Brown Sandra
Krankenhaus ein, gerade als Jade die Intensivstation verließ. Als sie einander auf dem Flur begegneten, machte sie kein Hehl aus ihrer Mißbilligung. »Was wollen Sie hier?«
Sie sah in der künstlichen Beleuchtung blaß aus. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, was jedoch deren Größe und strahlende Farbe nur betonte. Sie trug einen kurzen, gerade geschnittenen Jeansrock, ein weißes Leinenhemd, einen roten Ledergürtel und rote Sandalen.
Sie sah umwerfend aus.
»Das könnte ich ebensogut Sie fragen«, entgegnete er.
»Nach dem, was ich gestern abend gehört habe, hätte ich Sie hier als letztes erwartet.«
»Ich habe einen Grund, hier zu sein. Sie nicht.«
»Nun, dann betrachten Sie mich eben einfach als Schaulustigen.« Dillon sah über Jades Schulter hinweg, daß auf der Station plötzlich alle sehr geschäftig wurden. »Was ist los?«
»Hutch hat eine Spenderniere.«
Dillon spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. »Doch nicht …«
»Nein, nicht Graham. Ein Unfallopfer.«
Jade warf einen Blick zurück und ging Richtung Ausgang. Dillon lief ihr nach. Grahams Vater?«
dann schnell in »Ist Hutch Jolly
Sie beschleunigte ihren forschen Gang. »Ich weiß es nicht.« »Oh, großer Gott!« Er überholte sie und stellte sich ihr in den Weg. »Ist er es, oder ist er es nicht?«
»Warum halten Sie sich nicht aus meinem Privatleben raus?
Ihre morbide Faszination dafür verursacht mir Übelkeit!« »Was verbindet Sie mit Mrs. Jolly?«
Sie hielt einen Moment die Luft an und atmete dann resigniert
aus. »Donna Dee war einmal meine beste Freundin.« »Bis was, Jade? Bis was passierte? Bis Hutch der Vater Ihres
Kindes wurde? Waren die beiden damals vielleicht schon
verheiratet?«
»Natürlich nicht! Wie können Sie es wagen …«
Sie preßte die Lippen aufeinander, um nicht noch mehr zu
sagen.
Dillon konnte sehen, daß die Frage sie wirklich verärgert hatte.
Er hielt es für besser, jetzt zurückzustecken und nachzugeben. Er nahm ihren Arm und begleitete sie zum Ausgang. Dann sagte er in besänftigendem Ton: »Wenn Sie mir gegenüber ehrlich wären, müßte ich nicht so drängen.«
»Es geht Sie aber nichts an.«
»Da denke ich anders.«
»Warum?«
Wieder blieb er stehen, um ihr in die Augen zu schauen.
Schluß mit der Nachgiebigkeit. Er drückte sie gegen die nächstbeste Wand und flüsterte eindringlich: »Weil ich wissen will, warum du jedesmal, wenn ich dich anfasse, zurückzuckst. Verdammt, Jade, du weckst in mir den Wunsch, dich zu berühren. Aber ich ertrage es nicht, daß du mich dann jedesmal anschaust, als wärst du ein Menschenopfer und ich hätte frisches Blut an den Händen.«
»Ich will das nicht hören.«
»Du willst es vielleicht nicht hören, aber so ist es nun mal. Und das weißt du verdammt gut. Du weißt, seit ich dich geküßt habe, daß ich mich danach sehne, mit dir zu schlafen.«
»Nein, nicht. Bitte, sag jetzt nichts mehr.«
»Jade …«
»Merk dir das«, sagte sie mit Nachdruck. »Zwischen uns wird
es nie zu einer intimen Beziehung kommen.«
»Weil du meinen Gehaltsscheck ausstellst?«
Wut flackerte in ihren blauen Augen auf. »Deshalb auch. Aber
hauptsächlich aus Gründen, die du nicht kennst.«
»Was sind das für Gründe, Jade? Genau das versuche ich doch
herauszufinden. Was sind das für Gründe? «
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Sturheit schien für den Moment
unüberwindbar. Dillon fluchte in sich hinein, trat zur Seite und
gab den Weg frei.
Am Nachmittag erreichte Jade Palmetto. Sie sah im
Rückspiegel, daß Dillon ihr noch immer folgte. Er hatte die ganze Fahrt von Savannah bis hierher nie mehr als ein Auto zwischen sie gelassen. Und jetzt bog er ebenfalls ab.
Die kurvenreiche Landstraße wurde zu beiden Seiten von dichtem Wald gesäumt und endete an einem verlassenen Haus bei einer Schonung. Das Schild mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN stand schon so lange dort, daß es von hohem Unkraut überwuchert war. Wind und Wetter hatten die Schrift verblassen lassen. Das Haus selber war beeindruckend, wenn auch schon ziemlich verfallen. Von den Säulen blätterte die Farbe, und die Fensterläden waren lose oder fehlten ganz. Der letzte Hurrikan hatte ein Teil des Daches abgedeckt.
Die Lebenseichen allerdings waren unbeschädigt. Moos hing reglos in der brütenden Hitze von den Zweigen und wurde nur manchmal von einer sanften Meeresbrise gestreift. Vögel zwitscherten in den stattlichen Pinien und löschten ihren Durst an dem überwucherten Springbrunnen. Die Myrten waren
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