Brunetti 07 - Nobiltà
hier benachrichtigt?«
»Ja, Commissario. Kurz vor Treviso ist eine Carabinieriwache. Die müssten bald hier sein. Was ist passiert?«
»Jemand hat auf uns geschossen, als wir die Auffahrt hinaufgingen.«
»Haben Sie gesehen, wer es war?« fragte Pucetti.
Brunetti schüttelte nur den Kopf, und Vianello sagte: »Nein.«
Die nächste Frage des jungen Polizisten wurde vom Heulen einer anderen Sirene unterbrochen, diesmal aus Richtung Treviso.
Brunetti rief ihm durch den Lärm die Zahlenkombination für das Tor zu, und Pucetti tippte sie ein. Die Torflügel öffneten sich langsam, und noch ehe Brunetti es sagen konnte, sprang Pucetti in den Wagen, setzte ein Stück zurück und fuhr ihn dann halb durchs Tor. Er lenkte scharf nach links und stellte den Wagen so, dass er mit der Stoßstange den einen Torflügel blockierte, an der anderen Seite aber noch Platz zum Durchgehen blieb.
In dem Jeep, der jetzt hinter ihnen auftauchte, saßen zwei Carabinieri. Sie hielten hinter dem Polizeiauto, und der Fahrer kurbelte das Fenster herunter. »Was ist los?« fragte er, an alle drei gewandt. Er hatte ein hageres, fahles Gesicht, und seine Stimme klang so gelassen, als würde er alle Tage von Kollegen zu Hilfe gerufen, die beschossen wurden.
»Von da drüben hat jemand geschossen«, erklärte Brunetti.
»Wissen die, wer Sie sind?« fragte der Carabiniere. Diesmal war sein Akzent deutlicher. Sardinien. Vielleicht waren solche Einsätze für ihn wirklich alltäglich. Er machte keine Anstalten auszusteigen.
»Nein«, antwortete Vianello. »Spielt das denn eine Rolle?«
»Die hatten hier schon drei Einbrüche. Und dann die Entführung. Da kann man verstehen, dass sie schießen, wenn jemand über ihre Zufahrt spaziert. Täte ich auch.«
»Schießen, auf das hier?« fragte Vianello und klopfte sich theatralisch auf die Uniformbrust.
»Auf das da«, gab der Carabiniere zurück, indem er auf die Waffe in Brunettis Hand zeigte.
Brunetti ging dazwischen. »Es bleibt dabei, dass auf uns geschossen wurde«, sagte er. Alles weitere verkniff er sich.
Statt darauf zu antworten, zog der Carabiniere den Kopf zurück, kurbelte das Fenster hoch und nahm ein Mobiltelefon zur Hand. Brunetti sah ihn eine Nummer wählen; hinter ihm flüsterte Pucetti: »Gesù bambino!«
Es folgte ein kurzes Gespräch, dann wählte der Mann eine andere Nummer. Nach einer Pause begann er zu sprechen und redete eine ganze Weile. Zweimal nickte er, drückte dann wieder auf einen Knopf und beugte sich vor, um das Telefon aufs Armaturenbrett zurückzulegen.
Er öffnete das Fenster. »Sie können jetzt reingehen«, sagte er und deutete mit dem Kinn zum Tor.
»Wie?« fragte Vianello.
»Sie können reingehen. Ich habe angerufen. Ich habe denen gesagt, wer Sie sind, und die haben gesagt, Sie können reinkommen.«
»Mit wem haben Sie gesprochen?« wollte Brunetti wissen.
»Mit dem Neffen, wie heißt er noch?«
»Maurizio«, sagte Brunetti.
»Genau. Er ist noch da oben, hat aber gesagt, er schießt jetzt nicht mehr, nachdem er weiß, wer Sie sind.« Als keiner sich bewegte, ermunterte der Carabiniere sie; »Gehen Sie nur. Es ist ungefährlich. Die schießen jetzt nicht mehr.«
Brunetti und Vianello wechselten einen Blick, und Brunetti bedeutete Pucetti mit einer Handbewegung, er solle beim Wagen bleiben. Ohne ein weiteres Wort zu dem Carabiniere gingen sie durchs Tor und den Kiesweg entlang. Diesmal blickte Vianello nach vorn, ließ den Blick hin und her schweifen, während sie sich vom Tor entfernten.
Schweigend gingen sie weiter die Zufahrt hinauf.
Ein Mann kam vor ihnen um die Biegung. Brunetti erkannte ihn sofort als den Neffen Maurizio. Er hatte keine Schusswaffe bei sich.
Die Entfernung zwischen den drei Männern verringerte sich. »Warum haben Sie sich nicht angemeldet?« rief Maurizio, als er noch etwa zehn Meter von ihnen entfernt war. »So etwas Dummes habe ich noch nie erlebt. Sie brechen das Tor auf und dringen einfach hier ein.«
»Seien Sie froh, dass keiner von Ihnen verletzt wurde.«
Großmäuligkeit war Brunetti nichts Neues. »Begrüßen Sie Ihre Besucher immer auf diese Weise, Signor Lorenzoni?«
»Wenn sie mein Tor aufbrechen, ja«, versetzte der junge Mann und blieb vor ihnen stehen.
»Es ist nichts kaputt«, sagte Brunetti.
»Aber der Code ist geknackt«, entgegnete Maurizio. »Die Kombination ist nur der Familie bekannt.«
»Und der Polizei«, ergänzte Brunetti. »Was ist eigentlich mit den Entführern? Was ist mit dem
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