Bußestunde
das ernst?«, kam schließlich von ihr.
»Ja«, schrieb er. Und dachte, dass niemand dies je würde lesen dürfen.
»Du willst uns also mit Informationen versorgen? Uns, die bösen Mörderinnen?«
Und Arto schrieb: »Ja.«
Dann loggte sie sich aus. Er tat das Gleiche und entfernte dann die Homepage mit ihrem Namen aus dem Netz.
Mittlerweile war auch Gunnar Nybergs englisches Telefongespräch beendet, und er kehrte an Arto Söderstedts Seite zurück.
»Löschst du sie?«, fragte Gunnar.
»Ja«, sagte Arto. »Und sobald ich die Sprache wiedergefunden habe, erzähle ich dir eine Geschichte. Aber im Moment schaffe ich es nicht.«
»Verstehe«, sagte Gunnar. »Dann erzähle ich jetzt dir eine Geschichte.
»Waren es die Brasilianer?«
»Ja. Sie haben den Mikrosender aus Armanda Carneiros Arm genauer untersucht. Und sie haben ihn erkannt. Das SKL hat ja kein Fabrikat feststellen können. Aber ihre Techniker haben es getan. Schwach von Brynolf …«
»Und?«
»Er ist von einem brasilianischen Unternehmen mit Namen Bodia Eletrônica S/A hergestellt worden. Sie gehören zu den Aufsteigern in der ständig wachsenden Spürsenderbranche in Brasilien.«
»Ich höre, dass du noch was in petto hast«, sagte Arto.
Gunnar Nyberg nickte langsam und sagte: »Bodia Eletrônica S/A ist, über sehr verschlungene Umwege, eine Tochtergesellschaft von Naberius Enterprises Ltd.«
*
Sara Svenhagen musterte die dunkelblonde, sehr schlanke Akademikerin auf der anderen Seite des Tisches, die gerade ihre schwarz eingefasste Kulturschaffendenbrille auf der Nase zurechtschob und sie störrisch ansah.
»Aber was können Sie damit gewinnen, dass Sie nicht erzählen?«, fragte Sara aufrichtig verwundert. »Das verstehe ich nicht.«
»Es gibt nichts zu erzählen«, erklärte Matilda Broman. »Das ist Vergangenheit.«
»Aber gerade das ist es ja nicht. Die Vergangenheit ist hier. Sie ist zurückgekommen. Mit der ganzen pervertierenden Kraft des Verdrängten.«
»Sehr gut formuliert«, bemerkte Matilda Broman ironisch.
»Danke«, sagte Sara und suchte Lücken, Risse, Schwächen, irgendetwas. Sie fand nicht viel. Matilda Broman war zweifellos schockiert gewesen, als sie von Tiina Spinroths grausamem Treiben gehört hatte. Das Schicksal ihrer alten Freundinnen Lisa Jakobsson und Hanna Hörnblom hatte sie keineswegs unberührt gelassen. Aber es ließ sie nicht einknicken. Eher machte es sie noch sturer, noch entschlossener. Sie stand am Beginn einer akademischen Karriere, sie hatte nicht die Absicht, etwas zu beichten, das sie für immer brandmarken würde. Es war mehr erforderlich, um sie zum Sprechen zu bringen.
Lena Lindberg war verblüfft zu sehen, dass Alice Nordin ein völlig anderer Typ Frau war. Es war schwer, sich vorzustellen, dass es zwischen ihr und Matilda Broman die geringste Verbindung gab. Alice Nordin war die klassische geschiedene Vorstadtmutter, wenn es denn so etwas gab. Der direkte Gegensatz zu Matildas glatt poliertem Akademikergehabe. Aber sie war mindestens ebenso resolut. Hier stand etwas anderes auf dem Spiel als eine Karriere – hier ging es um Kinder. Das Ansehen der Mutter bei ihren Kindern. Den drei Kindern, die sie mit ihrem mittelmäßigen Einkommen von Coop Extra im Einkaufszentrum Väsby allein großzog.
»Wenn wir Ihnen garantieren, dass Ihre Kinder nichts davon erfahren?«, versuchte es Lena.
»Einen Scheiß können Sie garantieren«, sagte Alice mit einem sehr entschlossenen Ausdruck in ihrem ziemlich verlebten dreißigjährigen Gesicht. »Man weiß doch, wie es läuft, wenn die Polizei etwas rauskriegt. Sie verkaufen es an die Boulevardpresse, bevor man auch nur die Worte ›undichte Stelle‹ aussprechen kann.«
»Aus diesem Zimmer werden keine Einzelheiten nach außen dringen«, sagte Lena Lindberg.
»Sicher«, erwiderte Alice Nordin spöttisch und zeigte auf das eingeschaltete Tonbandgerät auf dem Tisch zwischen ihnen.
»Sie wissen, dass es darum geht, Lisa und Hanna zu retten. Wir wollen hoffen, dass sie noch leben, aber ihr Leben hängt am seidenen Faden. Und dann, wenn wir Sie und Matilda gehen lassen, kommt er zu Ihnen, dass wissen Sie auch.«
»Er?«, wiederholte Alice Nordin.
»Oder sie«, sagte Lena Lindberg und fügte mit Nachdruck hinzu: »Eine sie?«
»Kaum«, sagte Alice.
»Er also? Sie haben ja die Bilder gesehen. Gucken Sie noch mal genau hin.«
Alice Nordin schob unschlüssig die verschiedenen Ausdrucke von Tiina Spinroths eigentümlicher Erscheinung hin und her, die vor
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