Bußestunde
einziges brodelndes Hexengebräu von Frustrationen«, sagte Jon. »Ich bin ganz sicher, dass er es getan hat. Es gibt keinen einzigen festen Punkt in seiner Persönlichkeit. Außerdem ist sein Computer, den ich gerade untersucht habe, randvoll mit Gewaltpornos.«
»Und mit dem sitzt Jorge da drinnen zusammen?«, fragte Sara. »Einem verhexten Typen?«
»Nein«, sagte Jon, »es handelt sich eher um Anomalien.«
Da kam eine unnatürlich laute Stimme aus den in den Wänden verborgenen Lautsprechern: »Schön, die Frauen mal für eine Weile los zu sein, was?«
Und die unnatürliche Stimme hatte Jorges Tonlage. Obwohl er sich nicht vom Fleck rührte, fuhr die Stimme fort: »Finde ich jedenfalls.«
Sara war drauf und dran, die Tür aufzureißen, als Kerstin eine Hand auf ihren Arm legte. »Gib ihm ein paar Minuten«, sagte sie.
Jorge fuhr fort: »Da können wir ein bisschen über Computer plaudern.«
Joakim Bergsten sah ihn reserviert an und schwieg.
»In Ihrem Computer sind zahlreiche Gewaltpornos«, fuhr Jorge in demselben beiläufigen Tonfall fort.
Bergstens Oberkörper schwankte ein wenig auf dem Stuhl, aber er sagte noch immer nichts.
»Meine Kollegin hatte also recht«, stichelte Jorge weiter. »Es ist wohl wirklich so, dass Gewalt und Grausamkeit Ihre Lust anstacheln.«
»Ich habe gewisse Phantasien, die immer wiederkommen«, sagte Bergsten. »Aber das sind nur Phantasien.«
»Nichts ist nur Phantasie, und das wissen Sie auch. Wenn ein Mann eine Phantasie hat, muss er sie früher oder später verwirklichen. Aber darüber will ich gar nicht mit Ihnen reden. Sondern über drahtlose Breitbandverbindung. Sie haben doch zu Hause ein drahtloses Netzwerk, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Bergsten und sah ein wenig verblüfft aus.
»Sie verstehen davon ja viel mehr als ich, aber ist es nicht so, dass IP-Adressen vom Breitbandrouter verteilt werden, und zwar eine an jeden aktiven Computer in dem drahtlosen Netzwerk?«
»Ja«, sagte Bergsten.
Chavez deutete mit einer Geste auf die Papiere auf seinem Schoß: »Ich sehe hier, dass häufig zwei Computer in Ihrem Netzwerk waren, aber wir haben bei Ihnen zu Hause nur einen gefunden.«
»Ich hatte eine Zeit lang auch einen Laptop«, entgegnete Bergsten und wirkte auf einmal entspannt. Jetzt war er auf wohlbekanntem Terrain.
»Das erklärt die Sache«, sagte Chavez. »Hatte?«
»Ich habe ihn verkauft. Mir reicht mein PC.«
»Okay. Danke. Wann haben Sie den Laptop verkauft und an wen?«
»Ich habe zu Hause eine Kopie der Quittung.«
»Wissen Sie noch, wann Sie ihn verkauft haben?«
»Es muss Mitte Juni gewesen sein. An einen Kollegen bei Ericsson.«
Chavez nickte wieder. Dann sagte er: »Warum waren dann rund zehnmal auch danach zwei Computer in Ihrem drahtlosen Netzwerk eingeloggt?«
»Das kann ich mir nur schwer vorstellen«, sagte Bergsten und zog die Stirn in tiefe Falten.
»Man sieht es hier im Logverzeichnis Ihres Routers«, erklärte Chavez und zeigte auf die Papiere.
»Wenn Sie sich als Administrator in meinen Router eingeloggt haben, nehme ich an, dass Sie auch die MAC-Adresse kontrolliert haben.«
»Gibt es die da wirklich?«, fragte Chavez.
»Was zum Teufel redet dieser Wahnsinnige da?«, rief Gunnar Nyberg in dem engen Kabuff neben dem Vernehmungsraum.
»Das ist großartig«, sagte Arto Söderstedt. »Jorge hat seine Improvisationsfähigkeit nicht verloren. Er bringt Bergsten zum Reden und benutzt gleichzeitig dessen professionelle Kenntnisse gegen ihn. Er wird sich sehr schnell entweder befreien oder selbst verraten.«
»Was ist eine MAC-Adresse?«, fragte Sara Svenhagen.
»Eine nur einmal existierende Buchstaben- oder Ziffernkombination«, sagte Jon Anderson, »die einen einzelnen Computer bombensicher identifiziert. Und Bergsten hat tatsächlich recht. Die MAC-Adresse steht im Routerlog.«
»Pst«, sagte Kerstin Holm.
»Ja«, sagte Joakim Bergsten. »Sehen Sie genau hin.«
Jorge blätterte rasch durch die Papiere. Er runzelte die Stirn und zog Kreise um bestimmte Stellen auf verschiedenen Seiten.
»Das ist eine dritte MAC-Adresse, die da beteiligt ist«, sagte er nach einer Weile. »Seit Anfang Mai. Und nach Mitte Juni sind es nur die und Ihr PC, die sich einloggen. Haben Sie kein WEP-Passwort für das drahtlose Netzwerk?«
»Doch«, sagte Bergsten stirnrunzelnd.
»Wie kann das dann sein?«, fragte Chavez. »Woher kommt der dritte Computer?«
Joakim Bergsten sah wirklich etwas besorgt aus. »Es muss ein Nachbar sein«, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher