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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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er verstanden worden war, und fuhr fort: »Die meisten Flüge nach Bangkok, die in den vergangenen sechs Monaten über Ihre Agentur gebucht wurden, gingen an alleinreisende Männer.«
    Fast ohne nachzudenken, platzte Dorandi heraus: »Dann sind die Frauen ihnen eben nachgereist. Die Herren mußten geschäftlich dorthin, und die Damen haben sich später mit ihnen getroffen.«
    »Haben die Frauen ihre Flüge auch über Ihre Agentur gebucht?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Brunetti legte die Papiere offen vor sich auf den Schreibtisch, so daß Dorandi sie einsehen konnte, wenn er wollte. Er holte tief Luft. »Signor Dorandi, wollen wir noch einmal von vorn anfangen? Ich wiederhole meine Frage, und diesmal möchte ich, daß Sie sich Ihre Antwort vorher genau überlegen.« Er machte eine lange Pause und fragte dann: »Sind die Männer, die bei Ihnen einen Flug nach Bangkok gebucht haben, mit ihren Frauen gereist oder nicht?«
    Dorandi ließ sich mit der Antwort lange Zeit und sagte schließlich: »Nein.« Nur dieses eine Wort.
    »Und diese Reisen, die Sie mit ›toleranter Hotelleitung‹ und ›günstiger Lage‹ anpreisen« - Brunettis Stimme klang gänzlich neutral, nicht die Spur einer Gefühlsregung war da herauszuhören -, »sind das Sexreisen?«
    »Ich weiß nicht, was die Leute tun, wenn sie erst dort sind«, behauptete Dorandi. »Das geht mich nichts an.« Er zog den Kopf in den zu weiten Kragen seines Jacketts, fast wie eine Schildkröte, die sich angegriffen sieht.
    »Wissen Sie etwas über die Hotels, in denen diese Touristen absteigen?« Bevor Dorandi antworten konnte, stützte Brunetti seine Ellbogen auf den Schreibtisch, legte das Kinn auf die Hände und blickte auf seine Liste.
    »Sie werden tolerant geführt«, antwortete Dorandi schließlich.
    »Heißt das, sie erlauben es Prostituierten, dort ihrem Gewerbe nachzugehen, oder besorgen sogar welche?«
    Dorandi zuckte die Achseln. »Vielleicht.«
    »Mädchen? Nicht Frauen, sondern Mädchen?«
    Dorandi funkelte ihn über seinen Schreibtisch hinweg an. »Ich kenne von diesen Hotels nur die Preise. Was meine Kunden dort tun, geht mich nichts an.«
    »Mädchen?« wiederholte Brunetti.
    Dorandi fuhr ärgerlich mit der Hand durch die Luft. »Ich sagte Ihnen schon, das geht mich nichts an.«
    »Aber jetzt geht es uns etwas an, Signor Dorandi, und darum hätte ich gern eine Antwort.«
    Dorandi blickte wieder zur Wand, fand dort aber keinen brauchbaren Ausweg. »Ja«, sagte er.
    »Wählen Sie die Hotels nach diesem Gesichtspunkt aus?«
    »Ich habe sie gewählt, weil sie mir die günstigsten Preise anbieten. Wenn ein Mann, der dort absteigt, sich eine Prostituierte mit aufs Zimmer nehmen will, ist das seine Sache.« Er versuchte vergeblich, seine Wut zu unterdrücken. »Ich verkaufe Pauschalreisen. Ich predige nicht Moral. Ich habe mit meinem Anwalt jedes Wort in unserer Werbung abgesprochen, und es ist nichts darin, was auch nur im entferntesten illegal wäre. Ich verstoße gegen kein Gesetz.«
    »Davon bin ich überzeugt«, rutschte es Brunetti heraus.
    Plötzlich mochte er sich hier nicht länger aufhalten. Er erhob sich. »Ich fürchte, wir haben Ihre Zeit schon zu sehr in Anspruch genommen, Signor Dorandi. Wir gehen jetzt, aber es kann sein, daß wir Sie noch einmal sprechen wollen.«
    Dorandi gab darauf erst gar keine Antwort. Er stand auch nicht auf, als Brunetti und Vianello das Zimmer verließen.

14
    A ls sie über den Campo Manin gingen, wußten sowohl Vianello als auch Brunetti, ohne erst darüber zu sprechen, daß sie jetzt die Witwe aufsuchen mußten, da sie sowieso schon unterwegs waren. Um zu Mitris Wohnung am Campo del Ghetto Nuovo zu kommen, gingen sie zum Rialto zurück und nahmen das Einserboot in Richtung Bahnhof.
    Sie blieben draußen stehen, weil sie die Kälte des offenen Decks der feuchten Luft in der Kabine vorzogen. Brunetti wartete, bis sie unter der Brücke hindurch waren, dann fragte er Vianello: »Nun?«
    »Der würde für hundert Lire seine eigene Mutter verkaufen, nicht wahr?« meinte Vianello, ohne seine Verachtung verhehlen zu wollen. Dann schwieg er eine Weile, bevor er fragte: »Meinen Sie, das ist das Fernsehen?«
    Brunetti wußte nicht, worauf er hinauswollte. »Was soll das Fernsehen sein?«
    »Das uns solchen Abstand zu dem Bösen gibt, das wir tun.« Er sah, daß er Brunettis Aufmerksamkeit besaß, und fuhr fort: »Ich meine, wenn wir es auf dem Bildschirm sehen, ist es echt, aber doch nicht wirklich, oder? Das heißt, wir

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