Brown Sandra
plötzlich ein.
»Klar, wenn du meinst, daß das nötig ist.« Neal warf ihm einen Blick zu. »Fährt sie noch öfter zur Parker-Farm raus?«
»Wohin?«
»Zur Parker-Farm.«
»Weiß ich nicht.«
»Oh. Ich habe sie da mal gesehen und dachte, sie hätte sie vielleicht erwähnt.«
»Sie will Land kaufen, für die Firma«, sagte Graham in der Hoffnung, die Auskunft könnte behilflich sein.
»Sie ist ’ne echte Draufgängerin, was?«
Graham nahm die Bemerkung als Kompliment und antwortete mit einem fröhlichen Lächeln. »Das stimmt.«
Als sie die Werkstatt erreichten, kam ein Mann in einem ölverschmierten Overall heraus, um sie zu begrüßen. Drei tabakbraune Zähne waren zu sehen, als er Mr. Patchett angrinste. Bis er den Reifen gerichtet hätte, bot er ihnen an, könnten sie doch drinnen im kühlen Büro warten.
Graham folgte Neal in das schmuddelige Büro. Es war nur unwesentlich kühler als draußen und stank nach kaltem Rauch, Achsenfett und Motoröl. Graham hätte es ekelhaft gefunden, wenn er nicht von dem nackten Mädchen auf dem Kalender wie hypnotisiert gewesen wäre. Er hatte nicht geahnt, daß Brustwarzen so groß und rot und Schamhaar so üppig und dunkel sein konnten.
»Da steht das Telefon, falls du deine Mom anrufen willst.«
Graham war sich zwar keiner wirklichen Schuld bewußt, aber irgendwie wollte er jetzt nicht mit seiner Mutter sprechen. Abgesehen davon wollte er nicht, daß Neal Patchett, der echt supercool war, ihn für ein Muttersöhnchen hielt.
»Nö, ist schon okay.«
Neal tätschelte das runde Hinterteil des Kalendergirls.
»Die ist klasse, was? Als ich in deinem Alter war, bin ich immer hergekommen, um mir den Kalender anzugucken. Später habe ich meine Gummis hier gekauft. Geht schneller als in der Drogerie, weißt du. Im Klo ist ein Automat, falls du’s mal eilig haben solltest.«
Sprachlos riß sich Graham von dem Kalender los und sah Neal an.
»Du weißt doch, was Gummis sind, oder, Junge?«
Graham nickte benommen, räusperte sich und sagte: »Na klar, ja, ich weiß, was Gummis sind.«
»Hatte ich auch angenommen. Wie alt bist du überhaupt?«
Er fühlte sich geschmeichelt, daß Mr. Patchett mit ihm von Mann zu Mann sprach. Stolz gab er an: »Ich werde bald fünfzehn.«
»Und wann genau?«
»Siebenundzwanzigster November.«
Neal musterte ihn einen Moment lang und grinste dann breit. »Zu Erntedank, was?«
»Ja, alle vier Jahre fällt es genau auf Erntedank.«
»Sieh mal an. Also, was willst du trinken?« Er öffnete einen Kühlschrank für Getränke, wie Graham ihn noch nie gesehen hatte. Es war ein breiter Kasten mit eiskalter Luft, die Flaschen standen in Reihen zwischen Metallgittern.
Neal schlug gegen die Lade der Registrierkasse, und sie sprang auf. Er nahm sich eine Handvoll Münzen. Graham starrte auf das Geld und dann nervös zum Fenster. »Wird er nichts sagen?«
»Dazu schuldet er meinem Daddy zu viele Gefallen. Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Was willst du haben?«
Graham suchte nach einer vertrauten Marke unter all den Kronkorken. »Gibt’s hier Dr. Pepper?«
»Dr. Pepper? Nein, sieht nicht so aus. Grapette, Orange Nehi, Big Red und Chocolate Soldier.«
»Chocolate Soldier? Kenn ich nicht.«
»Soll das heißen, du bist reife vierzehn Jahre alt geworden, ohne jemals einen Chocolate Soldier getrunken zu haben?«
Graham kam sich blöd vor und wollte sich rechtfertigen: »In New York haben wir Eierlikör getrunken. Kann man da bei den Straßenhändlern kriegen.«
Neal warf zwei Quarters in den Schlitz. »Eierlikör? Mann, so was schluckt auch nur ihr Yankees da oben, jede Wette.«
Der Chocolate Soldier schmeckte köstlich. Mr. Patchett bot ihm einen zweiten an, aber er lehnte dankend ab. »Was meinen Sie, wie lange braucht der noch, bis er den Reifen hingekriegt hat?«
»Sieht ganz so aus, als wäre er fast fertig.« Neal hielt ihm die Tür auf, und sie gingen in die Werkstatt.
Graham war erleichtert, daß sie bald los konnten. »Ich sollte nämlich jetzt da sein. Wenn ich zu spät komme, flippt meine Mom aus.«
»Ach«, schnaubte Neal, »du weißt doch, wie Frauen sind. Wegen jedem kleinen bißchen machen sie sich gleich in die Hose.« Er klopfte Graham kumpelhaft auf die Schulter.
***
»Komm mir nicht mit den Ausreden, mit denen du deine anderen Kunden vertröstest.« Jade lächelte in den Hörer. »Wann kann ich endlich mal was sehen?«
»Du solltest doch wissen, daß man Künstler niemals unter Druck setzen darf«, sagte Hank Arnett. »Druck tötet jegliche
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