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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Element zu betonen.«
    Von der Gegenseite kam einen Moment lang nichts.
    »Bist du sicher, dass dies hier inoffiziell ist?«, schrieb Magda.
    »So inoffiziell wie nur möglich«, entgegnete Arto. »Erzähl, wer sie sind. Wir sind hinter ihnen her, nicht hinter euch.«
    »Aber du liebst es doch, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.«
    Da klingelte das Telefon, und Gunnar Nyberg sah sich in ein Gespräch auf Englisch verwickelt, während er gleichzeitig versuchte, dem englischen Chat auf dem Bildschirm zu folgen. Schließlich musste er aufgeben und in eine andere Richtung sehen.
    »Nicht diesmal«, schrieb Arto Söderstedt. »Ihr seid anscheinend Experten, was dieses Syndikat angeht. Erzähl mir davon.«
    »Wenn du unsere Vorgehensweise brutal findest, wirst du ohnmächtig, wenn ich dir davon erzähle.«
    »Ich bin schon ohnmächtig.«
    »Es ist eine brasilianische geheime Organisation. Sie sind gerade im Begriff, ihre Aktivitäten von Portugal aus in Europa auszubreiten. Sie greifen Straßenkinder in Südamerika auf und importieren Frauen aus Osteuropa. Das Übliche. Aber sie sind schlimmer als die anderen. Und schwer zu fassen, richtig schwer. Bisher haben wir nur sieben gefunden.«
    »Ich kenne nur vier Fälle«, schrieb Arto.
    »Dann musst du weitersuchen«, schrieb Magda. Und hängte noch ein Smiley an.
    »Erzähl weiter.«
    »Es ist die Hölle auf Erden, mitten unter uns. Sie versklaven die Frauen und markieren sie wie Vieh, wenn auch hochtechnologisch, damit sie sie ständig unter Kontrolle haben.«
    »Spürsender in Form von Mikrochips?«
    »Ja. Woher weißt du das?«
    »Wir haben einen Sender gefunden.«
    »Das hört sich nicht gut an.«
    »Das ist es auch nicht. Wir müssen diese Bande wirklich schnappen.«
    »Sie lassen sich nicht schnappen. Deshalb sind wir eingeschritten. Wir hatten uns zur Ruhe gesetzt. Wirklich.«
    »Seid Eumeniden geworden?«
    »Ungefähr. Aber wenn man wirklich etwas erreichen will, muss man manchmal Erinnye sein.«
    »Erzähl mir von dem plastikchirurgischen Element.«
    »Reicher Mann mit fetischistischer Begierde nach einer prominenten Frau oder einem bestimmten Frauentyp tritt an das Syndikat heran, das ihm eine maßgeschneiderte prostituierte Sklavin liefert.«
    »Es muss einen auslösenden Faktor gegeben haben. Wenn ihr euch wirklich zur Ruhe gesetzt hattet, muss schon einiges passiert sein, um euch wieder auf den Plan zu rufen.«
    »Ja, es gab einen auslösenden Fall …«
    »Verschweig mir nichts, Magda.«
    »Das tue ich die ganze Zeit. Würde man das aussprechen, würde die Sprache explodieren. Oder eher implodieren.«
    »Also los!«
    »Ein reicher Franzose hatte fetischistische Träume von Missbildungen. Er träumte von Frauen mit extrem kurzen Armen und Beinen. Das wurde einem Mädchen aus meiner Heimat in der Nähe von Odessa zum Verhängnis. Sie sägten ihr Arme und Beine ab und setzten die Hände und Füße wieder an. Aber sie konnte sie nicht bewegen, sie hingen nur da wie leblose Flossen. Und sie konnte sich selbst nicht fortbewegen, sondern war ganz und gar in der Gewalt des wahnsinnigen Franzosen. Er nutzte sie fast ein Jahr lang aus, spielte alle erdenklichen grausamen Kinderspiele mit ihr. Dann ließ er sie durch das Syndikat ganz langsam erdrosseln, während er zusah.«
    Arto Söderstedts Hände verkrampften sich. Die Sprache war wirklich implodiert. Alles in ihm verknotete sich.
    »Bist du noch da?«, fragte Magda.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Arto.
    »Wirst du unseren Kontakt benutzen, um mich zu finden?«
    Artos Hände lagen untätig auf der Tastatur. Intensiver Ekel überkam ihn. Die Welt war noch kränker, als selbst er es sich hatte vorstellen können, er, der immerhin über eine ziemlich gute Phantasie verfügte. Die Wirklichkeit übertraf immer die Dichtung. Wie wahnsinnig schlecht ging es dem Menschen der Gegenwart eigentlich? Was gab es an Trost, was gab es an Linderung? Er stand an einem Abgrund, die Sonne verbrannte seine weiße Haut, er streckte die Arme zum Himmel auf und rief zu Gott: Warum?
    Das große »Warum?«.
    Gott antwortete nicht.
    Arto blieb allein, verbrannt, am Abgrund.
    Er schrieb: »Nein.«
    »Du hast vorher dein Wort gehalten, weißer Mann. Ich verlasse mich auf dich.«
    »Aber es ist denkbar, dass ich bald mehr erfahre.«
    Jetzt war es Magda, wo immer in der Welt sie sich befinden mochte, die nicht zurückschrieb.
    Arto Söderstedt betrachtete den Bildschirm. Er fühlte, dass sie noch da war, dass sie nachdachte.
    »Meinst du

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