Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
die mit vier Fensterreihen durchbrochene Fassade weist ein Streifenmuster auf, das durch ein Wechselspiel von Stein- und
Ziegelsteinbändern entsteht. Die scheinbar flache Kuppel ist, wie beim Betreten der Moschee deutlich wird, in den Innenraum
abgesenkt und ruht dort auf Bögen, die schon auf Höhe der Galerie beginnen – eine höchst ungewöhnliche Lösung. Das Äußere
erweckt mit seinen vier Fensterreihen und seinem massiven Kubus eher den Anschein eines Palastes als eines Sakralbaus. Insbesondere
die Nordseite wirkt besonders hoch, da sie sich an einem Hang auf einer Gewölbesubstruktion erhebt, in der sich die Räume
einer der Medresen befinden. Der Innenraum wird durch ein stattliches fünfbogiges Portal betreten, dessen hölzerne Torflügel
mit feinen Einlegearbeiten verziert sind. Die Galerie wird von einer schweren Bogenkonstruktion getragen und schließt den
Gebetsraum auf drei Seiten ein. Dem etwas schwer wirkenden Inneren verleihen die zahlreichen Fenster dennoch ein ausgesprochen
helles Ambiente. Zu den reizvollsten Marmorarbeiten in dieser Moschee gehören Mihrab und Minbar.
Auch die beiden Medresen wurden sowohl aus Naturstein als auch aus Ziegelstein errichtet, wobei die eine sich auf drei Seiten
um den Haupthof erstreckt und die andere zwei Seiten des tiefer gelegenen Türbegartens einschließt. Beide sind sehr malerisch
und unregelmäßig gestaltet. Die höher gelegene Medrese besteht im Süden aus einem Gebäude ohne Portikus, kommt in ihrer Gestaltung
eher einer Armenküche gleich und mag ursprünglich vielleicht auch diesem Zweck gedient haben; der Hörsaal wurde nicht zentral |108| angelegt, sondern befindet sich versetzt im nördlichen Teil des Gebäudes. Was den Architekten zu dieser ungewöhnlichen Konzeption
veranlasst hat, lässt sich heute nicht mehr sagen, doch bietet sie auch dem ungeübten Laienblick eine erfrischende Abwechslung
in der Moscheenlandschaft.
Für die Zal Mahmut Paşa-Moschee wählte Sinan eine sehr untypische architektonische Lösung.
In der nordöstlichen Ecke führt ein langer Treppenabgang hinunter zum Türbegarten, wo sich das achteckige Grabmal befindet,
in dem Zal und seine Gemahlin Şah Sultan ihre letzte Ruhestätte gefunden haben – diese jedoch entspricht den baulichen Konventionen
der Zeit.
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|109| Atik Valide Camii
Vom Harem zur Macht
Die mächtigste Rolle im Osmanischen Reich fiel stets dem Sultan zu – so sollte man zumindest meinen und so stellte es sich
auch in der Öffentlichkeit dar. Hinter verschlossenen Türen konnte dies jedoch ganz anders aussehen. Eine der mächtigsten
Frauen der osmanischen Geschichte war die Gattin des Sultan Selim II., die diesbezüglich ihrer Schwiegermutter, deren Einfluss
ebenfalls beachtlich war, kaum in etwas nachstand.
Nûr Bânû kam als Tochter einer adligen venezianischen Familie auf Paros, einer kleinen Ägäis-Insel, zur Welt. Als Kind wurde
sie von einem osmanischen Admiral namens Barbaros Efendi als Kriegsgefangene verschleppt und kam im Alter von zwölf Jahren
in den Harem des Topkapı-Palasts, wo sie, wie andere Mädchen auch, erzogen und ausgebildet wurde. Hierbei fiel sie Roxelane
Hürrem Sultan, der vierten Frau Süleymans I., aufgrund ihrer Fähigkeiten und Intelligenz auf. Daraufhin wurde sie zur Ausbildung
nach Manissa geschickt, wo Hürrem Sultan sie Jahre später als hübsche Frau wiedertraf. Sie beschloss, die junge Frau müsse
unbedingt mit einem ihrer Söhne verheiratet werden. Als sie die große Liebe von Selim II. wurde, gebar sie ihm als Einzige
Kinder und wurde eine der einflussreichsten Frauen der osmanischen Geschichte – sowohl während der Herrschaft ihres Gatten,
als auch während der ihres Sohnes Murad III. In den Jahren zwischen 1570 und 1579 ließ sie einen Stiftungskomplex mit Moschee,
Medresse, Mektep (Grundschule), Imaret, Darülkurra (Koranschule), Hospital sowie einem Doppelbad und einem großen Han errichten,
der heute zu den größten und wohl interessantesten gehört. Dem Bau, auf den Höhen oberhalb von Üsküdar gelegen, schien bereits
eine langjährige Planung, die die Hanglage zu berücksichtigen hatte, ab etwa 1570 vorausgegangen zu sein. Wie bei zahlreichen
anderen Moscheen zeichnete auch hierfür der Architekt Sinan verantwortlich und es entstand ein Komplex, der nach der
Süleymaniye
sein zweitgrößter in der Stadt wurde. Tatsächlich fertiggestellt wurde sie gemäß den Inschriften im Jahre 1583.
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