Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Rocco hinter Sophies Ohr und zauberte ein Stück Ferrara torrone hervor, ein einzeln verpacktes Nougatstück, wie Jessica es aus ihrer eigenen Kindheit kannte. Sie erinnerte sich an viele Weihnachtstage, als sie sich mit ihrer Cousine um das letzte Stück Ferrara torrone gestritten hatte. Rocco Lancione fand dieses süße, weiche Konfekt seit fast fünfzig Jahren hinter den Ohren kleiner Mädchen. Er hielt es Sophie auf seiner ausgestreckten Hand hin. Die Kleine riss die Augen auf und schaute Jessica an, ehe sie es nahm.
»Ist okay, Liebling«, sagte sie.
Blitzschnell ergriff Sophie das Nougatstück und steckte es ein.
»Bedank dich bei Mr. Lancione.«
»Danke.«
Rocco hob warnend den Zeigefinger. »Aber erst nach dem Essen. Okay, mein Schatz?«
Sophie nickte und überlegte sich bestimmt schon eine Strategie, die es ihr erlaubte, es vorher zu verspeisen.
»Wie geht es deinem Vater?«, fragte Rocco.
»Gut«, sagte Jessica.
»Gefällt ihm der Ruhestand?«
Wenn man es als Glück bezeichnete, Trübsal zu blasen, vor Langeweile fast umzukommen und den lieben langen Tag über die Verbrechensquote zu meckern, konnte man ihn fürwahr als glücklich bezeichnen. »Großartig. Er nimmt es leicht. Wir gehen zusammen essen.«
»Villa di Roma?«
»Ralphs.«
Rocco nickte zustimmend. »Schöne Grüße.«
»Richte ich aus.«
Rocco umarmte Jessica. Sophie hielt ihm die Wange hin. Da er Italiener war und keine Gelegenheit ausließ, ein hübsches Mädchen zu küssen, beugte Rocco sich hinunter und nahm das Angebot entzückt wahr.
Was für eine kleine Diva, dachte Jessica.
Woher sie das nur hat?
***
Peter Giovanni stand auf dem Palumbo Playground, tadellos gekleidet in einer cremefarbenen Leinenhose, einem schwarzen Baumwollhemd und Sandalen. Mit seinem schlohweißen Haar und der Bräune hätte man ihn für einen Gigolo halten können, der an der italienischen Riviera auf die Chance wartete, sich eine reiche amerikanische Witwe zu angeln.
Sie steuerten auf Ralphs zu. Sophie lief ein paar Schritte voraus.
»Sie wird immer größer«, sagte Peter.
Jessica betrachtete ihre Tochter. Sie war in der Tat groß geworden. Hatte sie nicht erst gestern die ersten wackeligen Schritte durchs Wohnzimmer gemacht? Waren ihre Beine nicht gestern noch zu kurz gewesen, um die Pedale ihres Dreirads zu erreichen?
Jessica wollte ihrem Vater eine Antwort geben und hob den Blick zu ihm. In seinen Augen spiegelte sich wieder diese Wehmut, wie so oft in letzter Zeit. War das bei allen Ruheständlern so oder nur bei Cops im Ruhestand, fragte sich Jessica. »Was ist los, Pa?«
Peter winkte ab. »Ach, nichts.«
»Pa.«
Peter Giovanni wusste, wann er eine Frage beantworten musste. Das war bei seiner verstorbenen Frau Maria so gewesen, und so war es auch bei seiner Tochter. Eines Tages würde es bei Sophie ebenso sein. »Ich hab nur … ich will nicht, dass du dieselben Fehler machst wie ich, Jess.«
»Worüber redest du?«
»Du weißt, was ich meine.«
Jessica wusste es, aber wenn sie nicht darüber sprachen, würde sie ihrem Vater indirekt recht geben. Und das durfte sie nicht. Sie teilte seine Meinung keineswegs. »Nein, ich weiß es wirklich nicht.«
Peter schaute die Straße rauf und runter und suchte nach den richtigen Worten. Er winkte einem Mann zu, der sich im zweiten Stock eines Dreifamilienhauses aus dem Fenster lehnte. »Der Job ist nicht alles im Leben«, sagte er schließlich.
»Stimmt.«
Peter Giovanni litt unter Schuldgefühlen, weil er sich nicht genug um seine Kinder gekümmert hatte, als sie klein waren, obwohl es gar nicht so gewesen war. Jessicas Mutter war mit einunddreißig Jahren an Brustkrebs gestorben, als Jessica erst fünf Jahre alt war, und fortan widmete Peter Giovanni sein Leben der Erziehung seiner Tochter und seines Sohnes Michael. Vielleicht war er nicht bei jedem Footballspiel und bei jeder Tanzvorführung dabei gewesen, aber er machte jeden Geburtstag, jedes Weihnachts- und Osterfest zu unvergesslichen Ereignissen. Jessica erinnerte sich nur an glückliche Kindheitsjahre im Haus in der Catharine Street.
»Okay«, sagte Peter. »Wie viele Freunde hast du, die nicht bei der Polizei sind?«
Einen, dachte Jessica. Vielleicht zwei. »Viele.«
»Darf ich dich nach ihren Namen fragen?«
»Okay, Lieutenant«, sagte Jessica und beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. »Aber ich mag die Leute, mit denen ich zusammenarbeite. Ich mag Polizisten.«
»Ich auch«, sagte Peter.
Zu Jessicas frühesten
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