Bruno Chef de police
übrigens noch zwei Fragen. Erstens, wissen Sie von irgendwelchen ultrarechten oder rassistischen Umtrieben in unserer Stadt?«
»Nein, Monsieur. Es gibt da natürlich einige wenige, die für den
Front National
stimmen, aber das wäre auch schon alles. Und ich glaube nicht, dass irgendeiner unserer stadtbekannten Kleinkriminellen eine solche Bluttat hätte begehen können.«
»Gut. Zweite Frage. Wie kann ich Sie in Ihrer Arbeit unterstützen?«
»In zweierlei Hinsicht.« Bruno versuchte so geschäftsmäßig zu klingen wie sein Chef, wenn er mit ihm sprach, was ihn immer ein bisschen befangen machte, weil er sich in die Pflicht genommen fühlte. »Zuallererst wird die
police nationale
irgendwo ein Büro beziehen müssen mit Telefonanschluss, Schreibtischen, Stühlen und genügend Platz für Computer. Vielleicht wäre der Raum im Obergeschoss des Verkehrsamtes dafür geeignet, wo immer unsere Kunstausstellungen stattfinden. Er wäre groß genug und wird zurzeit nicht genutzt. Wenn Sie morgen den Präfekten in Périgueux sprechen, können Sie ihn vielleicht überreden, ein bisschen Geld für Miete springen zu lassen. Die Polizei wird den Raum sicherlich brauchen, und ein Parkplatz wäre auch vorhanden. Das Gebäude liegt zentral, und unseren Mitbürgern zu zeigen, dass zusätzliche Polizeikräfte in der Stadt sind, könnte auch ganz nützlich sein. In jedem Fall wären uns die Kollegen aus Périgueux etwas schuldig. Sie bewegen sich auf unserem Terrain, und das heißt, dass sie uns nicht ausschließen können.«
»Und zweitens?«, fragte der Bürgermeister.
»Um an dem Fall dranbleiben zu können, brauche ich in der Tat Ihre Unterstützung. Es wäre mir eine große Hilfe, wenn Sie den
brigadier
in Périgueux wie auch den Chef der
police nationale
anrufen und veranlassen würden, dass deren Männer mich jederzeit auf dem Laufenden halten. Es gibt dafür gute Gründe angesichts der angespannten Lage in der Stadt. Wenn nötig, würde ich Sie bitten, Ihre Kontakte in Paris zu nutzen, um sicherzustellen, dass unsere Kollegen aus Périgueux mitspielen. Wie Sie wissen, hat unsere kleine
police municipale
im Konzert der anderen Ordnungskräfte nicht viel zu sagen. Darum würde ich vorschlagen, dass Sie mich als eine Art persönlichen Verbindungsoffizier bezeichnen.«
»Gut. Wird gemacht. Sonst noch was?«
»Vielleicht könnten Sie mir Hamids Personalakten beim Militär und polizeiliches Führungszeugnis beschaffen, am besten auch gleich die Begründung für seine Auszeichnung mit dem
croix de guerre.
Die Gendarmerie möchte ich nicht darum bitten, sie würde mich wahrscheinlich lange warten lassen. Wir wissen im Augenblick über das Opfer kaum etwas, nicht einmal, ob ihm das Häuschen überhaupt gehört, ob er eine Pension bezogen oder jemals einen Arzt aufgesucht hat.«
»Die Akten stehen Ihnen morgen zur Verfügung. Ich werde mit der Verteidigungsministerin sprechen. Ich habe sie in Paris kennengelernt, und einer ihrer engsten Mitarbeiter war ein Kommilitone von mir. Es dürfte also nicht schwer sein, an Hamids Militärakten heranzukommen. Fahren Sie jetzt zum Häuschen, und kommen Sie nicht ohne Karim zurück. Seine Familie macht sich Sorgen. Falls es Probleme gibt, können Sie mich jederzeit auf meinem Handy erreichen, auch mitten in der Nacht.«
Zufrieden machte sich Bruno auf den Weg. Ihm war zumute wie damals bei der Armee, wenn er das Gefühl hatte, ein guter Offizier zu sein, der wusste, was er tat und dass seine Untergebenen ihr Bestes gaben. Auch wenn er es noch nie ausgesprochen hatte, war sich Bruno doch bewusst, dass Gérard Mangin in seinem Leben eine entscheidende Wende eingeleitet hatte. Oder vielmehr Mangins Sohn, der mit Bruno in Bosnien gekämpft und seinen Freund seinem Vater anschließend für den Posten des
chef de police
empfohlen hatte. Und Bruno, der seit frühester Kindheit ohne Eltern aufgewachsen war, hatte sich, als er nach Saint-Denis kam, zum ersten Mal in seinem Leben als Mitglied einer Familie fühlen können. Allein schon aus diesem Grund war er dem Bürgermeister sehr ergeben.
Bruno setzte sich hinters Steuer, fuhr über den langgestreckten Hügel auf Hamids Häuschen zu und fragte sich, wie er es anstellen sollte, den armen Karim aus den Fängen dieses unangenehmen
Capitaine
Duroc zu befreien.
8
Die Regionalzentrale hatte ihren neuen Chefinspektor Jean-Jacques Jalipeau geschickt, der fast zwangsläufig unter dem Kürzel J-J firmierte. Bruno hatte schon einmal gut mit ihm
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