Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Burschen keine Vorteile bringen. Byrne presste den Lauf der Waffe auf Porters rechten Fußknöchel. Oben dröhnte die Musik.
Porter krümmte sich wie ein Aal, doch das Gewicht auf seiner Brust war zu schwer. Er konnte sich nicht bewegen. »Du wirst nicht auf mich schießen«, brüllte Porter. »Weißt du, warum? Weißt du, woher ich das weiß? Ich werde dir sagen, woher ich das weiß, du Scheißkerl.« Seine Stimme war hoch und schrill. »Du wirst nicht schießen, weil…«
Byrne schoss. Der ohrenbetäubende Knall hallte durch den kleinen Raum. Byrne hoffte, dass die Musik laut genug dröhnte. So oder so musste er diese Sache schnell abwickeln. Die Kugel hatte Porters Fußknöchel nur gestreift, doch Porter war zu schockiert, um das zu realisieren. Er war sicher, dass Byrne ihm den Fuß abgeschossen hatte. Abermals stieß er einen lauten Schrei aus. Byrne presste den Lauf der Waffe auf Porters Schläfe.
»Was soll ich wissen? Ich habe meine Meinung geändert, du Scheißkerl. Ich erschieße dich so oder so.«
»Warte!«
»Ich höre.«
»Ich … ich habe es ihm gesagt.«
»Wo ist er?«
Porter gab ihm die Adresse.
»Da ist er jetzt?«, fragte Byrne.
»Ja.«
»Sag mir einen Grund, warum ich dich nicht abknallen soll.«
»Ich … ich hab nichts getan.«
»Du meinst heute? Du meinst, dass interessiert jemanden wie mich? Du treibst es mit Kindern, Darryl. Ein weißer Sklavenhändler. Zuhälter und Kinderschänder. Ich glaube, die Stadt kommt gut ohne dich aus.«
»Nicht!«
»Wer wird dich schon vermissen, Darryl?«
Byrne drückte ab. Porter schrie und verlor die Besinnung. Die Kammer war leer. Byrne hatte die restlichen Kugeln aus der Waffe genommen, ehe er in den Keller gegangen war. Er traute sich selbst nicht über den Weg.
Als Byrne die Treppe hinaufstieg und ihm ein Cocktail verschiedener Gerüche in die Nase stieg, bekam er einen heftigen Brechreiz. Der Gestank des eben verbrannten Schießpulvers vermischte sich mit dem von vermodertem Holz und billigem Fusel. Hinzu kam der Geruch frischen Urins. Darryl Porter hatte sich in die Hose gepinkelt.
***
Erst fünf Minuten, nachdem Kevin Byrne gegangen war, gelang es Darryl Porter aufzustehen. Zum einen hatte das mit den entsetzlichen Schmerzen zu tun, zum anderen war Porter überzeugt, dass Byrne hinter der Tür auf ihn lauerte, um zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte. Porter glaubte tatsächlich, dass der Mann ihm den Fuß abgeschossen hatte. Einen Augenblick kämpfte er um sein Gleichgewicht, humpelte dann zum Ausgang und streckte ängstlich seinen Kopf hinaus. Er schaute in beide Richtungen. Auf der Gasse war niemand zu sehen.
»He!«, brüllte er.
Nichts.
»Ja«, sagte er. »Ist auch besser für dich, wenn du dich aus dem Staub gemacht hast, du Scheißkerl.«
Er humpelte die Treppe hinauf, eine Stufe nach der anderen. Die Schmerzen waren unerträglich. Schließlich erreichte er die oberste Stufe und dachte daran, dass er genug Leute kannte. Ja, er kannte viele Menschen. Menschen, im Vergleich zu denen er ein armseliger Pfadfinder war. Denn diesen Scheißkerl, ob er nun Cop war oder nicht, würde er fertigmachen. Niemand machte so etwas mit Darryl Lee Porter und kam ungeschoren davon. Auf keinen Fall! Wer hat gesagt, man könnte keinen Bullen umlegen?
Sobald er oben ankam, würde er Anzeige erstatten. Er schaute auf die Straße. An der Ecke stand ein Streifenwagen. Vermutlich hatte ihn irgendein Wirt gerufen, weil in seiner Kneipe randaliert wurde. Einen Polizisten sah Porter nicht. Es war nie einer da, wenn man einen brauchte.
Einen flüchtigen Augenblick lang spielte Darryl mit dem Gedanken, ins Krankenhaus zu fahren, aber wie sollte er die Rechnung bezahlen? In der X-Bar verdiente er nicht gerade ein Vermögen. Nein, er würde die Wunde selbst verbinden, so gut er konnte, und morgen früh den Verband wechseln.
Er schleppte sich zum Hintereingang und dann die wacklige schmiedeeiserne Treppe hinauf. Zweimal blieb er stehen, um Luft zu holen. Meistens war das Wohnen in zwei beengten, beschissenen Räumen über der X-Bar alles andere als ein Vergnügen. Der Geruch, der Lärm, die Gäste. Jetzt war es ein Segen, denn er hatte seine ganze Kraft gebraucht, um seine Wohnungstür zu erreichen. Er schloss die Tür auf, trat ein, humpelte ins Bad und schaltete das Neonlicht ein. Porter wühlte in der Kiste, in der er seine Arzneimittel aufbewahrte, und fand drei verschiedene Schmerzmedikamente. Er schluckte jeweils zwei Tabletten von jeder Sorte
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