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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Informationen über San Martino.«
    »Und was genau wollen Sie wissen, Commissario?«
    Er überlegte und sagte dann: »Ich denke, was ich wirklich wissen möchte, ist, ob einer von dort fähig wäre, den Jungen umzubringen, und wenn ja, warum.«
    »Dafür könnte es mehrere Gründe geben«, antwortete sie. »Vorausgesetzt, Sie wollen glauben, daß es Mord war.«
    »Nein, glauben will ich es nicht. Aber wenn er ermordet wurde, dann will ich wissen, warum.«
    »Interessieren Sie sich für die Schüler oder für die Lehrer?«
    »Für beide.«
    »Nun, ich bezweifle, daß beide Gruppen gleichzeitig als Täter in Frage kommen.«
    »Warum nicht?« fragte er.
    »Weil sie unterschiedliche Motive haben dürften.«
    »Nämlich?«
    »Also die Lehrer würden es aus ernsthaften, aus Erwachsenengründen tun.«
    »Zum Beispiel?«
    »Gefahr für ihre Karriere. Oder die Schule.«
    »Und die Mitschüler?«
    »Weil er ihnen auf den Geist ging.«
    »Scheint mir ein ziemlich läppischer Grund für einen Mord.«
    »Je nachdem, aus welchem Blickwinkel man's betrachtet, werden die meisten Morde aus ziemlich läppischen Gründen begangen.«
    Brunetti mußte ihr recht geben. Nach einer Weile fragte er: »Und was an ihm hätte den anderen auf den Geist gehen können?«
    »Weiß der Himmel. Ich habe keine Ahnung, wen oder was Jungs in dem Alter verabscheuen. Jemanden, der zu aggressiv ist - oder nicht aggressiv genug. Einen Klugscheißer, der die anderen blamiert. Oder einen unerträglichen Angeber oder -«
    »Das scheinen mir allzu belanglose Gründe«, unterbrach Brunetti. »Selbst für unbedarfte Teenager.«
    Signorina Elettra wirkte durchaus nicht gekränkt. »Was Besseres fällt mir nicht ein«, sagte sie. Und fuhr mit einem Nicken in Richtung Computer fort: »Aber lassen Sie mich mal sehen, was ich rausfinden kann.«
    »Wo werden Sie suchen?«
    »Erst in den Klassenlisten, dann unter den Familienmitgliedern. Anschließend verfahre ich genauso beim Lehrkörper. Und dann gleiche ich die Ergebnisse mit anderen Listen ab.«
    »Und woher haben Sie diese Listen?«
    Ihr Stoßseufzer war stilvoll in die Länge gezogen. »Noch habe ich sie nicht, Signore, aber ich kann sie mir beschaffen.« Sie sah zu ihm auf und wartete auf seine Entgegnung. Doch Brunetti gab sich geschlagen. Er bedankte sich und bat sie, ihm alle verfügbaren Informationen so bald wie möglich hinaufzubringen.
    Oben in seinem Büro versuchte er sich ins Gedächtnis zu rufen, was immer er im Lauf der Jahre über die Akademie gehört oder gelesen hatte. Als ihm nichts Erhellendes einfallen wollte, besann er sich darauf, daß die meisten Lehrer in San Martino ehemalige Offiziere der einen oder anderen Waffengattung waren, und dehnte seine Überlegungen auf das Militär schlechthin aus. Und dann wehte ihn von irgendwoher eine Erinnerung an; eine, die ihn narrte und nicht recht Gestalt annehmen wollte, bis er sich wie ein Scharfschütze, der sich in der Dunkelheit orientieren muß, nicht mehr auf das Ziel konzentrierte, das ihm beständig vor den Augen verschwamm, sondern auf das, was sich daneben oder dahinter befand. Irgend etwas mit jungen Männern und dem Militär.
    Und dann kehrte die Erinnerung zurück: Es ging um einen Zwischenfall vor einigen Jahren, als zwei Fallschirmspringer den Befehl erhielten, irgendwo im früheren Jugoslawien aus einem Helikopter abzuspringen. Da sie nicht wußten, daß der Hubschrauber nur hundert Meter über dem Boden kreiste, waren sie in den Tod gesprungen. Weil sie ahnungslos waren und weil die restliche Besatzung, die Bescheid wußte, aber zu einer anderen Einheit gehörte, ihnen nichts gesagt hatte. Und an diese Erinnerung knüpfte sich gleich noch eine zweite: Ein junger Mann war nach einem Fallschirmabsprung tot aufgefunden worden - vielleicht das Opfer einer nächtlichen Mutprobe, die wegen schlechter Sicht ein böses Ende genommen hatte. Soviel er wußte, waren beide Fälle nie aufgeklärt worden, und bis heute hatte man keine zufriedenstellende Erklärung für den sinnlosen Tod dieser drei jungen Menschen gefunden.
    Des weiteren erinnerte er sich an einen Morgen beim Frühstück, der schon ein paar Jahre zurücklag, als Paola in der Zeitung eine Meldung über den damaligen Regierungschef gefunden hatte, der einem Verbündeten italienische Truppen für eine kriegerische Auseinandersetzung versprach. »Er will denen tatsächlich Soldaten schicken«, hatte Paola gesagt. »Ist das ein Angebot oder eine Drohung?«
    Nur einer von Brunettis engeren

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