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Brudermord

Titel: Brudermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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abgewetzten Tweedsakko mit Hornbrille und leicht gebücktem Gang: Willi. Neben ihm lief Elise, Kopf und Schwanz aufmerksam erhoben. Als sie Clara erspähte, rannte sie in großen Sprüngen auf sie zu. Clara lächelte und wartete, bis die beiden sie erreicht hatten. Willi hielt ihr etwas entgegen; es war ihr Mantel, sie hatte ihn bei Rita vergessen. Erst in diesem Moment spürte sie, wie kalt ihr war, und fröstelnd schlüpfte sie hinein. Willi sagte nichts, er stellte keine Fragen und machte keine dumme Bemerkung, und Clara war ihm unendlich dankbar dafür. Er legte nur wieder seinen Arm um sie, und so gingen sie zurück in die Kanzlei: wie das Liebespaar, das sie nie gewesen waren.
    Im Büro erwartete sie Linda. Hastig lies Clara Willi los, Linda sollte keine falschen Schlüsse ziehen. Doch Linda achtete nicht auf Willi. Ihre Stirn war kraus vor Anspannung, und ihre bebende Stimme verriet, dass etwas passiert war.
     
    Gift-und-Galle Gruber lehnte sich zufrieden zurück und nippte an seinem Kaffee. Die Dinge entwickelten sich bestens. Jetzt nur keinen Fehler machen. Alles genau nach Vorschrift, nichts übersehen, alles hieb- und stichfest. Elmar Zieglers Aussage war besser ausgefallen, als er zu hoffen gewagt hatte: Ruth Imhofens Alibi hatte sich in Luft aufgelöst. Gruber schnippte mit dem Finger und grinste in sich hinein. Da würde er Augen machen, der feine Doktor Tenzer. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Konnte man ihm daraus womöglich auch noch einen Strick drehen? Anstiftung zur Falschaussage, versuchte Strafvereitelung? Er schüttelte den Kopf. Würde wohl nichts werden, der Junge hatte sich noch rechtzeitig besonnen. Aber das machte nichts, er hatte ihn auch so am Wickel. Roman Tenzer würde sich von dieser Sache nicht mehr erholen, so viel war sicher. Und diese arrogante Anwältin konnte ihm auch nicht mehr gefährlich werden. Die hatte in der nächsten Zeit genug zu tun, sich um ihre eigenen Probleme zu kümmern.
    Die von der Rechtsanwaltskammer waren sehr interessiert gewesen, als er sie über die laufenden Ermittlungen gegen ihre werte Kollegin informiert hatte. Sie würden der Sache unverzüglich nachgehen, hatte der Typ am Telefon gemeint und sich sogar bei ihm bedankt. Höflich war er gewesen. Aber das waren sie alle, aalglatt. Gruber verzog verächtlich den Mund. Winkeladvokaten! Wurde höchste Zeit, dass man denen einmal auf die Finger schaute. Glaubten, sie könnten alles machen. Anwaltsgeheimnis! Organ der Rechtspflege. Pah! Lizenz zum Strafvereiteln, nannte er das. Es war ihm nur recht, wenn man die Abhörbefugnisse der Polizei auch auf diesen Berufsstand ausdehnte. Sie gingen ihm ohnehin nicht weit genug. Warum sollten diese Typen eine Extrawurst bekommen? Damit schuf man einen rechtsfreien Raum, in dem sich Verbrecher ungehindert tummeln konnten. Da hatte er schon recht, dieser Minister, den er kürzlich in den Nachrichten gehört hatte. So etwas durfte nicht sein. Wo käme man denn da hin? Und wenn man nichts zu verbergen hatte, dann konnte es einem ja wurscht sein, wenn man abgehört wurde. Im Gegenteil. Die, die keinen Dreck am Stecken hatten, waren dankbar für die Sicherheit, die man ihnen damit gewährleistete. So einfach war das. Aber das wollten diese linken Spinner ja nicht hören. Und wenn dann wieder irgendwo eine Bombe explodierte oder ein Kind getötet wurde, dann war das Geschrei von allen Seiten groß: Hätte man das nicht verhindern können? Wo war die Polizei?
    Gruber schnaufte und trank seine Tasse leer. Der Kaffee war kalt und schmeckte schal. Er hatte es so satt. Ständig wurde gekürzt und gekürzt, bald war niemand mehr da, um auch nur eine einzige ordentliche Überwachung durchzuführen. Und dabei mussten sie sich ständig vor der Öffentlichkeit rechtfertigen, standen permanent unter Stress, um auch nur ja keine der zahlreichen Vorschriften zu verletzen, mit denen ihre Arbeit von Tag zu Tag mehr behindert wurde. Und die Verbrecher? Die scherten sich natürlich keinen Deut um Vorschriften, nutzten jede Lücke, jedes Loch. Genau wie ihre sauberen Anwälte. Alle das gleiche Pack. Wie die Hanswursten standen sie denen gegenüber, immer einen Tick zu langsam, einen Schritt zu spät.
    Kommissar Gruber stand auf und stellte die Tasse neben die Kaffeemaschine. Irgendwer würde sie im Laufe des Tages abspülen. Wahrscheinlich Dora, die Sekretärin, oder die Putzfrau. Er würde jetzt Mittag machen, und für halb drei hatte er Ruth Imhofen und ihre Anwältin in die

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