie war schlank, fast wie ein Knabe, braun gebrannt am ganzen Körper wie ein Sklave nach der Feldarbeit und verfügte über einen Busen von gebirgsartigen Ausmaßen. Es ist mir dies schon bei den Entkleidungstänzerinnen in jenem Lokal aufgefallen, das ich mit Meister Yü-len besucht habe, und ich muß in dem Zusammenhang das Bild revidieren, das ich von Frau Pao-leng anfangs gezeichnet habe.
    Ich muß weiter ausholen, um Dir das verständlich zu machen: anfangs, das schrieb ich Dir, konnte ich hier in dieser Welt die Leute nicht unterscheiden, sowenig, wie wir in einem Knäuel feuchter Lurche, die in einer Felshöhle sitzen, die einzelnen Lurche voneinander unterscheiden können. (Daß ich diese abstoßende Parallele wähle, ist kein Zufall, wie Du Dir denken kannst, wenn Du meine Briefe aufmerksam gelesen hast – woran ich nicht zweifle.) Mit der Zeit lernte ich, die Gesichter der Großnasen zu unterscheiden, ich konnte aber lang nicht erkennen – es sei denn, es war ein Bart vorhanden, was aber nicht sehr häufig der Fall ist, ob es sich um eine männliche oder weibliche Großnase handelt. Die Großnäsinnen haben alle riesige Füße (für unsere Begriffe), und die Füße unterscheiden sich nicht von Männerfüßen. Lang war ich der für uns naheliegenden Ansicht, daß alle Großnasen, die mir auf der Straße begegneten, männlichen Geschlechts seien. Eine Frau hat nach unseren Sitten außerhalb des Hauses nichts zu suchen. Ich übertrug die Meinung, daß diese Sitte auch hier gelten würde, auf meine Beobachtung. Wie Du inzwischen weißt, stimmt das aber nicht. Dann war ich eine Zeitlang der Meinung, daß man männliche und weibliche Großnasen an der Farbe der Schirme auseinanderhalten könne. Das stimmt, wie ich erforscht habe, nur in begrenztem Maß, und dieses Unterscheidungsmerkmal ist natürlich nur brauchbar, wenn es regnet, denn die Großnasen kennen nur den Regen-, nicht aber den Sonnenschirm. Zwar regnet es oft, aber doch nicht immer.
    Später dann fielen mir die enormen Brüste der Großnäsinnen auf. Alte Weiber und Ammen haben bei uns auch große Brüste, aber das betrachten wir als abwegige Erscheinung. Selten hat eine Großnäsin einen nach unseren Begriffen normalen Busen. Ihre Kleidung ist auch so, daß die Brüste hervorspringen und betont sind. Die ersten Brüste, die ich unverhüllt sah – seitlich durch

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