Brüchige Siege
Füllsel wie das Isoliermaterial, wenn ein Windteufel das Mansardendach abdeckt. Immerhin hatte ich den
Ziegenbock von Sloan und Hoey über das Zimmer verteilt,
obwohl ich immer noch diesen silberweißen Pelz in den
Händen hielt. Ich fiel keuchend auf die Knie und massakrierte
ihn mit den Fäusten.
Jumbo nahm mich bei den Oberarmen, drückte zu und zog
mich auf die Füße. Er fummelte an meinem Hemd herum,
zerrte und zupfte es zurecht wie beim Morgenappell auf dem
Kasernenhof.
»Laß uns mit dem skrupellosen Angestellten reden.« Er lotste
mich zur Tür hinaus und die Treppe hinunter. Der Bursche saß
hinter seinem Tresen und hörte Radio. Als er uns kommen sah,
schien sich sein cremiges Rouge-Gesicht zu den Ohren zu
flüchten. Wie jemand, den man beim Faulenzen erwischt,
schaltete er das Radio ab.
»Wer hat Sie angeheuert, den Boten der Western Union zu
spielen?« fragte Jumbo.
»Das kann ich nicht preisgeben.« Der Bursche wand sich.
»Den Ränkeschmied schützt kein Gesetz. Ihre
Verschwiegenheit hat einen scheußlichen, finanziellen
Beigeschmack.«
»Loyalität gegenüber denen, die einen bezahlen, ist kein
Verbrechen. Gewöhnlich ist sie im Preis inbegriffen.«
»Wie viele haben denn Ihre Loyalität gekauft?«
»Auch das geht Sie nichts an.« Er wand sich noch mehr.
»Und wenn ich Sie dafür bezahle, geht es mich dann etwas
an?« Jumbo klappte das Gästebuch des Lafayette zu und
stützte sich mit einem muskulösen Unterarm darauf. »NA,
WAS IST?«
Der Angestellte wich zurück. »An wieviel haben Sie denn
gedacht?«
»AN NULLKOMMANICHTS!!!« dröhnte Jumbo. »Wir
wissen, wer Sie gekauft hat. Warum sollten wir Sie bestechen für Informationen, die wir bereits haben?«
»Mich bestechen? Hören Sie…«
»Gibt es in LaGrange ein Lichtspieltheater?« nahm Jumbo
ihm den Wind aus den Segeln. »Wir brauchen Zerstreuung.«
»Ein Lichtspieltheater?« Der Angestellte war verwirrt.
»Soviel ich weiß, unterhält Ihre Stadt mindestens ein
Lichtspieltheater.«
»Wir haben drei. Das Roxy ist in der Nähe, nur die Straße
runter.«
»Wann beginnt die nächste Vorstellung?«
»Um halb acht«, sagte der Angestellte, und Jumbo bugsierte
mich zur Drehtür des Lafayette. »Aber ist heute nicht
Samstag? Der vierte Samstag im Monat?«
»Ja?« sagte Jumbo.
»Dann können Sie da heute abend nicht hin? Sie würden sich
nicht wohl fühlen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Jeden vierten Samstag im Monat. Da ist Nigger-Abend im
Roxy, da wimmelt es von denen.«
»Entschuldigen Sie…«
»Na ja, der Regen könnte einige abhalten. Aber er läßt Gott
sei Dank nach« – er kippte den Kopf zum Foyerfenster – »und
man müßte schon den Ausnahmezustand verhängen, damit
Nigger nach so einem Tag zu Hause bleiben. Versuchen Sie es
doch im Cairo oder Pastime? Da gibt es Balkons für die
Farbigen, und Sie brauchten nicht mitten in den abgedrehten
Nigger-Abend.«
»Ich will Ihnen mein dunkelstes Geheimnis verraten.« Jumbo
hatte sich weit über den Tresen gelehnt. »Ich bin ein Nigger
honoris causa.«
»Sie sind was?«
»Und Daniel, den Sie gegen Bezahlung verhöhnt haben, legt
weniger Wert auf die Hautfarbe seiner Nachbarn als auf den
Film als solchen.«
»Okay.« Der Angestellte zauberte eine Ausgabe der
LaGrange Daily News auf den Tresen. »Im Cairo läuft Reveille with Beverly. Im Pastime irgendein Streifen mit Mickey Rooney. Und im Roxy ein Dreiteiler, der Sie bestimmt
nicht…«
»Psch«, machte Jumbo.
»Wie Sie wünschen, Sir.«
Und nach einem raschen Happen im nahegelegenen Cafe
Magnolia traten Jumbo und ich in den prickelnden Sprühregen
hinaus und trabten durch die hereinbrechende Dämmerung
zum Roxy, um uns irgendeinen Dreiteiler anzusehen.
24
KEINE FRAGE, IM ROXY WAR NIGGER-ABEND. Nicht mal der
Regen konnte diesen Leuten den Samstagabend verderben.
Aus aller Herren Richtung plapperten sie in Gruppen herbei,
verstopften den Bürgersteig unter dem Vordach und bis um die
nächste Ecke.
Eine Doppelphalanx drückte sich vergeblich an die
Ziegelwand des Roxy, man wollte Regenperlen im Haar
vermeiden und das farbenfrohe Outfit schützen. Sie konnten
nicht ins Stadion, um zu erleben, wie ihre Gendarmes mit den
Hellbenders umsprangen, aber sie konnten an einem
ausgelassenen Superfilmfestival im Roxy teilnehmen – drei
klassische Horrorstreifen zum einfachen Eintrittspreis. Das Wetter hatte sie nicht in den Mühlhäusern gehalten.
Das Roxy warf den
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