Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
sie bei Sörens Hof, parkten das Auto auf dem Grünstreifen und öffneten das Tor zum Grundstück.
Und dann wären sie fast gestorben.
Ein Hund kam auf sie zugerast. Fünfzig Kilo Muskelmasse und ein Kilo messerscharfe Zähne. Gebündelte Aggression. Eine Kampfmaschine. Es war genau so, wie man es immer schildert. Er schoss in Riesensätzen auf sie zu, und sie waren wie gelähmt, während ihr Leben als Film vor ihnen ablief. Bei Elias war es allerdings nur ein Trailer. Ein Ausschnitt aus einem Trailer. Der Moment des vergangenen Abends, an dem Olly sich mit ihrem durchsichtigen Pyjama in die Küche verirrt hatte und sich zum Kühlschrank bückte. Sie hatte einen so verdammt hübschen Hintern …
Der Hund kam näher. Ein pechschwarzes Vieh, zu dem einem spontan der Begriff Rottweilereinfiel. Es stellte sich heraus, dass er blöderweise auch noch einen Bruder hatte, der hinter einem Gebüsch hervorwetzte. Beide freuten sich wie närrisch, endlich einmal wieder die Zähne in etwas vergraben zu können. Aber die Jungs mussten das gesamte Gelände überqueren. Und das gab Sven die Gelegenheit, seine Knarre rauszuholen.
Einfach war das nicht. Er zerrte an seinem Anorakreißverschluss, er langte unter die Jacke, er tastete links nach dem Halfter, er tastete rechts nach dem Halfter … Alles zielführend. Nur wahnsinnig langsam. Lena, Sina und Dorothee steckten ihm in den Knochen.
Die Rottweiler überwanden einen kleinen Zaun und hechteten in Riesensätzen über den gepflasterten Hof. »Beeil dich«, rief Elias. Die Rottweiler setzten zu den letzten Sprüngen an. Sven hielt endlich die Knarre in der Hand und entsicherte sie … Und starrte auf die Viecher. Himmel, Arsch … Lena, Sina und Dorothee wollten wahrscheinlich wissen, was los war, und hatten sich – mental – in Papas Verstand eingehackt. Jedenfalls kriegte Sven die Knarre nicht hoch.
Elias entriss ihm die Waffe. Sein letztes Schießtraining hatte er absolviert, als die Amphibien die Ozeane verließen. Die Schüsse zerrissen die Luft …
Wenn man Hunde erschießt, ist das eine kolossal dreckige und ernüchternde Angelegenheit. Sie waren auch nicht sofort tot. Wenigstens der eine nicht. Elias musste noch mal nachsetzen, bis endlich Ruhe war. Er hatte einen Moment das Gefühl, dass ihn nun doch noch die Kotzerei aus der PI erwischt hatte, aber das war natürlich der Schock. Neben ihm plumpste Sven auf das Mäuerchen.
Dann kam Oma Inse, die die Knallerei gehört hatte, angerannt. »Ogottogott, die armen Kleinen«, sagte sie und bückte sich zu den Kötern, als wolle sie ihnen den Puls fühlen. Sie war wirklich tierlieb, da gab’s nichts dran zu rütteln. Aber weil sie auch praktisch veranlagt war, wollte sie anschließend einen Spaten holen, um die Viecher zu vergraben.
Elias erklärte ihr, dass zunächst alles fein säuberlich fotografiert und protokolliert werden müsse, damit sich Sören hinterher nicht beschweren konnte, weil die Hunde ja einen materiellen Wert darstellten und sein Eigentum waren. Und dass es zudem nicht erlaubt sei, größere Tiere einfach zu verbuddeln. Also lieh Oma Inse ihnen ein Mülleimertransportgerät, mit dem sie die Hunde in Sörens Wohnhaus brachten, in die Diele, in der Wind und Regen ihr Zerstörungswerk begonnen hatten.
Als sie wieder im Freien waren, fragte Sven: »Ist es das?« Er deutete auf einen riesigen, halb fertigen, runden Betonbau neben der Scheune, aus dem Eisengitter ragten. Es sah aus wie ein von oben aufgespießtes C.
»Ja«, sagte Oma Inse, »das wird der Fermenter von der Biogasanlage. Und da drüben, wo jetzt noch die Scheune steht, wollen sie ein Haus bauen, in dem sie das Zeug lagern, das da gären soll. Aber momentan hat Sören alle Arbeiten unterbrochen, weil Gitta ja den Hof nicht verkaufen will, und da weiß er nicht, ob sich das Weitermachen lohnt.«
Elias fragte sich, wie viele Kosten Sören für die Anlage schon hatte schultern müssen, denn immerhin stand da ein monumentales, halb fertiges Bauwerk, und wahrscheinlich gab es Verträge mit der Herstellungsfirma der Biogasanlage, die erfüllt werden mussten. Allmählich begriff er, was Gitta meinte, wenn sie von Sörens Mordswut sprach. Elias schnupperte. Obwohl sich die Biogasanlage noch im Rohbau befand, stank es bereits erbärmlich.
»Wer wohnt denn eigentlich dahinten?«, fragte Sven und zeigte auf ein Einfamilienhaus mit Walmdach und einem akuraten Garten, das durch einen wehrlos aussehenden Jägerzaun gegen die Biogasanlage, das
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