Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
Tatsächlich blieben die Akten keine vierundzwanzig Stunden auf der Wright-Pat, bevor sie an den Chef der Militärjustiz der Luftwaffe, einem Zweisternegeneral, im Pentagon weitergeleitet wurden.
Seine Besprechung um 7.30 Uhr mit dem Chef der Militärjustiz dauerte fünf Minuten. Der Zweisternegeneral riet ihm zur Annahme des vorliegenden Angebots: Patrick sollte freiwillig um seinen vorzeitigen Abschied bitten und diese Sache mit einer ehrenhaften Entlassung als General bei vollen Ruhestandsbezügen aus der Welt schaffen. Alle nötigen Erklärungen waren unterschriftsreif vorbereitet, und der Area Defense Counsel, ein Einsternegeneral, hielt sich bereit, etwaige Fragen zu beantworten. Als »Strafverteidiger« der Luftwaffe unterstanden die ADCs nur General Victor Hayes, dem Generalstabschef der Air Force. Auch Hayes empfahl die vorgeschlagene Einigung; er hatte den Fall McLanahan mit dem Luftwaffenminister besprochen und war sich mit ihm darüber einig, das Angebot einer ehrenhaften Entlassung als General bei vollen Ruhestandsbezügen sei annehmbar und angesichts der Schwere der Anklage sogar großzügig.
Patricks einfache Antwort: »Nein, Sir.«
Seine nächste Station war das Dienstzimmer des stellvertretenden Personalchefs, eines Dreisternegenerals. Dort wurde ihm – ebenfalls wieder hinter verschlossenen Türen – mitgeteilt, seine Sicherheitseinstufung sei widerrufen worden, er habe keine Berechtigung mehr zum Umgang mit Kernwaffen, dürfe nicht mehr als Besatzungsmitglied von Militärflugzeugen fliegen und dürfe keine Waffen – von einem Flugzeuglaser bis hinunter zu einer gewöhnlichen Pistole – mehr bedienen oder gebrauchen. Weiterhin erfuhr Patrick, die Air Force habe seinen Spezialistenkode von XO, »Kommandeur und Direktor«, in OX, »andere«, abgeändert, wobei »andere« in seinem Fall jemanden bezeichnete, dem ein Kriegsgerichtsverfahren drohte – einen Offizier ohne Spezialausbildung, ohne Zuständigkeitsbereich, ohne Einheit und ohne Team. Dieser Wechsel würde in seine Personalakte eingetragen werden, wo ihn jeder sehen konnte, was praktisch garantierte, dass er nie mehr eine neue Aufgabe erhalten, nie wieder befördert werden und nie mehr einen Orden oder eine Auszeichnung erhalten würde. Da Außenstehende diesen Teil seiner Personalakte einsehen konnten, würden auch etwaige Arbeitgeber ihn sehen, wodurch sichergestellt war, dass Patrick niemals in den Verwaltungsrat einer Firma gewählt werden oder irgendeine Stelle im In- oder Ausland bekommen würde, die eine Sicherheitsüberprüfung voraussetzte.
Bei jeder neuen Überraschung, die Patrick erfuhr, musste er eine Erklärung unterschreiben, mit der er bestätigte, alles verstanden zu haben, was ihm mitgeteilt worden war, und sich über alle möglichen Folgen völlig im Klaren zu sein. Immer wenn er vor irgendwelchen schlimmen Konsequenzen gewarnt oder auf eine weitere möglicherweise peinliche oder stressreiche Etappe des Kriegsgerichtsverfahrens aufmerksam gemacht wurde, erhielt er eine weitere Chance, durch seine freiwillige Erklärung als General, mit vollen Ruhestandsbezügen und einer ehrenhaften Entlassung auszuscheiden – eindeutig die Methode »Zuckerbrot und Peitsche«. Aber seine Antwort blieb immer die gleiche: »Nein, Sir.«
Noch bevor Patrick mit dieser Runde fertig war, kam er sich vor, als sei er einer Schlägerbande in die Hände gefallen. Sein Aktenkoffer quoll von Durchschlägen und Kopien aller Vordrucke, Briefe, Memos und Weisungen über, die den Anfang vom Ende seiner siebzehnjährigen Laufbahn in der Air Force darstellten.
Als Patrick das Dienstzimmer des stellvertretenden Personalchefs der Air Force verließ, erwartete ihn draußen vor der Tür ein Oberstleutnant mit Goldpaspeln an den Schulterstücken. »Sir, General Hayes möchte Sie sprechen«, sagte er einfach und ging voran. Nun, dachte Patrick, der Generalstabschef kann mir auch nicht mehr anhaben als alle Stabsoffiziere, mit denen ich bisher zu tun gehabt habe. Am besten bringe ich’s gleich hinter mich.
General Victor »Jester« Hayes hatte ein riesiges Dienstzimmer mit einem Dreieckstisch, an dem bei Videokonferenzen zwölf Personen Platz hatten, und einer bequemen Sitzgruppe vor seinem Schreibtisch, aber es war eher schlicht eingerichtet, mit Bildern und Gegenständen, die in Bezug zur Geschichte und den Erfolgen der U.S. Air Force standen und nicht an die Karriere des Generals erinnerten. Obwohl Hayes die Air Force Academy als
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