Cademar-Günstling der Magie
Zahru tun konnte, und er achtete darauf, nicht zu viel Zeit in der Nähe des ehemaligen Flüchtigen zu verbringen. Wie genau er es tat, wusste Malkom nicht, doch Zahru überlebte. Er fand Ecken, in denen er schlafen konnte, er trieb frische Kleidung auf, schnitt sich mit der Scherbe eines zerbrochenen Krugs die Haare und den Bart. Als der Winter kam, wurde es schwerer für Zahru, denn nur die Kammern der Magier waren mit magischen Feuerstellen beheizt, doch er sah niemals aus, als würde er frieren, und Malkom konnte sich nicht erklären, warum es so war. Sein Manuskristall war weiterhin erloschen, er konnte sich also nicht auf magische Weise wärmen.
Sie sprachen erst wieder miteinander, als der Winter Schnee und Eis über das Land fegte. Zahru eröffnete Malkom, er plane die Flucht von der Lichtfeste.
Als der Winter immer strenger wurde, hatte Malkom die Hoffnung, dass das Meer zufror und er es wagen konnte, über das Eis zum Festland zu gelangen. So zufrieden er damit war, Famulus von Holbrach zu sein, wurde doch Tag für Tag unwahrscheinlicher, dass die Magier ihn aufs Festland schickten, also musste er einen anderen Weg finden – und bis dahin weiterhin unauffällig seinen Dienst verrichten.
Doch die Lichtfeste machte ihrem Namen alle Ehre und fror nicht zu. Es musste daran liegen, dass die Sonne sie immerzu beschien, selbst wenn ringsum auf dem Meer und an Land ein Schneesturm tobte. Malkom vermutete, dass die Magier ihrerseits dazu beitrugen, dass die Lichtfeste eine Insel der Wärme blieb – zumindest im Vergleich zum Rest des Meeres. Ein Radius von etwa einem Kilometer um die Lichtfeste herum war nicht mit Eis bedeckt, und jenseits davon herrschte der strengste Winter, den Malkom je gesehen hatte.
Der Schiffsverkehr zur Lichtfeste war eingestellt, und kein Schiff der Magier hatte an der Burg festgemacht, alle lagen im Hafen von Halburg vor Anker. Doch darben musste niemand, denn im Sommer waren die Vorratsräume der Lichtfeste gefüllt worden, und wie Malkom erst später erfuhr, gab es sogar Pferche mit Kühen, Schweinen und Hühnern auf der Lichtfeste, in denen Geächtete arbeiteten, sodass auch im Winter regelmäßig frisches Fleisch im Speisesaal serviert wurde. Und wie in der Zuflucht gab es auch in der Lichtfeste einen Sonnenraum, in dem Getreide und Obst angepflanzt wurden. Doch die Vorratsräume waren größer, denn durch die Abgaben der Bewohner von Asugol konnten diese bis zur Decke gefüllt werden.
Eines Nachts wurde der in seiner Kammer schlafende Malkom von Fingern geweckt, die auf seinen Mund gedrückt wurden. Er riss die Augen auf und wollte schreien, doch kräftige Hände hielten ihn fest.
»Ruhig«, sagte eine Stimme, »ich bin es, Zahru.«
Malkom entspannte sich nicht. Kam er, um ihn zu töten? Aber warum sollte er das tun? Seine Gedanken rasten, und Malkom bündelte seine Gedankenkraft, um Materialmagie zu entfesseln. Zahru sah, wie das Schimmern von Malkoms Manuskristall heller wurde, ließ ihn los und trat einen Schritt von seinem Bett zurück.
»Ich bin nicht gekommen, um dir etwas anzutun.«
Malkom war nicht überzeugt. Im Licht des Mondes, das durchs Fenster hereinfiel, schaute er zur halb geöffneten Tür ins dunkle Studierzimmer von Holbrach.
»Er ist wieder im Keller«, sagte Zahru. »Ich habe gewartet, bis er gegangen ist. Damit wir in Ruhe reden können.«
Malkom schüttelte die Wirrnis des Schlafs ab. Zahru wollte ihm wirklich nichts antun. Er lenkte seine magische Kraft zur Fackel hinter dem Tisch, und kurz darauf konnte er sein Gegenüber genauer in Augenschein nehmen.
Zahru sah inzwischen wieder nach dem Mann aus, dem Malkom damals in der Zuflucht begegnet war. Sein Haar war grau geworden und kürzer als damals. Die Monate auf der Lichtfeste hatten ihre Spuren hinterlassen. Der Mann war noch hagerer geworden, ausgezehrt … alt. Aber er wirkte nicht mehr so verzweifelt wie bei ihrer letzten Begegnung.
»Zunächst … will ich dir danken«, begann Zahru.
»Wofür?«
»Du hast mich gerettet.«
»Ich habe nichts getan.«
»Doch. Ich wollte wirklich in den Tod fliehen, so schnell ich konnte. Sie hatten mich gebrochen, und sie hatten dazu nicht einmal Magie einsetzen müssen. Sie dachten, sie hätten meine magischen Kräfte vernichtet, und das verstehe ich erst jetzt. Als ich noch im Keller des Ausbildungsturms war, ließen sie mich plötzlich nach draußen gehen. Ich wusste, warum – sie wollten herausfinden, ob nicht doch noch Magie in mir war. Und kaum trat
Weitere Kostenlose Bücher