Cadence Jones ermittelt: Drei sind zwei zu viel (German Edition)
und Wichtige zu sein. Und dass ich stets für das Richtige eintrat, darauf konnten alle zählen. Wenn zufällig ich es war, die den Körper steuerte.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich froh war, dass sich Dr. Gallos Gedanken mit seinem erschlagenen Neffen beschäftigten und nicht mit meiner unregelmäßigen Krankengeschichte, wie sie auf meinem Krankenblatt (und sicherlich auch in meiner Akte) stand. Denn ich war einigen entscheidenden Fragen ausgewichen … wieder einmal.
Wie schlimm war denn das?
Schlimmer noch als sonst.
37
Meine Unterhaltung mit Dr. Gallo hatte mir nichts weiter eingebracht als ein unpassendes Kribbeln. Was ich in meinem Bericht natürlich nicht erwähnen würde. Wie der Teufel raste ich wieder ins Büro, wurde aber bei meinem Eintreffen von Michaela entdeckt (unheimlich, wie sie immer genau dort auftauchte, wo wir uns gerade aufhielten … sie musste überall Kameras installiert haben, sogar in unseren Backenzähnen). Sie steckte ihr Wüsthof-Messer in sein Futteral zurück, das sie an der Hüfte trug (es passte überhaupt nicht zu ihrem hübschen Kostüm), und bellte: »In mein anderes Büro. JB -Briefing. In fünf Minuten!«
»Mit dem größten Vergnügen, Michaela!«, rief ich ihr nach, nur leicht keuchend. Wenigstens kam ich nicht zu spät zum Meeting. Das war doch eine reife Leistung, nicht wahr?
»Schluck.«
Ich fuhr zu Emma Jan herum, die vermutlich schon seit einer Ewigkeit an meinem Schreibtisch herumlungerte. »Hast du gerade Schluck gesagt? Statt tatsächlich zu schlucken? Warum denn, um alles in der Welt?« Was ich nicht laut sagte, war: Du bist sonderbar, und ich werd einfach nicht warm mit dir. Shiro mag dich nur, weil du sie herausforderst. Aber ich werd einfach nicht warm mit dir .
»Was zum Teufel soll denn das bedeuten?« Emma Jan starrte unserer Chefin voller Argwohn und Neugier nach. »Läuft sie immer mit so riesigen Hackmessern in der Gegend rum?«
»Nein«, widersprach ich ein wenig ungnädig, bestrebt, Michaela zu verteidigen. »Manchmal sind es auch Schälmesser.«
»Und findest du das nicht reichlich verrückt?«
»Schau dich doch um, Emma Jan«, sagte ich voller Langmut. Ich folgte ihrem Blick durch den riesigen Raum voller Bürowaben. Ein Raum, der wie ein ganz normales Großraumbüro in einer ganz normalen Stadt wirkte, nur dass hier …
Brian gab gerade eine Vorstellung seiner letzten Therapiesitzung, auf der es anscheinend zu Tätlichkeiten gekommen war, wollte man seinen Stichbewegungen Glauben schenken. Dazu heulte er wie ein Besessener. »Rie-rie-rie! Rie-rie-rie! Sie hat gesagt: Hören Sie auf, meine leinenen Platzdeckchen vollzubluten! Und ich darauf: Sie haben mich doch geschlagen, und sie dann wieder ... «
Sara hatte sich mit ihrem Laptop unter den Schreibtisch verzogen. Manchmal glaubte sie, die Neonröhren würden ihr Strahlen ins Gehirn schicken.
Sie brauchen sich gar nicht darüber lustig zu machen: Den Verdacht habe ich selbst oft genug gehegt, denn in unserer Einheit passierten nun mal so viele merkwürdige Dinge. Sara hatte sich erboten, mir einen Hut aus Alufolie anzufertigen, aber Shiro und Adrienne hätten mir das nie verziehen. Ich will nicht behaupten, dass ich nicht doch gern einen … na ja, egal. Man soll jedenfalls nie die Heilkraft von glänzenden Hüten verleugnen.
Karen im Flanellpyjama (Pudel auf rosa Hintergrund) verteilte fleißig Akten auf die Tische.
Und schließlich Georges Krawatte du jour : ein besonders geschmackvolles Stück mit Vögeln mit gebrochenen Flügeln vor zitronengelbem Hintergrund.
Einzeln gesehen waren diese Fälle vielleicht gar nicht so ungewöhnlich (okay, abgesehen von Sara), aber als Ganzes betrachtet … tja.
»Warum nimmt Michaela denn ein Messer zu einem Meeting mit?«
»Hängt vom Meeting ab. Ich weiß, dass sie gerade mit einem Haufen Anzugträger unser Budget verhandelt hat.«
»Warum nimmt Michaela ein Messer zu einem Budget-Meeting mit?« Emma Jan war wie ein Hund mit einem Knochen. Lass ihn fahren, Mädchen! Stell bloß keine Fragen, es dauert nur umso länger.
»Warum sollte sie es nicht tun?«
Emma Jan kicherte.
»Hi, Emma Jan. Hi, Cadence. Wie läuft’s?«
Pam Weinberg, die rechte Hand unserer Chefin, verteilte die Post. Das war eigentlich nicht ihre Aufgabe. Offenbar hatte sich jemand krankgemeldet oder musste für eine Thorazininjektion ins Krankenhaus geschafft werden.
»Gut, Pam. Und bei dir?«
»Selbe Scheiße wie immer.« Sie reichte mir einen kleinen
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