Buffy - 22 - Spike & Dru
wachsamer sein als
je zuvor.«
Ariana runzelte die Stirn und musterte die Fenster. Eine der Glasscheiben
sah nicht ganz wie die anderen aus. Sie trat vor und streckte die Hand nach
dem Glas aus. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um es zu
erreichen.
»Was machst du da?«, fragte John.
»Es ist kalt«, erwiderte Ariana. »Das ist kein Glas. Es ist Eis.«
Eleanor, das größere der beiden Mädchen, trat vor und zertrümmerte die
Eisscheibe mit einem Schlag.
»Wir müssen wachsam sein«, sagte sie und drehte sich zu Ariana um.
Die beiden Mädchen umarmten sich, und John legte eine Hand auf
Arianas Schulter. Überall im Haus waren die Leichen ihrer Freunde und
Kollegen verstreut. Die Spuren des Gemetzels mussten beseitigt werden.
Aber einige Mitglieder des Direktorenrats hatten überlebt. Sie würden über
die nächsten Schritte entscheiden müssen.
»Ich hatte solche Angst«, flüsterte Eleanor in Arianas Ohr.
»Ich auch.«
19
Helsingør, Dänemark
8. September
Schon vor dem Einmarsch der deutschen Armee war der alte Hafen
Helsingør eine stille Stadt gewesen. Im Krieg ging das tägliche Leben seinen
Gang, aber nach Einbruch der Dunkelheit sank die Stadt, wie so viele andere
eroberte Orte, in einen Dämmerschlaf. Feierlichkeiten fanden durchaus statt,
doch unter den wachsamen Augen der deutschen Besatzungsstreitkräfte
verliefen sie bestenfalls gedämpft.
Die Nacht war kalt und klar. Der Himmel glitzerte, als wären selbst die
Sterne gefroren, und auf der anderen Seite des Oresundkanals, der
Dänemark von Schweden trennte, erhellten Lichter die Nacht. Wenn die
Leute von Helsingør über das Wasser blickten, gewannen sie den Eindruck,
dass diese warmen Lichter ein Leuchtfeuer waren, ein Beweis dafür, dass es
eine Zuflucht vor dem brutalen Griff von Nazi-Deutschland gab.
In Wirklichkeit waren diese Lichter eine verlockende Täuschung, ein
Trugbild, denn Helsingørs Schwesterstadt, Schwedens Helsingborg, befand
sich ebenfalls in der Hand der deutschen Eroberer.
Ein Entrinnen war unmöglich.
Zumindest für einen Menschen.
Spike und Drusilla hatten Kopenhagen kurz nach Einbruch der Dunkelheit
verlassen. In der Nähe ihres Schlupfwinkels in den Gewölben des
Christiansborg-Palasts hatten sie ein Auto gestohlen und waren einfach nach
Norden gefahren. Kurz hinter der Stadtgrenze waren sie auf eine
Straßensperre gestoßen und hatten kurz entschlossen die Soldaten
massakriert, die sie gestoppt hatten.
Unter ihnen war auch ein Offizier gewesen. Die Uniform passte Spike
nicht besonders gut, aber immerhin wies sie nur wenig Blutflecken auf.
Drusilla trug immer noch ihr karmesinrotes Samtkleid, in das sie ganz
vernarrt war. Spikes neue Uniform sollte genügen, ihnen im Notfall die
nötige Zeit zu verschaffen, um jeden Widerstand zu brechen. Sie taten sich
am Nazi-Blut gütlich, bis sie übersättigt waren, und gönnten sich dann den
Luxus einer zwanzigminütigen Ruhepause.
Als sie wieder bei Kräften waren, holten sie ihre wenigen Habseligkeiten
aus dem gestohlenen Auto und verstauten sie in einem deutschen
Armeelaster. Spike warf einen Blick auf seinen Ausweis, der ihn als Franz
Gruber identifizierte, und nickte zufrieden. Sie würden niemanden täuschen
können, aber auf diese Weise nah genug an ihre Feinde herankommen, um
sie zu töten.
Drusilla half ihm, die Leichen in den Kofferraum des gestohlenen Autos
zu laden und ihn auf einen Acker im Westen der Hauptstraße zu fahren. Bis
zur Morgendämmerung würde ihn niemand finden. Und das reichte
vollends.
Es dauerte nicht lange, und sie erreichten Helsingør. Kurz vor der Stadt
stießen sie auf einen Kontrollposten, der aber nur aus vier übermüdeten
Soldaten bestand. Jener, der seinen Ausweis verlangte, überprüfte ihn nur
flüchtig, bevor sein Blick auf Drusilla fiel. Gierig starrte er sie an, und sie
lächelte scheu, wissend, verdorben. Der Soldat lächelte Spike neidisch an,
gab ihm seinen Ausweis zurück und schlug mit der Hand gegen die Seite des
Trucks, um ihnen zu bedeuten, dass sie weiterfahren konnten.
Der Vampir hatte kein einziges Wort Deutsch sprechen müssen.
Notfalls hätte Spike sie alle getötet, aber in gewisser Hinsicht war er froh,
dass es nicht dazu gekommen war. Es war viel besser, ohne Aufsehen nach
Helsingør zu kommen. Außerdem galten seine Gedanken Skrymir und dem
Halsband Brisingamen. Ihn durchströmte eine Macht, wie er sie bisher nur
einmal in seiner Existenz erlebt
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