Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Brother Sister - Hoert uns einfach zu

Titel: Brother Sister - Hoert uns einfach zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Olin
Vom Netzwerk:
versöhnen.«
    Will schoss mir einen irren Blick zu, fast panisch.
    Da kapierte ich endlich. Ich kam mir wie ein Volltrottel vor. Naomi hatte ganz spezielle Pläne. Sie war gekommen, um Will zu vernaschen. Will hatte ein Date! Wow! Sein erstes. Und ich saß den beiden auf der Pelle und machte alles kaputt.
    Aber ich konnte ja nicht einfach plötzlich verschwinden. Das wäre zu auffällig gewesen. Wo hätte ich auch hingehen sollen? All das Gerede über Craig hatte mir ziemlich zugesetzt. Schon der Gedanke, jetzt das sichere Haus zu verlassen, war unerträglich.
    Will beendete das Spiel und sprang auf. »Wer will was trinken?«, fragte er. »Wir haben noch eine fast volle Flasche Tequila von unserer Party übrig. Was meint ihr?« Die Art, wie er mir zunickte, bedeutete, dass ich ihm den Gefallen tun und bleiben sollte. Er würde sich dafür revanchieren, indem er den Gastgeber spielte und das Gespräch von Craig weglenken würde. Wenn wir uns so benahmen, als ob alles in Ordnung wäre, konnten wir es uns vielleicht eine Weile selbst einreden.
    »Habt ihr Limonen?«, fragte Naomi. »Und Salz?«
    »Ja, klar«, sagte Will.
    »Dann bin ich dabei«, sagte sie.
    »Ich auch«, sagte ich.
    Will ging in die Küche, holte den Tequila und was wir sonst noch brauchten und brachte alles zum Couchtisch. Die einzigen Schnapsgläser, die er finden konnte, waren die mit den kitschigen Betty-Boop-Motiven, die Mom sammelte, und als wir die erste Runde kippten, dachte ich: Verdammt, ob es bei Mom wohl genauso angefangen hat? Trinken, um nicht mehr zu merken, wie beschissen es einem geht? Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ich nicht so enden würde wie sie.
    Inzwischen hab ich festgestellt, dass Alkohol einem zwar kurz die eigenen unerträglichen Gefühle vernebelt, aber dann stürzt er einen in Situationen, die noch viel unerträglicher sind.
    Für die zweite Runde verlangte Naomi Körperkontakt: Statt von der eigenen Hand sollten wir das Salz einem anderen aus der Halsbeuge lecken. Sie machte es vor, natürlich an Wills Hals. Dabei ließ sie sich schön viel Zeit.
    Als sie von Will wieder Abstand nahm, sagte sie zu mir: »Die Sache am Strand neulich tut mir leid, Ash.«
    »Wovon redest du?«, fragte ich, obwohl ich es natürlich ganz genau wusste.
    »Ich weiß, dass du uns gehört hast«, sagte sie. »Du musst uns gehört haben. Aber du darfst nichts darauf geben, was die anderen sagen. Das ist nur dummes Gerede. Mir ist es auch auf den Geist gegangen.«
    Das war gut zu hören. Ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass Naomi sensibler war als die anderen. »Danke«, sagte ich. »Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet.«
    »Worum geht’s?«, fragte Will und sah mich an, als wollte er mich warnen.
    »Ach, nichts«, sagte ich. »Alles okay.«
    »Du bist dran!«, rief Naomi und legte Will den Arm um die Schulter. »Ich will Action sehen!«
    Er zögerte und sah mich noch mal an, als ob er sich vergewissern wollte, dass alles in Ordnung war. Dann leckte er schnell etwas Salz von Naomis Hals. Dabei berührte er sie kaum, und ich konnte sehen, wie peinlich es ihm war. Armer Will! Er hatte ja keine Ahnung vom Flirten und so. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, dass Naomi keine Show abzog, sondern Will wirklich gernhatte. Ich wünschte ihm so sehr, endlich mal selbst die Erfahrung zu machen, wie schön es ist, von jemandem berührt und begehrt zu werden, der gar nicht genug von einem kriegen konnte. Für mich gab es also keinen Grund, warum er sich nicht auf Naomi einlassen sollte.
    »Guck mal, Will, so macht man das«, sagte ich. Ich leckte Naomis Hals an und streute etwas Salz drauf. Dann kippte ich meinen Tequila runter, beugte mich zu ihr vor und leckte langsam und genüsslich das Salz ab, mit so viel Lippen- und Zungeneinsatz wie möglich.
    Will sah genau hin, aber ich war mir nicht sicher, ob er kapierte, was ich meinte.
    Das spielte aber keine große Rolle, denn langsam stieg uns der Alkohol zu Kopf. Wir tranken immer weiter, und irgendwann fingen wir an, Wahrheit oder Pflicht zu spielen.
    Wir hatten schon ein paar Fragen hinter uns, als Naomi mich fragte: »Was würdest du zu Craig sagen, wenn er jetzt hier reinspaziert käme und dich um Verzeihung bitten würde?« In dem Moment wurde mir klar, wie gefährlich dieses Spiel war. Schnell kippte ich den nächsten Tequila runter. Die Spielregeln verlangten, dass ich die Wahrheit sagte, aber das war nicht so einfach. »Ähm«, sagte ich. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher