Bußestunde
bekommen – ein Bild, mit dem man jedoch per definitionem unzufrieden war, weil die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen sich wie ein Lauffeuer unter der Menschheit, oder eher der Weiblichkeit, verbreitete –, in einer solchen Zeit war die verhältnismäßig gute Bildqualität, die Chamouns Kamera aus den Kindertagen dieser Apparate produziert hatte, ziemlich unerwartet.
Lena startete die Datei an einer gut gewählten Stelle.
Man sah den Ladeninhaber von hinten, wie er sich hinter der Theke bewegte und zurückgebrachte DVD-Hüllen sortierte. Nach einer Minute kam eine große, magere Frau herein und stellte sich, ohne Chamoun eines Blickes zu würdigen, vor das Regal mit den Komödien neben dem Schaufenster zur Jungfrugatan und betrachtete sie.
»Das ist die Zeugin Lisa Jakobsson«, sagte Lena Lindberg. »Offenbar als Erste am Ort.«
Ein paar Minuten vergingen, ohne dass etwas Besonderes geschah. Dann kam ein blondes junges Mädchen gleichsam hereingewirbelt. Sie drängte sich an Lisa Jakobsson vorbei und griff sich schnell einen Film aus dem Regal, etwa in Höhe von Lisa Jakobssons Knien. Lisa Jakobsson schien jedoch nichts zu bemerken.
»Und das hier ist Suzanne Ehrenkrona«, sagte Lena, »die in ein paar Minuten richtig schlimm zugerichtet sein wird.«
»Gefallener Engel«, sagte Sara Svenhagen und musterte die selbstbewussten Bewegungen des blonden Wirbelwinds.
Suzanne Ehrenkrona erreichte jetzt die Ladentheke, wechselte ein paar unhörbare Worte mit Naoum Chamoun, warf mit einer Bewegung, die lange vor dem Spiegel geübt zu sein schien, den Kopf zurück und lachte. Im selben Augenblick ging die Tür wieder auf, und ein korrekt gekleideter Herr gehobenen Alters trat ein und schlich zum Regal in der dem Schaufenster gegenüberliegenden Ecke. Jetzt wurde das Bild angehalten.
Sara Svenhagen betrachtete ihre Kollegin. Lena Lindberg saß da mit der Hand auf der Maus und nickte.
»Unser zweiter Zeuge«, sagte sie, »Johannes Åkerblom. Und du kannst wohl den Text über seinem Kopf erkennen.«
Sara hatte das Gefühl, mit der Nase beinahe den Bildschirm zu berühren. Dennoch konnte sie nur mit größter Anstrengung den Text lesen, unter dem Johannes Åkerbloms elegante Erscheinung erstarrt war.
»Ja, doch«, sagte sie. »Da steht ›Erotik‹.«
»Genau«, sagte Lena kurz und ließ das Bild weiterlaufen. »Aber als ich hinkam, stand er vor den Komödien.«
»Hat sich wohl geschämt.«
»Es sind zwei Frauen im Laden«, sagte Lena und zeigte auf den Bildschirm. »Vor denen schämt er sich nicht. Er scheint ganz offen zum Erotikregal zu gehen. Eine altersgeile Anmache?«
Lisa Jakobsson stand noch immer unschlüssig suchend vor den Komödien, während Suzanne Ehrenkrona inzwischen ihre DVD erhalten hatte und in einer ziemlich großen weißen Handtasche nach Geld wühlte.
Der Film wurde wieder angehalten.
Lena Lindberg sah nachdenklich aus, als Sara Svenhagen sich ihr zuwandte, um zu fragen, was los sei.
»Ist das nicht eine echte Chloé Paddington?«, sagte Lena.
»Die Tasche?«, fragte Sara und fühlte sich sehr wie eine Mutter mit kleinen Kindern.
»Die vielleicht trendigste Handtasche der letzten Jahre«, sagte Lena. »Natürlich gibt es Kopien, aber diese hier scheint echt zu sein. Sie kostet ungefähr zehntausend.«
»Wie viel?«
»Man sieht in der Stadt merkwürdig viele dieser Taschen, aber das hier ist, glaube ich, ein Original.«
»Woran siehst du das?«, fragte Sara und musste erneut den Bildschirm mit der Nasenspitze touchieren.
»Der Gesamteindruck …«
»Aber woher weißt du so viel über solche Sachen?«
»So ist das eben«, sagte Lena mit einem Achselzucken. »Man kann keinen Modeblog lesen, ohne zu erfahren, was man alles haben sollte, das man nie kriegen kann. Wenn das Leben sinnlos scheint, werden viele Frauen Shopaholics. Ich kann nicht behaupten, dass ich davor gefeit wäre. Es gibt einen äußeren Druck, man will dazugehören.«
»Aber wer achtet denn überhaupt darauf?«, fragte Sara verwundert. »Die Männer?«
»Kaum«, sagte Lena. »Dies ist ein innerweiblicher Terror.«
Sara Svenhagen kratzte sich an der Stirn. Sie spürte, dass sich zwischen ihren Augen eine Falte gebildet hatte, eine Kummerfalte. Und sie musste zugeben, dass ihr das, was sie fühlte, nicht gefiel.
So ist das eben.
»Wollen wir uns mit der Feststellung begnügen, dass die neunzehnjährige Suzanne Ehrenkrona nicht nur adlig, sondern auch reich und modebewusst ist?«, schlug sie vor.
»Fürs
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