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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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also, als es mit ihr abwärtsging. Ohne sich um die Folgen zu kümmern. Und die Folge war, dass ihre Anorexie akut wurde.«
    »So kann man es sehen«, sagte Jon Anderson. »Er findet sich nirgends auf den Besucherlisten von Danderyd, deshalb vermute ich, dass er ihr nicht besonders nahestand.«
    »Hast du etwas anderes gefunden? Zum Beispiel: Typ wahnsinniger Psychopath sondiert das Terrain bei den Anorektikerinnen?«
    »Kaum. Wenn unser Verbrechen seinen Ursprung in dieser Klinik hat, dann ist das auf technologischem Weg gelaufen, nichts anderes. Ich habe die Datenschutzabteilung im Danderyd-Krankenhaus kontaktiert, um zu sehen, wie effektiv dokumentiert wird, wer sich bei ihnen einloggt. Wenn ich da auftauche, kann sich trotz aller Mängel auch ein faulerer Fisch verfangen haben.«
    »Was für eine wunderbare Metaphorik«, sagte Chavez. »Ein Netz, das den Zugang zum Netz verhindert.«
    »Korinthenkacker.«
    »Da du Ärmster den ganzen Weg nach Danderyd hinaustuckern musstest, hatte ich in der City noch Zeit für einen weiteren Besuch. Und zwar im Reisebüro Willman & Ström, wo Lisa Jakobsson als Abteilungsleiterin gearbeitet hat. Ich habe mit drei der Menschen gesprochen, die ihr am nächsten gestanden haben sollen, darunter ihr Chef, und alle verneinten kategorisch, dass sie an irgendwelchen Essstörungen gelitten hätte. Sie war zwar nicht immer mit, wenn sie in der Mittagspause essen gingen – okay, vielleicht war sie nie mit –, aber sie hatte immer Essen dabei, und zwar – ich zitiere ihren Chef – ›sorgfältig zubereitete Hausmannskost‹. Weitere Nachfragen bezüglich dieser ›sorgfältig zubereiteten Hausmannskost‹ ergaben, dass jemand gelegentlich eine Plastikdose vom Typ Tupperware auf ihrem Schreibtisch gesehen hatte. Man kann nicht behaupten, dass die Menschen bei Willman & Ström sich besonders nahestehen.«
    »Wunderbar«, sagte Jon Anderson und bog von der E 4 ab und in den großen Kreisverkehr ein, der wie ein Glorienschein über der Autobahn schwebte. Anderson nahm die Kurve auf zwei Rädern und landete westlich der E 4 auf dem Mälarvägen, bog nach rechts in den Husarvägen und dann wieder links in den Drabantvägen ein. Vor dem Vilunda-Gymnasium hielt er an.
    Das vertraute, wiewohl ungleiche Paar fand nach einigem Umherirren zu einer Anmeldung, von wo sie weiterirrten, bis sie endlich am Direktorat anlangten.
    Der Schulleiter war nicht anwesend, dafür wurden sie ohne Umstände zur Studiendirektorin eingelassen, einer hocheffizienten Dame mit Kleid und Perlenkette, die den Herren von der Polizei prompt die folgende Auskunft gab: »Lisa Jakobsson absolvierte 1995 den gesellschaftswissenschaftlichen Zweig des Gymnasiums in der Klasse S3D. Ihre Klassenlehrerin war Ann-Britt Grundin, die Schwedisch und Englisch unterrichtete. Das letzte Klassenfoto der Klasse S3D wird gerade ausgedruckt. Hier kommt es, ja.«
    Sie beobachteten die hocheffiziente Studiendirektorin mit einer gewissen Bewunderung, und Chavez nahm das Klassenfoto entgegen, in Farbe und gestochen scharf.
    »Haben Sie irgendwelche persönlichen Erinnerungen an diese Klasse?«, fragte er und suchte vergebens nach Lisa Jakobssons Gesicht.
    »Ich habe nicht von Anfang an hier in Vilunda gearbeitet«, sagte die Studiendirektorin. »Das war weit vor meiner Zeit. Ich schlage vor, Sie sprechen mit der Klassenlehrerin. Ann-Britt Grundin ist 2003 in Pension gegangen und wohnte damals in der Hasselgatan 6 oben am Väsbyskog. Kann ich Ihnen sonst noch helfen?«
    Nachdem sie sich höflichst für den perfekten Service bedankt hatten, befanden sich die beiden Polizisten schneller wieder auf dem Drabantvägen, als sie es sich in ihrer kühnsten Phantasie hätten vorstellen können. Denn die war belastet mit Vorurteilen bezüglich der Effektivität öffentlicher Bediensteter. Wie sie selbst.
    »Also gut«, sagte Chavez. »Es gibt bekanntlich auch eine Mutter. Sie wohnt im Radhusvägen. Was für ein einfallsreicher Name: Reihenhausweg. Willst du die Mutter oder die Lehrerin?«
    »Ich nehme lieber die Lehrerin«, sagte Jon Anderson und saß acht Minuten später in einem reinlichen Reihenhaus in Upplands-Väsby und blickte tief in die Augen einer etwa sechzigjährigen Frau mit Namen Eva Jakobsson. Sie hatte merkwürdige Katzenaugen, und Jon Anderson konnte nicht in diese Augen sehen, ohne an seine eigene Mutter zu denken, wobei ihm die Tränen in die Augen traten.
    Vor allem, als Eva Jakobsson sagte: »Verschwunden?«
    Erst in diesem Augenblick

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