Buffy - 22 - Spike & Dru
sie töten die Nachwuchsjägerinnen, nicht wahr? Und ihre
Wächter?«
»Das ist richtig«, bestätigte Haversham.
»Wie viele bis jetzt?«, fragte Sophie, während sich ihr vor Abscheu der
Magen umdrehte.
»Fünf Kandidatinnen«, antwortete Rubie. »Vier Wächter. Einer von ihnen
hat überlebt. Nun, sechs Wächter, wenn man die beiden in London mitzählt.
Der Rat lässt nun mit magischen Mitteln nach den Vampiren suchen.
Außerdem sind alle Agenten in Europa auf sie angesetzt worden.«
»Und der Rat glaubt, dass sie sich nach Amerika begeben haben«, warf
Yanna ein.
Sophie wartete einen Moment, aber die Wächterin sagte nichts mehr. Das
war normal. Einige ihrer Visionen waren sehr direkt und hilfreich,
hellsichtige Warnungen vor der Zukunft. Andere waren bloße Bilder,
Gefühle, vage Hinweise auf drohende Gefahr. Die Visionen von Spike
waren letzterer Art, und es hatte viele gegeben. Nach jeder schien sich
Yanna ein Stück weiter von Sophie zu entfernen.
Nun gut, dachte sie.
Die Jägerin stand vom Tisch auf und griff nach dem Schwert ihres Vaters.
»Dann werden wir ihnen folgen. Wir brechen sofort auf«, sagte sie. Sophie
wandte sich zum Schlafzimmer, das sie sich mit Yanna teilte. Bevor sie die
Tür erreichte, drehte sie sich noch einmal zu den Ratsagenten um. Ihr war
eine Frage in den Sinn gekommen. Eine, deren Antwort sie bereits zu
kennen glaubte.
»Diese Vampire. Kennen Sie ihre Namen?«
»Die Frau heißt Drusilla«, erklärte Rubie. »Der Mann wird Spike
genannt.«
»Natürlich«, sagte Sophie grimmig. Sie spürte eine unheilvolle Ahnung in
sich aufsteigen, aber als sie zu der Wächterin hinüberblickte, sah sie, dass
Yannas Ausdruck ganz anders war. Sie wirkte fast glücklich. Erregt.
Während die Jägerin nur Furcht empfand.
9
Boston, Massachusetts, USA
6. Juli
Ihre Eltern waren tot.
Schluchzend stand Rita Gnecco in dem dunklen Hauseingang in der
Hanover Street im North End von Boston. Tränen strömten über ihre
Wangen. Ihre Eltern waren tot, und sie allein war schuld.
Sie hatte die Vampire hereingelassen.
Die meisten Mädchen, die vom Wächterrat ausgebildet wurden, verließen
ihre Familien, um allein zu trainieren. Familien lenkten nach Ansicht des
Rates nur ab. Wenn ein Mädchen später auserwählt wurde, konnte es ihre
Familie in Gefahr bringen, und die Furcht vor einer derartigen Tragödie war
für die Jägerin nur eine unnötige Belastung.
Aber die Familienbande der Gneccos waren sehr eng gewesen. Ritas
Eltern, Giovanni und Teresa, waren vor dreißig Jahren mit ihren Eltern aus
Genua, Italien, nach Amerika eingewandert. Das North End von Boston war
eine Art Klein-Italien. Die Ladenbesitzer und Restaurantbetreiber, die
Metzger, Frisöre, die Priester in den vielen Kirchen, selbst der Postbote,
alles Italiener. Die Gemeinde war ein Teil von Boston, existierte aber
gleichzeitig für sich allein.
Das North End war ihre Heimat.
Die Gneccos hätten es niemals erlaubt, dass der Rat Rita aus ihrem
Elternhaus oder aus dem North End holte. Stattdessen war Ritas Wächter
Arthur Cabot gezwungen gewesen, sich unter den italienischen
Einwanderern niederzulassen. Der Engländer war sofort damit einverstanden
gewesen und hatte schnell viele Freundschaften geschlossen.
Beim Gedanken an Arthur und an die Liebe, die ihre Eltern ihr
entgegengebracht hatten, musste Rita laut aufschluchzen. Sie alle waren jetzt
tot, und nur Rita hatte überlebt. Aber sie wusste nicht, wie lange das noch
der Fall sein würde.
Rita presste sich an die Tür und versuchte nachzudenken. Ihr Herz
hämmerte, und ihr Mund fühlte sich trocken an. Wie ein Messer durchbohrte
der Schmerz ihre Schläfe, und ein verheerender Migräneanfall ließ sie
zusammenzucken. Sie hielt sich mit der Hand den Kopf, straffte sich und
bezwang den Schmerz mit der Kraft ihres Willens. Sie musste sich
zusammenreißen. Er suchte nach ihr, verfolgte sie durch die Straße. Sie
konnte ihn nicht sehen oder hören, aber sie wusste, dass ihr nur wenige
Minuten blieben, um einen Weg zu finden, ihn zu besiegen, ihn zu töten.
Die Glocken der Sacred Heart Church läuteten zweimal. Zwei Uhr
morgens. Im Hauseingang hielt Rita für einen Moment den Atem an. Die
Kirche. So nahe. Manche Vampire, so hatte man ihr beigebracht, wagten es
nicht, ein Gotteshaus zu betreten. Aber selbst wenn er ihr ins Innere folgte,
würde es dort Kreuze und Weihwasser geben. Waffen.
Mit einem letzten tiefen Atemzug und einem stummen
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