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Buddhas kleiner Finger

Buddhas kleiner Finger

Titel: Buddhas kleiner Finger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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kosten.«
    Er setzte sich vor das Fax, wühlte aus einem Papierstapel ein weißes Blatt hervor und hatte auf einmal einen kleinen Pinsel in der Hand.
    Serdjuk setzte sich um. Vom langen Hocken auf dem Fußboden waren ihm die Füße eingeschlafen; vielleicht, dachte er, ließ sich mit Kawabata besprechen, ob er nicht wenigstens einen klitzekleinen Schemel mit auf Arbeit bringen durfte. Dann schweifte sein Blick durch den Raum, um nach den letzten Sake-Resten zu fahnden, doch die Flasche, in der noch eine Neige verblieben sein mußte, war verschwunden. Serdjuk hütete sich, Kawabata, der über seinem Blatt hing, nach ihr zu fragen – man konnte ja nie wissen, ob man damit nicht wieder irgendein Ritual verletzte. Der eben geleistete blumige Schwur fiel ihm ein. Meine Herren, was hatte er im Leben nicht schon alles geschworen! Zum Beispiel für die Sache der kommunistischen Partei zu kämpfen – fünfmal bestimmt, wenn er die Schulzeit mitrechnete. Oder daß er Mascha heiraten würde. Und gestern erst wieder, wie es ihn nach Tschistye prudy verschlagen hatte und er mit diesen Idioten soff – hatte er denen nicht versprochen, daß die nächste Flasche auf seine Rechnung ging? Nun das hier. Blüte in den Abgrund.
    Kawabata hatte unterdessen den letzten Pinselschwung über sein Blatt geführt. Er blies darauf und präsentierte es Serdjuk. Eine große Chrysantheme war mit schwarzer Tusche auf das Papier gemalt.
    »Was ist das?« fragte Serdjuk.
    »Oh«, sagte Kawabata, »das ist eine Chrysantheme. Wissen Sie, wenn unsere Familie Zuwachs bekommt, ist das für den ganzen Taira-Clan ein so freudiger Tag, daß es sich nicht schickt, mit schnöden Schriftzeichen davon zu künden. In solchen Fällen malen wir, um die Führung in Kenntnis zu setzen, eine Blume aufs Papier. Es ist übrigens die gleiche, von der wir vorhin sprachen. Sie symbolisiert Ihr Leben, das jetzt dem Taira-Clan gehört, und bezeugt außerdem, daß Sie sich seiner hochgradigen Ephemerizität nun in vollem Maße bewußt sind.«
    »Schon klar«, sagte Serdjuk.
    Kawabata blies noch einmal auf das Blatt, schob es dann in den Spalt des Faxgeräts und tippte eine außerordentlich lange Nummer ein.
    Es klappte beim dritten Versuch. Das Fax begann zu summen, das grüne Lämpchen in der oberen Ecke blinkte, und das Papier kroch langsam in den schwarzen Spalt hinein.
    Konzentriert und ohne sich ein einziges Mal zu rühren, schaute Kawabata weiter auf den Apparat. Einige quälend lange Minuten verstrichen, dann summte das Fax erneut und entließ, irgendwo am schwarzen Bauch, ein anderes Blatt Papier. Serdjuk begriff sofort: Das mußte die Antwort sein.
    Kawabata wartete ab, bis das Blatt in voller Länge hervorgekrochen war, riß es aus der Maschine, sah es sich an und wandte den Blick dann langsam zu Serdjuk herüber.
    »Ich gratuliere«, sagte er. »Meinen herzlichen Glückwunsch! Die Antwort könnte nicht günstiger sein.«
    Er reichte Serdjuk das Blatt. Darauf gab es wieder eine Zeichnung zu sehen: diesmal einen langen, leicht gekrümmten und irgendwie gemusterten Stock mit zwei Buckeln am einen Ende.
    »Was ist das?« fragte er.
    »Das ist ein Schwert«, sagte Kawabata feierlich. »Das Symbol für Ihr neues Lebensniveau. Und da ich nie am positiven Ausgang unserer Verhandlungen zweifelte, darf ich Ihnen nun sozusagen Ihren Mitgliedsausweis überreichen.«
    Mit diesen Worten hielt Kawabata Serdjuk das Kurzschwert hin, das er in der Blechbude erstanden hatte.
    Ob es an Kawabatas bohrendem Blick lag oder an einer chemischen Reaktion des alkoholübersättigten Organismus – Serdjuk kam plötzlich die ganze Tragweite und Erhabenheit des Augenblicks zu Bewußtsein. Er wollte schon auf die Knie sinken, als ihm gerade noch einfiel, daß dies nicht die Japaner, sondern die europäischen Ritter des Mittelalters getan hatten – und genaugenommen nicht einmal die, sondern irgendwelche Darsteller in dämlichen Filmen aus der Sowjetzeit. Also streckte er lediglich die Hände aus und empfing behutsam den kühlen, todbringenden Stahl. Auf der Scheide des Schwerts war eine Zeichnung, die er zuvor nicht bemerkt hatte: drei fliegende Kraniche, aus Golddraht gebogen und in den schwarzen Lack eingelassen, deren schnittige, schwebende Konturen von erlesener Schönheit waren.
    »In dieser Hülle steckt Ihre Seele«, sagte Kawabata, der immer noch kein Auge von ihm ließ.
    »Was für ein schönes Bild«, sagte Serdjuk. »Dazu fällt mir ein Lied ein, wo Kraniche vorkommen, wie ging das

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