Cademar-Günstling der Magie
und suchte in der Menge den Magier. Holbrach wirkte von Malkoms Äußerung überrumpelt, doch deutete nach kurzem Nachdenken ein Nicken an. Kolom wendete sich wieder Malkom zu. »All die Zeit hat er keinen gewollt. Wenn es keine Einwände gibt, dann soll es so sein.«
Schwungvoll warf er Malkom die Robe über.
Der Stoff kratzte auf Malkoms Haut. Er hatte die Robe nach der Zeremonie richtig angezogen und zugeknöpft, und nun lag sie ihm wie eine zweite Haut an und war trotzdem sehr bequem. Mit den Fingern zeichnete Malkom die goldenen Linien im Stoff ab. Holbrach hatte ihm erklärt, dass sie das Sonnenlicht aufnahmen und damit seine magische Kraft stärkten. Malkom kratzte sich an den Unterarmen.
Während der ganzen Zeremonie hatte Cademar kein Wort gesagt und keine Regung gezeigt. Er hatte an der Seite des Bewahrers den Innenhof verlassen, wie er ihn betreten hatte.
Nun saß Malkom in seiner neuen Bleibe. Holbrach bewohnte ein ausladendes Studierzimmer in einem Teil der Lichtfeste, der der Älteste zu sein schien. Er befand sich auf einer Höhe mit dem Meeresspiegel, und die Wellen schlugen gegen die Mauer seiner Kammer, die sich direkt neben dem Zimmer des Dozenten befand.
Es war eine luxuriöse Bleibe, mit stabilen Möbeln und vielen Büchern. Holbrach zeigte sie ihm und erklärte, dass er seit vielen Jahren keinen Famulus mehr gehabt hatte – weil er meinte, keinen gebraucht zu haben. Er wirkte dankbar, dass Malkom selbst diesen Wunsch geäußert hatte.
Von diesem Tag an stand Malkom die gesamte Lichtfeste offen, mit Ausnahme des Teils, in dem der Bewahrer mit seinem Famulus residierte. Es dauerte nicht lange, bis Malkom die Aufteilung der Lichtfeste verstanden hatte. Alles lief in dem runden Hauptturm zusammen, der in die Burg eingebettet war. Von hier aus konnte man Gänge in alle Himmelsrichtungen und auf allen Ebenen betreten. Die meisten Räumlichkeiten befanden sich von dort aus gesehen in südlicher Richtung. Ganz im Süden ragte die dreieckige Wand aus dem Meer auf, die den Turm des Bewahrers stützte, doch zu dessen Fuß befanden sich die Forschungsabteilungen, die Unterrichts- und Gemeinschaftsräume – auch das Studierzimmer Holbrachs mit der Kammer, in der Malkom nun wohnte. Der Ausbildungstrakt, in dem Malkom bislang gelebt hatte, war im östlichen Teil der Lichtfeste, während die Magier selbst im westlichen Teil lebten.
Malkom blieb ein Außenseiter. Er hatte kaum Kontakt zu anderen Famuli und Magiern, arbeitete fast die ganze Zeit über mit Holbrach, der sich redlich Mühe gab, seinen Famulus miteinzubinden. Außer auf den Botengängen begegnete Malkom nur im Speisesaal anderen Leuten.
Das Mittagessen war für Malkom gleichermaßen fürchterlich und der Höhepunkt des Tages. Der Höhepunkt deswegen, weil das Essen, das aufgefahren wurde, ihn immer wieder mit Gerüchen und Geschmäcken überraschte, die ihm noch nie im Leben untergekommen waren. Doch gleichzeitig war diese Stunde diejenige, die ihn mit ihrer Förmlichkeit immer wieder erstarren ließ.
Zuerst mussten alle Magier eines niederen Rangs ihre Plätze einnehmen. Dazu gehörten die Famuli, deren Tische am äußersten Rand des runden Saals standen. Niemand durfte reden, bis die hochgestellten Magier durch das Portal eintraten und an der Tafel im Zentrum Platz nahmen. In der Mitte dieser Tafel wiederum befand sich ein Lastenaufzug, über den aus der Küche unter dem Saal die dampfenden Töpfe und Platten hochgezogen wurden. Geächtete, die nicht so zerlumpt wie die Arbeiter im Keller aussahen, sondern weiße Gewänder trugen, waren immer zu Diensten. Jeder hatte eine Hand abgeschlagen bekommen – wahrscheinlich war dies der Preis, der gezahlt werden musste, um sich frei in der Lichtfeste bewegen zu dürfen. Sie tischten erst allen Dozenten das Essen auf, und sobald diese das Silberbesteck aufnahmen und leise miteinander sprachen, durften auch die anderen bedient werden. Doch den Famuli war es verboten, miteinander zu reden. Sie sollten sich nicht über die Magier austauschen dürfen, denen sie zu Diensten waren, denn zwischen diesen fand ein großer Konkurrenzkampf statt.
Es dauerte einige Zeit, bis Malkom sich der Grabenkämpfe in der Lichtfeste bewusst wurde, und Holbrach mied dieses Thema. Die Dozenten lagen untereinander im ewigen Streit. Es ging um bedeutungsvolle Dinge, wie viele Geächtete oder Famuli ein Dozent um sich scharen durfte, welche Flügel in der Lichtfeste er bewohnte, zu welchem Zweck er die Magie erforschen
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