Buch des Todes
über Serienmörder zu wissen. Ich hatte diesen Gedanken auch schon. Ein Serientäter tötet seine Opfer in der Regel nach dem Zufallsprinzip. Sie kön nen zwar nach bestimmten Kriterien ausgewählt worden sein, und der Mörder mag sie auch lange beobachtet und die Tat akribisch vorbereitet haben, aber ein Serienmörder kennt seine Opfer nur höchst selten persönlich.Außerdem ist mir noch nie zu Ohren gekommen, dass Opfer eines Serienmörders sich über eine solche Distanz kannten, wie die, mit denen wir es hier zu tun haben. Es gibt zwischen diesen Fällen mit Sicherheit eine Verbindung, die wir noch nicht sehen. Ein Motiv, das über die bloße Lust am Töten hinausgeht.«
»Was denken Sie, könnte das für eine Verbindung sein?«
»Ich weiß es nicht, aber ich denke, dass es irgendetwas mit den Büchern zu tun hat.«
»Ich habe noch nie gehört, dass jemand wegen Büchern getötet hätte.«
»Mag sein. Das eigentliche Motiv ist auch sicher ein anderes.Aber ich glaube, die Verbindung zwischen Efrahim Bond und Gunn Brita Dahle ist das Byron-Buch, das ich erwähnt habe.Auf die eine oder andere Weise hat der Mörder mit diesem Buch zu tun.«
»Dann hätten wir es vielleicht doch mit einem Serientäter zu tun. Einem, der von Büchern besessen ist, die mit Menschenhaut eingebunden sind und der all jene tötet, die in irgendeiner Form mit diesen Büchern zu tun hatten. Dann müssten wir uns die Frage stellen, welche Verbindung Gunn Brita Dahle zu dem Byron-Buch hatte«, sagte Singsaker und spürte, dass sie sich im Kreis drehten.
»Haben Sie schon mal etwas von einem Bruder Lysholm Knudtzon gehört?«, fragte Felicia Stone.
Er musste sie bitten, den Namen mehrmals auszusprechen, bis er ihn durch den kräftigen Akzent erkannte.
»Ach so, Lysholm Knudtzon. Natürlich kenne ich den. In der Gunnerusbibliothek, in der Gunn Brita Dahle gearbeitet und in der man ihre Leiche gefunden hat, ist ein Saal nach ihm benannt. Der Knudtzonsaal.«
»Da haben wir unsere Verbindung. Das Byron-Buch stammt ursprünglich aus Knudtzons Büchersammlung.«
»Sie sind da ganz offensichtlich auf eine Spur gestoßen.« Er dachte einen Moment nach. Bis jetzt hatte er in erster Linie mitgespielt, um rauszukriegen, was die Polizei in Richmond wusste. Jetzt war es an der Zeit, selber etwas beizusteuern. »Haben Sie im Zuge der Ermittlungen mit anderen Norwegern zu tun gehabt?«, fragte er.
»Nein.«
»Sagt Ihnen der Name Jon Vatten etwas?«
»John Watson? Ist das nicht der Doktor bei Sherlock Holmes?«
Er lachte leise.
»Nein, Jon Vatten«, sagte er in deutlichem Trønderdialekt. »Von seinen Arbeitskollegen wird er allerdings DoktorVatten genannt.«
»Nein, der ist bei uns nicht aufgetaucht.«
»Schade.Vatten ist einer, auf den wir unseren Fokus gerichtet haben. Er war zum Mordzeitpunkt am Tatort, hat beim Verhör unklare und recht zweifelhafte Erklärungen abgegeben und steht außerdem unter dem Verdacht, mit dem Verschwinden zweier Personen vor ein paar Jahren zu tun zu haben.Wir warten aktuell auf die Analyse der biologischen Spuren.«
»Biologische Spuren?«
»Spermareste.«
»Und wann hatten Sie vor, mir das zu erzählen? Das ist doch ein wesentlicher Unterschied zu unserem Mord. Bei uns gibt es verdammt viel extreme Gewalt, aber keine Anzeichen einer sexuellen Handlung.«
»Und was schließen wir daraus?«
»Keine Ahnung? Dass Gunn Brita Dahle eine Frau war und der Mörder mehr auf Frauen stand als auf alte, vertrocknete Kerle, wer weiß?« Felicia Stone lachte nicht.
»Unser Hauptverdächtiger ist auf jeden Fall dieser Vatten«, sagte er etwas ungeduldig. »Ich schlage vor, Sie nutzen alle Ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen, um herauszufinden, ob er in der letzten Zeit in den USA gewesen ist. Unterdessen machen wir hier ein paar weitere Analysen.«
»Kein Problem. Nach den neuen Spielregeln hierzulande sind solche Informationen durch ein paar Mausklicks abzurufen.«
»Na dann los«, sagte er und bereitete sich vor, das Gespräch zu beenden.
»Nun«, sagte sie, »diese Arbeit werde ich wohl delegieren müssen. Ich habe einen Platz in einem Flieger in drei Stunden. Und mein Koffer liegt noch ungepackt eine Nachmittags-Rushhour von hier entfernt, wo ich sitze.«
»Wollen Sie verreisen?«, fragte er mit bangen Ahnungen und sah auf die Uhr. In Virginia war es jetzt Nachmittag. In Trondheim bald elf Uhr abends. Das war der längste Tag seines Lebens.
»Ich komme nach Norwegen«, antwortete sie. »Dieser Fall ist zu
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