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Bruderdienst: Roman (German Edition)

Bruderdienst: Roman (German Edition)

Titel: Bruderdienst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Strähnen darin, und er hatte einen durchtrainierten Körper.
    »Ich bezahle mal«, sagte Müller und hob die Hand.
    Die junge Frau, die sie bedient hatte, war sofort bei ihnen. Er gab ihr ein großzügiges Trinkgeld. »Ist es noch weit bis zu den Taxis?«, fragte er.
    »Zweihundert Meter«, sagte sie.
    Müller griff nach seinem Handy und sagte laut: »Hallo?« Dann wartete er zwei Sekunden und sagte auf Englisch: »Augenblick, bitte. Ich kann hier nicht reden.« Er stand auf, sagte zu Kim: »Nur einen Moment«, und ging dann die Bar entlang. Er folgte dem Toilettenschild, wobei er unablässig weitersprach. Er trat durch die Klapptür und musterte kurz den Raum, in dem rechts die Pissbecken waren, links die Klos. Dann ging er in die letzte Kabine, ließ die Tür aber offen. Er redete immer weiter unsinniges Zeug und hörte, wie die Klapptür erneut aufgestoßen wurde.
    Müller vernahm keine Schritte. Der Mann war ein Profi.
    Müller sagte etwas leiernd auf Englisch: »Ich habe Tante Agnes gebeten, morgen zu kommen. Wir haben also Zeit bis morgen Nachmittag.«
    In diesem Moment erreichte der blonde Mann die offene Klotür und wollte sich gerade abwenden, aber dafür war es zu spät. Er hatte den Kopf zu weit vorgestreckt und sah Müller direkt in die Augen.
    »Sorry«, sagte Müller leise und ließ seine Faust vorschnellen. Er schlug eine Dublette links rechts gegen den Kopf des Blonden und hörte ihn noch erschreckt nach Luft schnappen. Dann lag er auf den Fliesen.
    Müller nahm sich Zeit. Er fasste den Blonden unter den Schultern und schleifte ihn in die Kabine. Dann setzte er ihn auf den Topf. Er suchte nach Papieren und fand sie in einem schmalen Lederetui. Der Mann trug einen 38er-Colt in einem Holster am Gürtel. Müller ließ ihn ihm. Dann schloss er die Kabine von außen und drehte das Schloss mit dem Schraubenzieher seines Schweizer Messers zu. Er ging schnell hinaus, durchquerte das Lokal und sagte zu Kim: »Können wir gehen?«
    »Sicher«, nickte Kim. Er wirkte unsicher. Irgendetwas war passiert, aber er wusste nicht, was. Und er fragte nicht.
    Wieder schlenderten sie gemeinsam die Straße hinunter.
    »Schau mal in diese Papiere und sag mir, wer das war.« Müller reichte ihm das Lederetui. »Und bleib nicht stehen. Gib mir die Plastiktüte.«
    Kim ging weiter und fingerte an dem Etui herum. Schließlich zog er eine Plastikkarte heraus. Er sagte: »Er heißt Kim Dong Chel. Hier steht, dass er vierundzwanzig Jahre alt ist und im Heer der südkoreanischen Armee dient. Er ist Offizier. Woher hast du das?«
    »Das habe ich einem Mann abgenommen, der hinter mir hergeschlichen kam, als ich zur Toilette ging. Steht da noch irgendetwas?«
    »Nein. Nur eine Adresse. Es ist eine Kaserne. Warum ist er hinter dir hergeschlichen?«
    »Er dürfte beim militärischen Geheimdienst sein«, antwortete Müller. »Manchmal ziehen sie ihre Nummern auf diese Weise durch. Ein Haufen Jugendlicher, laut und rülpsend. Sie machen eine Menge Krach, aber niemand käme auf die Idee, dass sie dabei arbeiten.«
    »Aber was bedeutet das für uns?«, fragte Kim.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Müller unschlüssig. »Aber vielleicht wollte er ja gar nichts von uns, vielleicht ist das Zufall gewesen, und ich bin einfach nur zu misstrauisch.«
    »Was hast du mit ihm gemacht?«
    »Ihn schlafen gelegt«, antwortete Müller.

ZEHNTES KAPITEL
     
    Sie saßen im Taxi, der Fahrer war ein älterer Mann, der schweigsam und in großer Gelassenheit seinen uralten Mercedes durch die Straßen rollen ließ. »Bitte ins Zentrum«, hatte Müller gefordert.
    Kim saß neben Müller im Fond des Wagens. Sie sprachen nicht miteinander.
    Plötzlich sagte Müller: »Bitte halten Sie hier.«
    Kim sah ihn unsicher an, als seien sie in Feindesland. Müller zahlte, und sie stiegen aus.
    »Der Fahrer war zu langsam«, erklärte Müller.
    »Wo wollen wir denn hin?«, fragte Kim.
    »Das weiß ich auch nicht so genau. Hängt davon ab, ob wir verfolgt werden.«
    »Warum sollten wir? Ich bin doch der falsche Mann.«
    »Ja. Aber das weiß unser Verfolger vielleicht nicht. Er wird dich für den richtigen Mann halten und mich für den richtigen Begleiter.«
    »Das ist sehr kompliziert«, stellte Kim fest. »Nichts für einen naiven Nordkoreaner.«
    Sieh mal einer an, dachte Müller. Du lernst schnell.
    »Ich muss zu meinem Hotel, das Zimmer bezahlen und packen. Dann sehen wir weiter.«
    Kim war sehr beharrlich. »Warum müssen wir bezahlen und packen?«
    »Das ist eine reine

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