Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
gewährten. Denn sobald ein Mieter einen Vertrag hatte, schützte ihn das Gesetz vor unverhoffter Kündigung und Räumungsklage. Außerdem mußte in einem solchen Vertrag der Mietpreis angegeben sein, wodurch wiederum die Einnahmen des Vermieters offenbar und damit steuerpflichtig wurden: Jeder vernünftige Hausherr würde das nach Möglichkeit umgehen. Also war anzunehmen, daß die Afrikaner - das Wortspiel drängte sich Brunetti förmlich auf - ihre Miete in nero zahlten.
    »Ich denke, Sie hören sich besser erst einmal um«, antwortete er. »Versuchen Sie's bei den Redakteuren von La Nuova und Gazzettino. Vielleicht wissen die etwas. Immerhin schreiben sie jedesmal darüber, wenn wir eine Razzia veranstalten und ein paar Illegale aufgreifen. Da werden sie doch auch recherchiert haben.«
    Seine Gedanken schweiften unversehens ab, und er ertappte sich bei der Frage, wie Elettra es wohl unter diesem Turban aushielt. Es war ziemlich warm in ihrem Büro, das auf der Seite des Gebäudes lag, wo die Heizung funktionierte; da war es bestimmt unangenehm, den ganzen Tag dieses enggeschlungene Seidentuch um den Kopf zu tragen. Aber er bezähmte seine Neugier und vertraute darauf, daß Paola ihn vielleicht würde aufklären können.
    »Ich will sehen, was sich machen läßt«, versprach Signorina Elettra. »Gibt es eigentlich schon Fingerabdrücke, die ich nach Lyon einschicken könnte?«
    »Nein, ich warte noch auf den Obduktionsbericht«, entgegnete Brunetti. »Aber sobald ich die Unterlagen habe, gebe ich sie Ihnen weiter.«
    »Danke, Commissario. Dann mache ich mich mal an die Arbeit.«
    Auf dem Weg in sein Büro ging Brunetti in Gedanken die Liste der Freunde durch, deren Informationen ihm allenfalls weiterhelfen könnten. Doch als er sich an den Schreibtisch setzte, hatte er sich damit abgefunden, daß von niemandem in seinem Bekanntenkreis verläßliche Angaben über die fliegenden Händler zu erwarten waren. Wie Signorina Elettra gesagt hatte: Außerirdische von einem anderen Stern.
    Er griff zum Telefon und rief Rubini an, den Inspektor, dem die Sisyphusarbeit oblag, von Zeit zu Zeit die Straßenhändler zu verhaften, und bat ihn, einen Moment heraufzukommen.
    »Wegen gestern abend?« fragte Rubini.
    »Ja. Haben Sie was erfahren?«
    »Nein«, antwortete Rubini. »Hatte ich aber auch nicht erwartet.« Und nach einer Pause fragte er: »Soll ich meine Akten mitbringen?«
    »Ja, bitte.«
    »Hoffentlich haben Sie viel Zeit übrig, Guido.«
    »Wieso?«
    »Weil Sie sich auf gut zwei Regalmeter gefaßt machen müssen.«
    »Soll ich dann lieber runterkommen?«
    »Nein, lassen Sie nur. Ich suche Ihnen die Zusammenfassungen der Protokolle raus, die ich eingereicht habe. Aber auch damit werden Sie den Rest des Vormittags eingedeckt sein.« Bevor Brunetti auflegte, glaubte er ein leises Lachen zu hören, doch ganz sicher war er sich nicht.
    Als Rubini gut zehn Minuten später mit einem Stoß Akten unter dem Arm erschien, entschuldigte er die Verspätung damit, daß er nach dem Ordner mit den Archivbildern gesucht habe, die von den im letzten Jahr verhafteten Afrikanern aufgenommen worden waren. »Bei jeder Razzia sollten wir nämlich die Festgenommenen fotografieren«, erklärte er.
    »Sollten?« fragte Brunetti aufhorchend.
    Der Inspektor deponierte seinen Aktenberg auf Brunettis Schreibtisch und setzte sich. Rubini war auf Murano geboren, gehörte seit zwanzig Jahren zur Truppe und hatte sich ähnlich langsam hochgedient wie Vianello, vielleicht weil er sich genau wie dieser geweigert hatte, vor den hohen Tieren zu katzbuckeln. Der hochgewachsene Mann, der furchterregend dünn, ja fast ausgemergelt wirkte, war ein passionierter Ruderer und jedes Jahr unter den ersten zehn, die bei der Vogalonga durchs Ziel gingen.
    »Na ja, anfangs haben wir uns an die Vorschrift gehalten, aber so allmählich schien es reine Zeitverschwendung, einen Mann zu fotografieren, den wir bereits sechs- oder siebenmal festgenommen haben und mittlerweile auf der Straße grüßen.« Er schob Brunetti die mitgebrachten Protokolle hin und ergänzte: »Inzwischen duzen wir sie, und sie sprechen uns mit Namen an.«
    Brunetti nahm die Papiere an sich. »Und warum macht ihr euch dann noch die Mühe?«
    »Sie festzunehmen?«
    Brunetti nickte.
    »Dottor Patta wünscht solche Festnahmen, also ziehen wir los und verhaften die armen Teufel. Ist gut für die Statistik.«
    Brunetti hatte diese Antwort erwartet; trotzdem fragte er: »Glauben Sie denn, daß es was

Weitere Kostenlose Bücher