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Büchners Braut: Roman (German Edition)

Büchners Braut: Roman (German Edition)

Titel: Büchners Braut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Klepper
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und wollte am liebsten darin versinken. Sie trug die Kompottschälchen auf, den ganzen langen Tisch entlang, schnell, und nur nicht zum Vater sehen. Sie mochte es, wenn er so von Jean sprach. Aber sie konnte sich mit Jean nicht unterhalten, nicht über Geschichte, nicht über Naturwissenschaften. Doch er war beständig hier. Lächelte geduldig. Es mochte ungerecht sein, aber Minna war Friedrich böse, dass nicht er es war, der immer da war.
    Der kleine Bruder schrie und quengelte. Alle Gäste bewunderten die kräftige Stimme des Knaben. Die Mutter zeigte ihn herum, verschwand dann mit ihm in ihrerKammer. Die halbe protestantische Gemeinde von Barr musste im Pfarrhaus gesessen sein, so kam es Minna vor. Genau wie bei Julie-Adelaides Taufe vor ein paar Jahren. Als das größte Fest, das sie je erlebt hatte, war ihr die Feier in Erinnerung. Noch nie hatte sie so viele Menschen auf einmal essen gesehen. Und Julie-Adelaide war dann gestorben, noch nicht ganz zwei Jahre alt. Da gab es kein großes Fest. Monatelang war die Mutter still gewesen.
    Das Fest löste sich auf, die Gäste verließen den Tisch, das Haus. Die Glocke raunender Geräusche legte sich über Minna. Der Friedrich war gar nicht dabei gewesen. Am Abend räumte Minna mit der Magd endgültig auf, was an das Fest erinnerte. Im Bett endete Minna ihr Gebet wie üblich mit den Worten: Und lasse mich nichts im Leben aushalten müssen. Amen.
    ***
    Die Rauscherin war streng. Das sah Minna. Die Kinder mussten sich benehmen, stets saubere Kittelschürzchen tragen, gehorsam knicksen, selbst die Kleinsten. Aber strenger noch war ihr Vater, Papa Oberlin. Das hatte Minna auch gesehen und gefühlt. Aber Oberlin hatte es leichter als seine Tochter hier. Er wurde verehrt, geradezu angebetet. Er wusste stets genau, was Recht und was Unrecht war.
    Kann ein Mensch das wissen? Die Frage stellte sich Minna nicht selbst. Ihr Vater hatte darüber gepredigt. Minna fragte ihn in seiner Stube, ob die Rauscherin denn alles Unrechte und Böse an den Kindern erkennen müsse. Ob sie dies nun auch lernen solle, wo sie täglich bei den Kindern mithelfe.
    Jaeglé war müde, wollte nichts erklären. Minna setzte sich aber zu ihm. Die Stube erschien im Dämmerlicht klein. Der Pfarrer schaute seine Tochter eine Weile an.
    Mach dir keine Sorgen darüber, mein Kind.
    Groß war sie geworden. Natürlich, wo doch Jacques-Jules auch schon fast ein Jahr alt war. Und Minna sollte wohl soweit kommen, dass sie die Kinder ohne Madame Rauscher beaufsichtigen konnte. Doch Minna sollte nicht jeden Tag über das Seelenheil der Kinder nachdenken.
    Heiter muss man bei der Arbeit sein, Minna. Und weißt du, die Oberlins haben so ihre Weisheiten, nun ja … und die Rauscherin will ihrem Vater nicht nachstehen. Aber wer kann schon sein wie er?
    Jaeglé streifte seine Perücke ab. Er ließ nicht von ihr ab, mochte die Mode machen, was sie wollte.
    Ich habe oft über diesen Mann, den ich ja auch meinen Freund nennen darf, nachgedacht.
    Minna lauschte. Dann erzählte ihr Vater die Geschichte, die er über seinen Freund Oberlin wusste, sicher sogar von ihm selbst.
    Einen Schüler hatte Oberlin, drüben bei sich in Waldersbach, einen heranwachsenden Burschen, Joseph hieß er. Der weigerte sich, auf die kleineren Schüler Obacht zu geben. Er käme nicht in die Schule, um auf andere aufzupassen.
    Darauf hatte Oberlin Joseph ganz und gar als Schüler verstoßen. Er gab allen, seiner Familie und besonders dem Lehrer, ebenso allen anderen Kindern, die Anweisung, Joseph nicht mehr als Schüler zu betrachten, ihn ganz aus der Schulgemeinschaft zu verbannen, gab dies sogar schriftlich weiter. Nicht mit ihm reden sollte man,nichts von ihm wollen und ihm sonst keine Zuwendung zeigen. Ein Plakat ließ er aufhängen, auf dem stand: »Joseph Neuvillers, räudiges Schaf«. Erst nachdem der Junge um Verzeihung gebeten hatte, wurde der Anschlag entfernt. Aber die anderen Strafen hatte Oberlin noch zwei Wochen aufrechterhalten.
    Im Zimmer war es fast dunkel geworden. Jaeglé bat Minna, eine Kerze anzuzünden. In dem gelben Lichtkegel tauchte seine gefurchte Stirn auf. Er schüttelte den grauen Schädel.
    Kann man so Ungehorsam bestrafen? Bei einem halben Kind? Ach, Minna, man kann nicht alles Unrecht erkennen und nicht in allen Dingen wirklich gerecht sein.
    Er sah auf, zuckte mit den Schultern, beugte sich vor und kniff Minna lächelnd in die Wange.
    Sei sorgsam mit den Strafen, wenn du sie einmal alleine wählen musst. Und du kannst

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