Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
gearbeitet?«
    »Also gut, ich werde nachfragen.«
    Sie rief über das Festnetz des Hotels eine sichere Leitung in Berlin an und bekam Sowinski an die Strippe, der muffig äußerte: »Ich wusste doch gleich, dass zwei Agenten auch genau doppelt so viel Schwierigkeiten machen wie einer.«
    »Es geht um Folgendes«, erläuterte Svenja. »Wenn wir das hier im Doppel durchziehen, ist es schneller und ungefährlicher. Und vor allem schützen wir damit unsere Quelle.«
    »Und wie sieht das Doppel aus?«
    »Einer trifft die Wissenschaftlerin als alter Bekannter. Es gibt eine große Szene vor aller Augen während sich der andere um das Dossier kümmert.«
    »Und da kollidiert nichts?«
    »Da kollidiert nichts.«
    »Na gut. Aber anschließend umgehend Bestätigung an mich. Und dann kommen Sie sofort nach Hause.«
    »Gut«, sagte Svenja und unterbrach die Verbindung. An Müller gewandt sagte sie: »Wir können es gemeinsam durchziehen. Also pass auf: Sie hat quasi freiberuflich für die Regierung und für die Armee Informationen über die nordkoreanischen Raketen zusammengetragen. Als die dort entdeckten, dass ihre Arbeit wirklich brillant ist, haben sie sämtliche Unterlagen und ihr eigenes Arbeitsexemplar aus der Wohnung geholt. Diese Frau kann sich nicht mehr frei bewegen, muss sich sogar abmelden, wenn sie einkaufen geht. Sie ist ein Sicherheitsrisiko geworden. Aber sie hat noch eine Kopie, von der ihr Auftraggeber nichts weiß. Sechshundert Seiten.«
    »Das sind zwei Backsteine. Hat sie eine Ausweichnummer?«
    »Ja. Bei einer Nachbarin in einer Wohnung im selben Haus. Ich kontaktiere sie jetzt gleich noch mal und erkläre ihr unseren neuen Plan. Ich hoffe, sie zieht mit.«
    »Wo wohnt sie?«
    »Im Viertel Seocho-gu am Han-Fluss. Es kann nicht weit sein. Wann, denkst du, sollten wir es machen?«
    »Morgen in aller Früh«, schlug er vor und fügte grinsend hinzu: »Wenn alle Agenten schlafen.«
    »Und wenn wir gleich hier fertig sind, gehst du dann noch mit mir tanzen?«
    »Wenn es denn sein muss«, willigte er seufzend ein. Er konnte nicht tanzen, er fand Tanzen geradezu lächerlich. Seit seiner Pennälerzeit hatte er sich stets geweigert, sich dem Rhythmus der Musik einfach hinzugeben. Allein die Erinnerung an den Tanzkurs war ein Albtraum. Gleichzeitig liebte er Louis Armstrong und den rabenschwarzen Soul der Südstaaten. Karl Müller war sich oft selbst ein Rätsel.
     
    »Komm, entspann dich ein bisschen«, flüsterte Svenja sanft, als sie sich vierzig Minuten später auf der winzigen Tanzfläche der Hausbar bewegten. Sie steuerten an einigen dicht besetzten Tischen vorbei, und Müller war es sehr peinlich, dass sie das einzige Paar waren, das tanzte.
    Der schwarze Pianist schien zu dieser vorgerückten Stunde nur noch für sich selbst zu spielen, wie es alle wirklich guten Barpianisten taten. Er betrachtete sie wohlwollend, lächelte Müller zu und leitete dann über zu »September«, womit er wohl der Nacht einen melancholischen Anstrich geben wollte. Aber dann löste sich plötzlich ein sichtlich betrunkener Mann aus einer Runde, steuerte in schwankendem Gang den Flügel an, griff sich ein Mikrofon und versaute den Song mit seinem in hartem Englisch vorgetragenen Gesang, der exakt einen halben Ton danebenlag. Müller war ihm zutiefst dankbar, weil er jetzt einen Grund hatte, mit dem Tanzen aufzuhören, während die Clique des Betrunkenen begeistert johlte.
    »Das ist Fernost«, stellte Svenja fest. »Na ja, vielleicht sollten wir auch besser schlafen gehen, es ist schon ziemlich spät.«
    Es war zwei Uhr.
    »Wir frühstücken um halb sieben«, sagte er im Lift und küsste zärtlich ihren Hals.
    »Und du bringst mich nicht ins Bett. Sowinski is watching us.« Sie sah so aus, als täte ihr das außerordentlich leid.
    »Vielleicht sollten wir die Branche wechseln«, sagte er lächelnd.
    Als es später darum ging, die Affäre für die Eleven der Geheimen Künste aufzuarbeiten, schwappten immer wieder heftige Diskussionen hoch, ob Krause bereits zu diesem Zeitpunkt ahnte, wie der Hase lief. Und wie üblich gab es mehrere Lager, die sich wochenlang aufs Heftigste bekämpften. Die Krause-Partei äußerte: »Er muss zu diesem Zeitpunkt schon etwas geahnt haben.« Die Anti-Krause-Liga schäumte vor Empörung und erklärte: »Es ist ein Irrsinn, dem Mann ständig anzudichten, er habe magische Kräfte. Irgendwann wird noch behauptet werden, er habe den Bösewicht in seiner Kristallkugel gesehen und per Telepathie in sein

Weitere Kostenlose Bücher