Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
die alte Homepage von »Orpheus Life Line«, jetzt gelang ihm sogar das Kunststück, sie aus der Tiefe seines Gedächtnisses auszugraben: www.orphlin.se.
    Aber die Seite existierte nicht mehr.
    Er betrachtete dies jedoch als eine Sackgasse, die ihn trotz allem weiterbrachte. Es war keineswegs eine gewöhnliche Sackgasse. Jetzt ging es darum, so raffiniert, dass die Säpo keinen Wind davon bekam, herauszufinden, wo »Orpheus Life Line« war. Denn vermutlich gab es noch immer einen schwedischen Ableger. Falls nicht, säße Paul Hjelm definitiv auf dem Trockenen. International würde er sie nicht finden, ohne dass die Säpo davon erfuhr.
    Aber Tore Michaelis rief doch nach ihm?
    War es nicht so, dass er seinen zwar wenig routinierten, aber auch nicht ganz auf den Kopf gefallenen Nachfolger aufforderte, ihm zu folgen? Ihm beizustehen?
    Und der Nachfolger war bereit dazu. Der Nachfolger war entschlossen, Tore Michaelis zu helfen, Per Naberius zur Strecke zu bringen. Die Frage war nur, welchen Preis er zu zahlen bereit war.
    Natürlich konnte alles auch nur Zufall und das ganze Verbindungsnetz ein reines Hirngespinst sein. Vielleicht war Tore Michaelis wirklich mausetot.
    Aber Paul Hjelm fühlte, dass er dieser Linie bis zum Ende folgen musste. Der Rettungsleine.
    Orpheus Life Line.

24
    Arto Söderstedt richtete eine Homepage ein. Er tat es manuell und benutzte altmodische HTML-Codes, ohne den Hauch einer Vorstellung von der Gestaltung von Internetseiten zu haben. Gunnar Nyberg stand über seine Schulter gebeugt und betrachtete den undurchdringlichen Text.
    Es glich einer Chiffrierung.
    »Was machst du da?«, fragte er schließlich.
    »Eine Homepage«, antwortete Söderstedt. »Ich werde sämtliche bekannten Namen von Magda ins Netz stellen. Das wird ihr nicht gefallen.«
    »Magda Kouzmin?«, fragte Nyberg verblüfft. »Die Anführerin der Erinnyen? Die osteuropäische Bande ehemaliger Prostituierter?«
    »Dein Gedächtnis ist nicht gänzlich unbrauchbar«, sagte Söderstedt und öffnete die Seite.
    Sie war ungestaltet und schwarz-weiß. Dafür war der Text umso größer. In drei Reihen übereinander prangten in großen Lettern die Namen: Magda Kouzmin, Magda Sheinkman, Elena Basedow. Darunter stand in anspruchsloserem Schriftgrad: »If you want this site removed rather than expanded, immediately contact the whitest guy in Tuscany. You know how to find me. It’s all unofficial.«
    »Ist das dein Ernst?«, rief Gunnar Nyberg. »Nennst du das Polizeiarbeit?«
    »Ich bin nicht ganz sicher, was die Wortfolge angeht«, antwortete Söderstedt präzise. »Sagt man ›immediately contact‹ oder ›contact immediately‹? Aber jetzt stelle ich sie jedenfalls ins gute alte World Wide Web.«
    »Besteht nicht die Gefahr, dass dir der ganze Mist um die Ohren fliegt?«
    »Davon gehe ich immer aus.«
    »Und was willst du damit erreichen?«
    »Ich glaube, die Erinnyen wissen am meisten über diese Bande. Ich will, dass sie es mir erzählen.«
    »Du meinst, sie wissen auch mehr als die brasilianische Polizei?«
    »Das ist nicht ganz so sicher. Aber viel weniger können sie kaum beisteuern. Der Kontakt mit den Brasilianern war keine Offenbarung. Sie hatten nichts zu sagen, von einer imponierenden Menge von Verunglimpfungen in gebrochenem Englisch mal abgesehen.«
    »Könnte es sein, dass sie korrupt sind?«
    »Es kann viel einfacher sein. Sie erzählen uns nichts, wenn für sie nichts dabei abfällt. There is no such thing as a free lunch.«
    »Ich schlage vor, wir reden wieder schwedisch«, sagte Gunnar Nyberg zurückhaltend.
    »Meinetwegen«, stimmte Arto Söderstedt entgegenkommend zu. »Was hast du selbst herausbekommen?«
    »Leider nicht besonders viel. Ich habe wirklich das ganze Internet nach Prostitutionssyndikaten abgegrast, die maßgeschneiderte Prostituierte feilbieten. Aber es findet sich kein einziges. Da scheint große gegenseitige Diskretion zu herrschen.«
    »Ich glaube, so ist es. Das ist ein richtig geheimes Gewerbe, das im Verborgenen blüht.«
    Gunnar Nyberg nickte und sagte: »Und eines, das sich sogar vor ›the eye in the sky‹ verborgen hält, um die Sprache zu benutzen, die du so liebst.«
    »The eye in the sky?«
    »Wir leben in einer Überwachungsgesellschaft, die, in den falschen Händen, noch viel schlimmer werden könnte als in der damaligen DDR. Alles, was wir tun, wird gesehen und registriert. Wir leben unter einem Himmelsauge, das alles sieht. Überall sind Überwachungskameras, Satelliten, die in den

Weitere Kostenlose Bücher