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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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bemerkenswertes Maß an Selbsterkenntnis erfordert«, gab Gruber trocken zurück.
    Clara wurde wieder ernst. »Glauben Sie, Sie bekommen mit diesen Informationen einen Durchsuchungsbeschluss?«, fragte sie gespannt.
    Gruber wiegte den Kopf hin und her. »Ich denke schon. Obwohl eine Aussage Ihrer - leider verschwundenen - Mandantin schon hilfreich wäre.«
    Clara zögerte einen Augenblick, dann sagte sie: »Ich denke, ich werde sie finden.«
    Gruber sah sie an: »Und dann?«
    Clara murmelte: »Dann sollte ich Sie wohl informieren …«
    »Ja, das sollten Sie. Unbedingt. Oder soll ich Sie überwachen lassen?«
    Clara schüttelte den Kopf.
    Gruber musterte Clara nachdenklich, dann sagte er plötzlich: »Ihnen ist doch klar, dass Sie mir mit dieser Geschichte ein weiteres Motiv für den Mord an Johannes Imhofen geliefert haben?«
    Clara hob den Kopf. »Ja«, sagte sie schlicht. »Johannes Imhofen hat sich in den ganzen Jahren nicht um Ruth gekümmert. Wenn sich herausstellt, dass er von diesen ›Therapieversuchen‹ gewusst hat, sicher hat sie ihn anfangs gebeten, ihr zu helfen, sie rauszuholen …«
    Sie dachte an Ruths ersten Brief, den sie Gruber nicht gezeigt hatte, in dem Ruth noch so voller Vertrauen geschrieben hatte, er würde alles in Ordnung bringen. »Johannes Imhofen hat Ruth im Stich gelassen, er hat sie verraten.«
    Gruber nickte. »Und sie hat sich gerächt, sobald sich die Möglichkeit dazu bot.«
    Clara schwieg. Es konnte so gewesen sein. Wenn sie ehrlich zu sich war, musste sie zugeben, dass es sogar aller Wahrscheinlichkeit nach so gewesen war. Doch gerade dann war es notwendig, dass die Vorgeschichte aufgedeckt wurde.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß. Aber die Sache muss ans Licht kommen. So oder so.«
    Gruber gab keine Antwort.
    Sie stand auf und ging ans Fenster. Ihre Silhouette spiegelte sich in der schwarzen Scheibe nur undeutlich wie Rauch, und hinter ihr war der Kommissar zu erkennen, im Licht der Schreibtischlampe, eine kleine helle Insel im dunklen Raum.
    Nach einer Weile wandte sie sich um: »Werden Sie etwas unternehmen?«
    Gruber nickte langsam. »Ja, das werde ich ganz sicher.« Er warf einen Blick auf die Aktenstapel auf seinem Tisch. »Lassen Sie mir die Krankenunterlagen da?«
    Clara nickte. »Ich überlasse Ihnen alle meine Originalunterlagen. Dafür möchte ich auch etwas haben.«
    Gruber kniff die Augen zusammen. »Was denn noch? Reicht es nicht, dass wir uns diesen Selmany vorknöpfen?«
    Clara setzte sich und schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Ich möchte Einsicht in die Ermittlungsakte. Jetzt gleich.«
    Gruber schnaubte, und dann verzog sich sein Mund zu einem spöttischen Lächeln. »Sie müssen wohl immer gewinnen, was?«
    »Das ist nichts Persönliches, ich glaube nur, es hilft mir, Ruth zu finden.«
    Gruber musterte sie einen Augenblick stumm, dann hob er kapitulierend die Arme. »Also gut, von mir aus.« Er stand auf, zog eine Akte aus dem Regal hinter ihm und legte sie ihr auf den Tisch. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Danke«, murmelte Clara und begann zu blättern. Sie überflog die ersten Seiten hastig und suchte nach dem Obduktionsbericht. Sie las ihn aufmerksam, musterte die Fotos der Leiche und blätterte dann zurück.
    Als Gruber ihr eine Tasse schwarzen Kaffees hinstellte, hob sie den Kopf. »Darf ich mir das kopieren?«
    Gruber deutete auf den Kopierer in der Ecke. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte er sarkastisch und schüttete Zucker in seine Tasse.
    Clara kopierte die beiden Berichte, dann gab sie Gruber die Akte zurück und setzte sich. »Danke«, sagte sie noch einmal und nippte an ihrem Kaffee. Schweigend tranken sie aus, dann meinte Clara: »Und jetzt?«
    »Was jetzt?«
    »Werden Sie mich informieren, wenn Sie zu Selmany gehen? Werde ich erfahren, wie es weitergeht?«
    Gruber lehnte sich zurück und verschränkte die Arme: »Wie hätten Sie’s denn gerne? Berichterstattung stündlich, in zweifacher Abschrift in Ihr Büro gefaxt?«
    Clara schüttelte den Kopf. »Und Sie nennen mich kratzbürstig«, gab sie ärgerlich zurück. »Sie könnten mir doch wenigstens verraten, wann Sie zu Selmany gehen.«
    »Damit Sie dabei sein können? Oder besser noch, die Presse informieren?«
    Clara wurde rot. Sie hatte tatsächlich kurz in Erwägung gezogen, der Zeitung ein paar Hinweise zukommen zu lassen. Um ihnen zu zeigen, wer hier der Bösewicht war. Nicht so sehr, um Ruth damit zu helfen, sondern einzig und allein, um die Vorwürfe gegen sich

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