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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Seite des wachstuchdrapierten Küchentischs und sagte: »Und Sie sind ganz sicher, Frau Reymersson?«
    »Ich habe dieses Gespräch gut mit anhören können«, sagte Eva-Lisa Reymersson empört. »Fehlerquellen, ich muss schon sagen …«
    Gunnar Nyberg bemühte sich, ein Lachen zu unterdrücken. Es misslang ihm ganz eindeutig, was weitere Falten in dem schon stark zerfurchten Gesicht hervorrief.
    »Zweimal«, sagte Frau Reymersson. »Ich weiß, wovon ich rede. Einmal war sie mit Johannes zusammen, das zweite Mal war sie allein.«
    »Johannes Åkerblom?«
    »Schicker Typ. Aber ich würde mich nicht in der kleinsten Angelegenheit auf ihn verlassen. Man weiß ja, woran man bei diesen Typen ist. Das ist der Vorteil, wenn man lange gelebt hat. Wenn man lange sucht, kann man solche Vorteile finden.«
    »Und woran ist man bei ›diesen Typen‹?«
    »Es sind vollkommen unzuverlässige Männer. Schick, charmant und vollkommen unzuverlässig.«
    »Was haben Sie denn beobachtet, als Tiina Spinroth und Johannes Åkerblom zusammen im Treppenhaus auftauchten?«
    »Es war erst vor Kurzem, deshalb habe ich es noch deutlich vor mir. Sie kamen zusammen herein und wirkten ziemlich angespannt. Johannes versuchte zwar, die Stimmung etwas aufzulockern, aber die junge Frau sah verbissen aus.«
    »Verbissen?«
    »Ja, eindeutig verbissen.«
    Gunnar Nyberg lehnte sich auf dem uralten Küchenstuhl zurück und versuchte, die kleine Hirnzelle einzufangen, die sich gerade selbstständig gemacht hatte.
    »Wie lange kann das her sein?«, fragte er.
    »Oh, das ist erst ein paar Tage her«, sagte Eva-Lisa Reymersson.
    Daraufhin zog Nyberg ein Foto aus der Innentasche seines seit Langem ausgemusterten alten Lumberjacks und zeigte es der alten Dame.
    »War das die Frau?«, fragte er. »Nehmen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Glauben Sie, ich bin senil?« Eva-Lisa Reymersson riss ihm empört das Foto aus der Hand. Sie betrachtete es eine Weile und sagte dann: »Ja. Das ist sie. Sie kamen zusammen die Treppe herauf und gingen zu Rainers Wohnung.«
    »Rainer?«
    »Herrgott, sind Sie wirklich Polizist?«
    »Leider«, gestand Gunnar Nyberg.
    »Das ist doch Rainer Kruses Wohnung. Schicker Kerl. Aber immer unterwegs mit seinem Segelboot.«
    »Außerdem würden Sie sich nicht in der kleinsten Angelegenheit auf ihn verlassen?«
    »Natürlich nicht.«
    »Also ist es diese Frau?«
    »Eindeutig.«
    »Kann es vorgestern gewesen sein? Am Sonntag?«
    »Ja, das kann gut sein«, sagte Frau Reymersson.
    Gunnar Nyberg seufzte lautlos, nickte und nahm das Foto wieder an sich. Es war ein Bild von Lisa Jakobsson.
    »Und Sie haben diese Frau schon früher einmal im Haus gesehen?«
    »Ja.«
    »Und da war sie allein, ja? Und wann war das?«
    »Es muss Anfang des Sommers gewesen sein. Da war sie nicht so schlank.«
    »Ich verstehe«, sagte Gunnar Nyberg und stand auf.
    Er streckte die Hand aus. Sie ergriff sie, während sich eine weitere Falte zwischen ihren Augen abzeichnete, und sagte: »Brauchen Sie nicht meine Hilfe bei der Identifizierung? Soll ich nicht bei einem Phantombild helfen?«
    »Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird«, sagte Gunnar Nyberg, und es gelang ihm wesentlich besser, sein Seufzen zu unterdrücken als vorher sein Lachen.
    Er verließ sie. Inzwischen war er dieses Treppenhaus in der Jungfrugatan leid. Beinahe hätte er etwas gehabt, aber letztlich war es doch eine Niete.
    Er hasste es, Nieten zu ziehen.
    Als er auf die Straße trat, wählte er eine Nummer auf seinem Handy. Ob er wollte oder nicht, er musste der Umwelt seinen Mangel an Fortschritt zur Kenntnis geben. Als am anderen Ende abgenommen wurde, sagte er: »Ich habe auf jeden Fall die Bestätigung bekommen, dass Lisa Jakobsson mit Johannes Åkerblom am Sonntag in Tiina Spinroths Wohnung gegangen ist.«
    »Ist das alles?«, fragte Kerstin Holm.
    »Ich dachte, ich bekäme mehr heraus«, sagte Nyberg. »Aber die Zeugin war verwirrt. Behauptete, dass Lisa Jakobsson schon früher im Sommer dagewesen wäre. Sie hat Tiina Spinroth nicht gesehen. Dagegen hat sie vermutlich Lisa Jakobsson und beispielsweise Åsa Karlsson gesehen. Und bringt die beiden durcheinander. Sie ist achtzig.«
    »Verstehe«, sagte Kerstin Holm.
    »Und wo befindet sich die werte Chefin gerade?«
    »In Bewegung«, sagte Kerstin Holm, drückte mit der Aus-Taste ihren Untergebenen weg und wandte sich einem anderen – wenn auch krankgeschriebenen – Untergebenen zu.
    Sie war wirklich in Bewegung. Es fiel ihr äußerst schwer, still zu

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