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Brown Sandra

Brown Sandra

Titel: Brown Sandra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Hauch von Skandal
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bei uns waren. Verdammt! Jedesmal, wenn ich darüber nachdenke, wünsche ich, ich hätte meine Hände um ihren Hals …«
Ivan warf Neal einen düsteren Blick zu. »Vielleicht hättest du sie damals, in dieser Nacht, umbringen und es den Niggern oder irgendwelchem weißen Abschaum in die Schuhe schieben sollen.«
»Ja. Wenn ich doch nur damals schon gewußt hätte, was ich heute weiß.«
»Okay, sie ist auf Rache aus. Ich kenne das Gefühl selbst zu gut, um die Zeichen nicht zu sehen.« Ivan schnalzte verächtlich. »Aber Myrajanes kleiner Waschlappen, dieses Stück Hühnerscheiße, mußte ja schon ins Gras beißen, und unser tapferer Sheriff ist wohl kaum in der Verfassung, sich mit so was zu beschäftigen. Wer bleibt also übrig?«
Neal klopfte seinem Vater auf die Schulter. »Keine Sorge, Daddy. Wir brauchen doch nur uns beide.«
    ***
    Jade lenkte den Jeep auf den Hof, der in einem genauso erbärmlichen Zustand wie früher war. Die Hühner waren ein paar Generationen weiter, aber sie gackerten und flatterten noch genauso über den Hof. Eine Sau grunzte in ihrem schlammigen Verschlag.

    Durchs Küchenfenster konnte sie sehen, wie sich Mrs. Parker die Hände an einem Geschirrtuch abtrocknete und zum Fenster ging, um nachzuschauen, wer gekommen war. Auf Jade wirkte die Situation wie ein Déjà-vu. Sie hätte lieber zu einer anderen Tageszeit kommen sollen, nicht ausgerechnet in der Dämmerung, so wie damals, als sie die grausige Entdeckung in der Scheune gemacht hatte. Doch sie wußte, daß sie Otis nur zum Abendessen mit Sicherheit hier antreffen würde.

    Sie ging zur Vordertür und klopfte. Mrs. Parker warf sich das Geschirrtuch über die Schulter und kam zur Tür. Sie schirmte die Augen vor der untergehenden Sonne ab und blinzelte Jade durch das Fliegengitter an. »Ja, bitte?«

    »Hallo, Mrs. Parker. Ich bin es, Jade. Jade Sperry.« Jade konnte hören, wie sie die Luft einzog. Ihre knochige Brust hob sich. Sie kam mit dem Gesicht näher ans Gitter und

    vergewisserte sich.
»Was wollen Sie hier?«
»Ich würde gerne mit Ihnen sprechen.«
»Wir haben uns nichts zu sagen.«
»Bitte, Mrs. Parker. Es ist wirklich wichtig, sonst wäre ich
    nicht hergekommen. Bitte.«
    Jade wartete bang einen scheinbar endlosen Augenblick, dann schwang das Fliegengitter mit einem lauten Quietschen auf. Mrs. Parker neigte ihr ergrautes Haupt. Jade betrat das Wohnzimmer. Die Polsterung des alten Sofas war so mitgenommen, daß an verschiedenen Stellen die Füllung durchquoll. Auf der Kopfstütze des Sessels prangte ein großer Fleck. Der Teppich war an den Rändern ausgefranst.

    Seit Jade das letzte Mal hiergewesen war, waren keine neuen Möbel dazugekommen. Es war ein dunkler Raum mit vergilbten Tapeten, abgenutzten Möbeln, einer laut tickenden Uhr und einem gerahmten Foto von Gary mit Umhang und Kappe, die er nie bei der Abschlußfeier getragen hatte.

    Jade war nach ihrer Rückkehr an Garys Grab gewesen. Als er jetzt aus dem billigen Rahmen auf sie herablächelte, spürte sie einen Stich, doch gleichzeitig fühlte sie sich in ihrem Anliegen bestärkt. Sie wandte sich zu Garys Mutter, die um mehr als nur fünfzehn Jahre gealtert war. Ihr Haar war dünn und ungekämmt, und ihr Kleid hing lose an ihrem Körper. Ihre faltige Haut bedeckte nichts als Knochen.
»Wo sind Garys jüngere Geschwister, Mrs. Parker?« Mrs. Parker erwiderte knapp, daß zwei der Mädchen

    verheiratet waren und selber Kinder hatten. Einer der Jungs lebte mit seiner Frau in der Stadt und arbeitete auf Patchetts Sojaplantage; ein anderer war bei der Navy, einer hatte das Haus verlassen, ohne zu sagen, wohin er wollte. Sein letztes Lebenszeichen war eine Postkarte aus Texas gewesen.
    »Die Kleinste wohnt noch zu Hause«, berichtete sie müde. »Nächstes Jahr macht sie ihren Abschluß an der High School.«
    Traurig erinnerte sich Jade an die Pläne, die sie und Gary für seine jüngeren Geschwister gehabt hatten.
Dann hörte sie, wie irgendwo im Haus eine Tür schlug.
»Das wird Otis sein«, sagte Mrs. Parker ängstlich. »Er wird nicht gerade froh sein, Sie hier zu sehen.«
»Ich muß aber mit ihm reden.«
Oti Parker war noch schlimmer gealtert als seine Frau. Er ging geduckt und das bißchen verbliebene Haar war weiß.
Die Zeit, Müdigkeit, Verzweiflung und Kummer hatten tiefe Kerben in sein Gesicht gegraben. Er blieb stehen, als er Jade erblickte.
»Wir ha’m Besuch, Otis.« Mrs. Parker hatte das Tuch von der Schulter genommen und wrang es nervös in den

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