Brown Sandra
die Augen vor der Sonne ab und sah zu, wie sie davonfuhren. Sie hustete nicht einmal von der Staubwolke, die von den quietschenden Reifen aufgewirbelt wurde. »Ich habe es geschafft. Ich habe es wirklich geschafft.«
Dillon war neben ihr. »Bist du verletzt?«
»Nein, ich fühle mich großartig.« Sie lächelte ihn an. Sein Gesicht war von Schweiß und Staub bedeckt. Auf seiner Stirn prangte ein roter Streifen, wo der Helm gewesen war, und die Sonnenbrille hatte zwei Halbmonde unter den besorgt dreinschauenden Augen hinterlassen. »Ich danke dir, Dillon.«
»Ich habe seinen Wagen gesehen und bin, so schnell ich konnte, rübergekommen.« Er tastete vorsichtig ihre Lippen ab. Sie waren geschwollen, bluteten aber nicht. »War wohl nicht schnell genug.«
»Es tut überhaupt nicht weh.« Sie sah dem davonpreschenden Wagen und der sich auflösenden Staubwolke nach. »Ich habe es geschafft«, flüsterte sie.
»Was?«
Sie erzählte ihm von dem Coup, den sie gelandet hatte.
»Ich hatte solche Angst, sie würden nicht drauf reinfallen, sie würden merken, daß ich mit der Parker-Farm nur bluffe.«
»Was hättest du dann gemacht?«
»Mitch hat mir ein Erbe hinterlassen. Ich erfuhr erst davon, als das Testament verlesen wurde. Wären die Patchetts nicht auf meinen Trick reingefallen, hätte ich die Farm davon gekauft.«
Er schüttelte verdrießlich den Kopf. »Du hast mich da draußen wie einen verdammten Idioten rumgeführt, nur zur Show?«
»Ja, ich gebe zu, ich habe dich benutzt. Bitte verzeih mir.«
»Nach dem, was die Patchetts dir angetan haben«, sagte er mit einem leichten Kopfschütteln, »mußt du dich wohl kaum für deine Motive oder Methoden rechtfertigen.«
»Das war meine persönliche Vendetta. Ich wollte dich und alle anderen nicht weiter als unbedingt notwendig dort mit hineinziehen.« Ihr Blick schweifte erneut in die Ferne. Es war ein warmer, schwüler Tag, obwohl der Sommer sich dem Ende zuneigte. Der Herbst stand bevor.
»Gary haßte es, arm zu sein«, sagte sie wehmütig. »Immer wieder sprach er davon, eines Tages nach Palmetto zurückzukehren und seinem Daddy eine Million Dollar in den Schoß zu werfen.« Sie wandte sich wieder Dillon zu und sah strahlend zu ihm auf. Dann legte sie ihre Hand auf seinen bloßen Oberarm. »Dillon, ich habe es für ihn getan.«
Er umfaßte ihre Taille, hob sie hoch, brachte tatsächlich ein Lächeln zustande und sagte: »Ich schätze, wir haben einen Grund zum Feiern.«
***
Als die Haushälterin den Kopf ins Arbeitszimmer steckte und fragte, was zum Abendessen gewünscht würde, warf Neal mit einer Kristallkaraffe nach ihr. Sie konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken und beschloß weise, die beiden Männer für den Rest des Tages besser in Ruhe zu lassen.
Im Zimmer breitete sich der Geruch des Brandys aus, der von der Holztäfelung auf den Teppich tropfte, doch Neal und Ivan waren zu betrunken, um es zu bemerken.
»Dieses Biest«, murmelte Neal, als er sich reichlich nachschenkte. »Das Beschissenste daran ist– sie war noch nicht mal gut. Sie war eine verdammte Jungfrau.« Er machte eine ausladende Geste mit den Armen und schüttete sich dabei den Brandy über die Hand. »Und dafür soll diese Scheiße gelaufen sein? Für das bißchen Spaß, das Hutch, Lamar und ich mit ihr hatten? Woher, zur Hölle, sollte ich ahnen, daß sie es so verbissen sieht und daß ihr Freund sich deshalb auch noch aufhängt?«
»Setz dich hin und halt den Mund«, dröhnte Ivan aus seinem
Rollstuhl. Sein Kopf war zwischen die Schultern gesunken, als hätte der Körper den Hals verschlungen. Seine Augen waren winzig wie Stecknadelköpfe und funkelten dunkel und böse unter den buschigen Brauen. »Du bist betrunken.«
»Ich habe allen Grund, es zu sein.« Neal durchquerte schwankend den Raum und beugte sich über seinen Vater.
»Falls du’s vergessen haben solltest, Daddy – uns gehört nicht mal mehr ein verdammter Pißpott. Unter anderem haben wir nämlich auch den erwarteten Profit des nächsten Jahres als Sicherheit für das Darlehen hinterlegen müssen.«
»Und wessen begnadete Idee war das alles?«
»Sie hätte funktionieren können«, sagte Neal trotzig.
»Hat sie aber nicht!«
Das Verhaltensmuster war schon in Neals früher Jugend geprägt worden – er war so lange überheblich und arrogant, bis er sich damit in Schwierigkeiten brachte. Dann rannte er zu seinem Vater, der ihn da rausholen mußte. »Woher sollen wir denn jetzt das Geld kriegen, Daddy?« jammerte er. »Wie
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