Brockmann Suzanne
Diplomaten an Bord nur allzu gut vorstellen. Diesen Männern waren die ohnehin schon zweifelhaften Beziehungen zu diesem winzigen Inselstaat wichtiger als das Leben eines SEAL-Captains.
Harvard signalisierte Crash, sein Mikro wieder abzuschalten.
„Sag mir alles, was du über Shermans Hauptquartier weißt“, verlangte er.
„Es ist ein ziemlich modernes Gebäude“, setzte Crash an. „Ein ehemaliges Lagerhaus, das in einen Hochsicherheitstrakt umgebaut wurde. Ich war mehrmals drin – aber immer nur, weil ich eingeladen worden war und durch die Eingangstür gehen konnte. Es gibt nicht viele Orte, an denen der Captain innerhalb des Gebäudes sein kann. Es gibt zwei Krankenzimmer. Eines im hinteren Teil des nordöstlichen Gebäudetrakts, im Erdgeschoss, das andere weiter vorne an der östlichen Seite, ebenfalls im Erdgeschoss.“ Er sah Harvard düster an. „Es kann gut sein, dass sie ihm medizinische Hilfe versagt haben und ihn in eine Zelle im Keller gesteckt haben.“
„Und wie komme ich da rein?“, fragte Harvard.
„Das ist nicht einfach“, erwiderte Crash. „John Sherman ist ein ehemaliger Green Beret. Er hat dieses Gebäude dazu ausgebaut, um ungebetene Besucher fernzuhalten. Es gibt keine Fenster und nur zwei Türen – beide streng bewacht. Es gibt noch ein Belüftungssystem, das die einzige Möglichkeit sein dürfte, hineinzugelangen. Die Öffnung für die Frischluftzufuhr liegt auf der Westseite des Gebäudes direkt unter dem Dach. Ich habe selbst vor ein paar Jahren mal probiert, das Gebäude auf diesem Weg zu betreten, aber die Luftschächte waren wirklich eng. Ich hatte Angst, stecken zu bleiben, und aufgegeben. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, wenn du versuchst, über das Belüftungssystem einzusteigen, Senior Chief. Immerhin wiegst du zwanzig bis fünfundzwanzig Kilo mehr als ich. Allerdings ist es sechs Jahre her, dass ich es versucht habe. Mag sein, dass Sherman seither das System erneuert hat.“
„Ich wette, ich würde durchpassen.“
Beide Männer sahen P. J. an, als hätten sie vollkommen vergessen, dass sie auch noch da war.
„Nein!“, sagte Harvard. „Kommt gar nicht infrage! Du gehst zurück aufs Schiff, zusammen mit Lucky und Greene.“
Ihre Augen wurden schmaler. „Warum? Ich bin nicht verwundet.“
„Das ist richtig. Und so wird es auch bleiben. Hier sind echte Waffen mit echter Munition im Spiel, P. J.“
„Ich habe durchaus schon mit echten Waffen zu tun gehabt. Ich bin seit drei Jahren Agentin, Daryl. Komm schon! Das weißt du.“
„Crash braucht deine Hilfe, um Lucky und Greene zurück an Bord zu bringen.“
Sie zwang sich, Ruhe zu bewahren. „Crash braucht mich nicht – du brauchst mich.“
Harvards Gesicht wirkte hart und angespannt. „Das Einzige, was ich jetzt brauche, ist ein Plan, wie ich in Shermans Hauptquartier komme und meinen Captain dort raushole.“
P. J. wandte sich an Crash. „Denkst du, ich würde durch die Belüftungsschächte passen?“
Er antwortete nicht sofort, überlegte erst, taxierte sie mit seinen eigenartigen blauen Augen. „Ja“, sagte er schließlich. „Das würdest du.“
Sie drehte sich wieder zu Harvard. „Du brauchst mich.“
„Vielleicht. Aber mehr als deine Hilfe brauche ich die Gewissheit, dass es dir gut geht und du in Sicherheit bist.“ Er drehte sich um und gab ihr damit wortlos zu verstehen, dass ihre Unterhaltung vorüber war.
Aber P. J. ließ sich nicht so einfach abwimmeln. „Daryl, du hast hier nicht wirklich die Wahl. Ich weiß, ich kann …“
„Nein“, sagte er. „Meine Wahl ist: Nein. Du gehst zurück an Bord.“
P. J. hätte am liebsten geschrien. All diese Dinge, die er zu seiner Familie, seiner Schwester, zu ihr selbst gesagt hatte – all das war gelogen gewesen. Er sah sie nicht wirklich als ebenbürtige Soldatin. Er dachte nicht wirklich, dass sie ihren Mann stehen konnte – wie es so schön hieß. „Ich verstehe.“ Ihre Stimme zitterte vor Ärger und Enttäuschung. „Wie dumm von mir. Mein Fehler. Ich habe dich offensichtlich mit jemandem verwechselt – jemandem, der zu seinem Wort steht.“
Harvard konnte nicht länger an sich halten. Seine Stimme wurde sanfter, aber sie verlor nichts an Nachdruck. „Ver-dammt, ich kann doch nichts an meinen Gefühlen ändern!“ Er griff nach ihr und riss sie in seine Arme. Luckys und Greenes neugierige Blicke nahm er nicht mal zur Kenntnis. „Du bedeutest mir einfach zu viel, P. J.“, flüsterte er ihr mit heiserer Stimme zu. „Es tut
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