Bullet Catcher: Wade (German Edition)
Leg-dich-bloß-nicht-mit-mir-an-Ausdruck im Gesicht, den alle Bullet Catcher beherrschten.
Lucy lehnte an ihrem Schreibtisch, cool und gelassen wie gewohnt und dazu so verdammt schön, als wäre es ein Uhr mittags und nicht mitten in der Nacht. Ihr Haar war zurückgeklammert, und sie trug etwas Fließendes, Anliegendes in Schwarz, das nach Yoga aussah. Das Einzige, was an nackter Haut von ihr herauslugte, waren ihre Hände und ihre Füße, die Nägel wie immer signalrot lackiert. Wie konnten nackte Füße nur so sexy sein?
Sie sah nicht im Geringsten verschlafen aus. Vielleicht war sie wach gewesen. Vielleicht hatte sie gearbeitet. Vielleicht … wartete gegenüber auf dem Flur Dan Gallagher im Bett auf sie.
In Jacks Magen regte sich ein dunkles Gefühl.
»Worum geht es?« Sie kam sofort zum Punkt.
Er schritt über den Perserteppich und setzte sich in einen Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch. »Ich habe sie gefunden.«
Lucy Augen leuchteten auf, und auch ohne Make-up schien ihre Haut sanft zu schimmern.
»Das sind wundervolle Neuigkeiten, Jack.« Sie ließ sich auf den Stuhl neben ihm sinken und streckte ihm die Arme entgegen– mit einem Lächeln, das von Herzen kam. »Wer ist sie? Wo ist sie? Hast du ihr von Eileen erzählt?«
Er schüttelte den Kopf. »In deinen Datenbanken fand ich ein Kind namens Christine Whitaker, das ursprünglich auch auf der Liste stand, dann aber entfernt wurde. Das Mädchen war von einer Familie Whitaker aus Virginia Beach adoptiert worden; die Eltern kamen jedoch bei einem Verkehrsunfall ums Leben, sodass sie zur Vollwaise wurde. Sie kam in ein Kinderheim und wurde schließlich von einer Familie Carpenter aus Roanoke adoptiert. In den Unterlagen ist sie als Kristen Carpenter verzeichnet. Bis vor zwei Monaten lebte sie in Washington, D. C.«
»Und was ist dann passiert?«
»Sie wurde beim Überqueren einer Straße von einem Wagen erfasst und getötet. Der Fahrer wurde nie gefunden. Es war Fahrerflucht. Keine Zeugen.« Als sich auf Lucys Gesicht Entsetzen und Enttäuschung abbildeten, nickte er. »Mir geht es genauso. Es ist zum Kotzen.«
»Wirklich. Und du glaubst auch nicht, dass es ein Unfall war, nicht wahr?«
»Nein.«
»Für Miranda wird das ein harter Schlag. Und für Vanessa auch, denke ich«, sagte Lucy.
»Von Eileen ganz zu schweigen«, fügte Jack hinzu. »Hör zu, Vanessa und Miranda müssen höllisch aufpassen. Wer auch immer dahintersteckt, könnte an unseren Ermittlungen interessiert sein.«
»Du meinst, jemand, dem daran gelegen ist, dass sie das Knochenmark nicht bekommt?«
»Jemand, dem daran gelegen ist, dass sie den Mund hält. Jemand, der auf keinen Fall will, dass sie überlebt. Der fürchtet, dass sie redet, sobald sie zwei ihrer Töchter in Sicherheit weiß.«
»Schon möglich«, stimmte Lucy zu.
»Aber das ist noch nicht alles«, setzte Jack seinen Bericht fort. »Dank deines Ermittlungsteams konnte ich Einblick in die Liste der Personen nehmen, die Eileen Stafford in ihrer Haft besucht haben. Außer Miranda, Fletch und mir gab es da nur drei weitere.«
»In dreißig Jahren?«
»Schrecklich, nicht wahr? Zuerst war da Rebecca Aubry, schon vor vielen Jahren. Dann gab es eine weitere Person, deren Name jedoch aus dem Verzeichnis entfernt wurde – es gibt da offensichtlich jemand, der zu allem bereit ist, was Eileen Stafford angeht.«
»Und der dritte Besucher?«
»Howard Porter.«
»Vanessas Vater«, sagte Lucy. »Sie hat Wade erzählt, dass er ihre Mutter einmal besucht hat.«
»Hat sie ihm auch erzählt, dass Howard auf dem Heimweg von diesem Besuch in einer Raststätte erschossen wurde?«
Lucy überlegte kurz. »Du glaubst nicht an einen Zufall.«
»Wie gesagt, ich denke, jemand will dafür sorgen, dass Eileen bis zu ihrem Tod schweigt. Und jeder, der ihrem Geheimnis nahekommt, ist in Gefahr.«
Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus. »Das muss ich Wade unverzüglich mitteilen.«
»Wenn du schon mit ihm sprichst, frag ihn, ob er das Tattoo schon gesehen hat.«
»Wie man es nimmt«, sagte Lucy und griff zum Hörer. »Sie hat es weglasern lassen.«
»Aber hat er die Narbe gesehen?«
Ihr Blick war scharf. »Warum?«
»Ich frage mich, ob es genauso aussieht wie das von Miranda.«
Sie drückte eine Schnellwahltaste, ohne ihre dunklen, schräggestellten Augen von ihm zu nehmen. »Warum?«, wiederholte sie.
»Ach, ich glaube, ich stecke schon zu tief in diesem Fall drin. Allmählich verfolgen mich schon die winzigsten
Weitere Kostenlose Bücher